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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.06.2008
Aktenzeichen: III B 110/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Mutter der am 11. Juni 1993 geborenen Y. Diese besuchte zunächst eine Grundschule am Wohnort in A, später eine Schule in der Ukraine, wo auch die Mutter der Klägerin lebte. Nach Angaben der Klägerin sollte die Tochter den Schulbesuch in der Ukraine im Jahr 2007 beenden und anschließend in Deutschland eine Schulausbildung absolvieren. Unstreitig hielt sich die Tochter im Jahre 2005 in den Sommerferien für zwei Wochen bei der Klägerin in Deutschland auf.

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) gewährte zunächst Kindergeld für Y. Nachdem sie von deren Wegzug erfahren hatte, hob sie die Festsetzung für die Zeit von Dezember 2003 bis September 2004 auf und forderte einen Betrag von 1 540 € zurück.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, Y habe in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Der Schulbesuch in der Ukraine sei für einen Zeitraum von vier Jahren geplant gewesen. Y sei bereits im November 2003 in die Ukraine verzogen, weil die Klägerin sie zum 1. November 2003 bei der Meldebehörde abgemeldet habe. Für eine Verlegung des Wohnsitzes in die Ukraine spreche auch, dass das damals erst zehn Jahre alte Mädchen bei ihrer Großmutter und somit in einem familiären Umfeld leben sollte. Der Aufenthalt bei der Klägerin in Deutschland während der Sommerferien habe lediglich Besuchscharakter gehabt. Hierbei könne unterstellt werden, dass sich Y auch im Jahr 2004 für zwei Wochen bei der Klägerin aufgehalten habe. Die kurzen Zeiten von jährlich zwei bis sechs Wochen seien jedoch nicht ausreichend, um einen inländischen Wohnsitz zu begründen.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin die Abweichung des FG von höchstricherlicher Rechtsprechung sowie eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht geltend.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Die Rechtssache erfordert keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO). Eine Abweichung des FG-Urteils von Entscheidungen des BFH und des Bundessozialgerichts (BSG), wie sie von der Klägerin behauptet wird, ist nicht ersichtlich.

In den von der Klägerin zitierten BFH-Urteilen vom 23. November 2000 VI R 165/99 (BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279) und VI R 107/99 (BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294) sowie im BSG-Urteil vom 22. März 1988 8/5a RKn 11/87 (SozR 2200 § 205 Nr. 65) ging es um die Frage, ob Schüler oder Studenten, die sich im Ausland zu Schul- bzw. Studienzwecken aufhielten, im Inland einen Wohnsitz in der Wohnung ihrer Eltern beibehielten. Aus dem Vorbringen der Klägerin wird nicht deutlich, weshalb das FG von diesen Entscheidungen abgewichen sein soll. Entgegen ihrer Ansicht ergibt sich aus dem BFH-Urteil in BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 294 nicht, dass es für die Beibehaltung eines inländischen Wohnsitzes in der Wohnung der Eltern ausreicht, wenn zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und regelmäßig genutzt werden. Vielmehr hat der BFH in der zitierten Entscheidung klargestellt, dass die Anwesenheit eines Kindes in der elterlichen Wohnung nicht nur Besuchscharakter haben darf. Im Streitfall dienten die Aufenthalte von Y in der Wohnung der Klägerin nach Ansicht des FG, das die tatsächlichen Umstände des Streitfalles würdigte, nur Besuchszwecken. Mit ihren Einwänden gegen die Überzeugungsbildung des FG kann die Klägerin nicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz erreichen. Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung sowie Schlussfolgerungen tatsächlicher Art sind einer Nachprüfung durch den BFH entzogen, sofern nicht Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze zu beanstanden sind (ständige Rechtsprechung, s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 30, m.w.N.). Solche Verstöße sind im Streitfall nicht erkennbar.

2. Ebenso ist der gerügte Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht zu verneinen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 76 Abs. 1 FGO). Die Klägerin beanstandet, das FG, das von einem Auslandsaufenthalt von vier Jahren ausgegangen sei, habe nicht aufgeklärt, ob der Schulbesuch von Y in der Ukraine lediglich drei Jahre dauern sollte. Ein Verfahrensfehler ist allerdings darin nicht zu erkennen. Eine etwaige falsche Darstellung tatsächlicher Entscheidungsgrundlagen kann nicht im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 81). Im Übrigen ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht, weshalb die --ihrer Ansicht nach-- unzutreffende Tatsachenfeststellung des FG von entscheidungserheblicher Bedeutung sein sollte.

Soweit die Klägerin als Verfahrensmangel beanstandet, das FG habe nicht aufgeklärt, ob Y sich nur zu Besuchszwecken in A aufgehalten habe oder ob sie dort gelebt habe, wendet sie sich wiederum gegen die tatrichterliche (Beweis-)Würdigung. Derartige Einwendungen führen jedoch nicht zur Revisionszulassung. Entsprechendes gilt für die Rüge, das FG hätte sich wegen der Frage des Zeitpunkts der Ausreise von Y nicht auf die Aktennotiz der Meldebehörde stützen dürfen.

Ende der Entscheidung

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