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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.11.2005
Aktenzeichen: III B 114/04
Rechtsgebiete: FGO, EStG, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
EStG § 26 Abs. 1
AO 1977 § 172
AO 1977 § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und die Beigeladene waren in den Streitjahren 1984 bis 1988 verheiratet, seit 1991 lebten sie getrennt, im Dezember 1993 wurde die Ehe geschieden.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) veranlagte den Kläger und die Beigeladene für die Streitjahre 1984 bis 1988 zusammen zur Einkommensteuer, zunächst mit Schätzungsbescheiden, nach Einspruch und Abgabe der Einkommensteuererklärungen sodann im Jahr 1991 erklärungsgemäß. Auch gegen die Änderungsbescheide erhoben die Eheleute Einsprüche, die das FA, nachdem die Einkommensteuerbescheide 1984 bis 1988 während des Einspruchsverfahrens erneut geändert worden waren, durch Einspruchsentscheidung vom 10. April 1996 zurückwies.

Im Jahr 2001 beantragte die Beigeladene unter Hinweis darauf, dass sie die im Jahr 1996 erlassene Einspruchsentscheidung nicht erhalten habe, die Durchführung getrennter Veranlagungen. Daraufhin hob das FA im Jahr 2002 zunächst die Zusammenveranlagungen auf und führte getrennte Veranlagungen für den Kläger und die Beigeladene durch. Der Aufhebung der Zusammenveranlagungsbescheide stimmte der Kläger ausdrücklich zu. Seine Einsprüche gegen die getrennten Veranlagungen waren erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies seine Klage auf Durchführung der Zusammenveranlagung zurück. Die Einkommensteuerbescheide seien mangels Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom 10. April 1996 nicht bestandskräftig geworden, so dass die Beigeladene die Wahl der Veranlagungsart habe korrigieren können. Das FA habe die getrennte Veranlagung zu Recht durchgeführt, da der Antrag für die Veranlagung des Klägers ein rückwirkendes Ereignis darstelle und die Festsetzungsverjährung neu in Lauf gesetzt habe.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und die Notwendigkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO geltend.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Seit den Senatsentscheidungen vom 3. März 2005 III R 22/02 (BFHE 209, 454, BStBl II 2005, 690) und vom 28. Juli 2005 III R 48/03 (BFH/NV 2005, 2082) sind die für das Verfahren des Klägers erheblichen Rechtsfragen geklärt.

Nach diesen Entscheidungen des Senats sind die Ehegatten auch nach durchgeführter Zusammenveranlagung dann getrennt zur Einkommensteuer zu veranlagen, wenn ein Ehegatte vor Bestandskraft des ihm gegenüber ergangenen Bescheids die getrennte Veranlagung wählt. Dem steht weder die Bestandskraft des dem anderen Ehegatten gegenüber ergangenen Bescheides, noch der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen. § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann bei der Besteuerung der Ehegatten nur einheitlich angewendet werden. Der zulässige und das FA bindende Antrag eines Ehegatten auf Änderung der Veranlagungsart stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) für die Veranlagung des anderen Ehegatten dar. Durch dieses Ereignis wird mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag auf getrennte Veranlagung gestellt wird, der Lauf der Festsetzungsfrist erneut in Gang gesetzt.

Das FG hat seiner Entscheidung im Wesentlichen die gleichen Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt.

Es ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Beigeladene den Antrag auf Durchführung der getrennten Veranlagung für die Streitjahre 1984 bis 1988 im Jahr 2001 wirksam stellen konnte, weil die ihr gegenüber ergangenen Zusammenveranlagungsbescheide im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht bestandskräftig waren. Der Kläger und die Beigeladene hatten gegen die Änderungsbescheide aus dem Jahr 1991 Einsprüche eingelegt. Die während des Einspruchsverfahrens im Jahr 1993 ergangenen Änderungsbescheide sind Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden. Unerheblich ist, dass mit den Änderungsbescheiden im Jahr 1991 dem Begehren (den nachgereichten Einkommensteuererklärungen des Klägers und der Beigeladenen) entsprochen worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers beendet der Erlass von Abhilfebescheiden das Einspruchsverfahren jedenfalls dann nicht, wenn gegen die Abhilfebescheide --wie im vorliegenden Fall geschehen-- ausdrücklich Einsprüche erhoben werden. Die diese Einsprüche zurückweisende Einspruchsentscheidung aus dem Jahr 1996 hat die Beigeladene unstreitig nicht erhalten.

Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei einem nachträglichen Antrag auf getrennte Veranlagungen die bisherigen Zusammenveranlagungen aufzuheben und erstmalige getrennte Veranlagungen durchzuführen oder ob Änderungsbescheide unter Beachtung des § 172 AO 1977 zu erlassen seien, ist ebenfalls geklärt. Der Wechsel der Veranlagungsart führt --wie der Senat bereits mit Urteil vom 19. Mai 2004 III R 18/02 (BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980) klargestellt hat-- nicht zu einer Änderung der vorausgegangenen Steuerbescheide, sondern setzt ein neues, selbstständiges Veranlagungsverfahren und damit eine eigenständige Festsetzungsverjährung in Gang. Die Aufhebung ist nur die in § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 geregelte Konsequenz daraus, dass durch die geänderte Wahl der Veranlagungsart die Zusammenveranlagungsbescheide rückwirkend rechtswidrig geworden sind.

Ende der Entscheidung

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