Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.03.2008
Aktenzeichen: III B 28/07
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 33
EStG § 33 Abs. 1
EStG § 33 Abs. 2
EStG § 33a Abs. 1
EStG § 33a Abs. 1 Satz 1
EStG § 33a Abs. 5
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beglich im Streitjahr 2000 die an seinen Bruder gerichtete Rechnung eines Krankenhauses in Höhe von 4 895,23 DM, da dessen Krankenversicherer die Kostenübernahme aufgrund ausstehender Versicherungsprämien abgelehnt und die Klinik mit dem Abbruch der Behandlung gedroht hatte. Der Kläger zahlte außerdem 25 000 DM, um Verbindlichkeiten des Bruders auszugleichen, die nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) entweder aus einem gegen diesen gerichteten Schadensersatzverfahren aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar oder aus Kontensperrungen herrührten. Diese Aufwendungen machte der Kläger in der Einkommensteuererklärung 2000 als außergewöhnliche Belastung geltend, ferner ein "verlorenes" Darlehen in Höhe von 10 000 DM, das er dem Bruder im Jahr 1995 gewährt und auf das dieser auch im Streitjahr 2000 keine Zahlungen geleistet hatte.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2000 die Zahlung an die Klinik als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG); dies wirkte sich jedoch nicht steuermindernd aus, da die zumutbare Belastung nicht überschritten wurde. Die Überweisungen von 25 000 DM ließ das FA dagegen nicht zum Abzug zu, weil sie für den Kläger nicht zwangsläufig gewesen seien. Den Darlehensverlust berücksichtigte das FA nicht, weil dem Kläger im Streitjahr keine Aufwendungen entstanden seien und der Verlust einer Darlehensforderung keine außergewöhnliche Belastung begründe.

Das FG wies die Klage ab. Es führte aus, die Zahlungen könnten nicht nach § 33 Abs. 1 EStG abgezogen werden, da es mangels einer gesetzlichen Unterhaltspflicht für den Bruder an ihrer Zwangsläufigkeit fehle. Da Aufwendungen zur Unterstützung eines in der Seitenlinie Verwandten gemäß § 33a Abs. 1 EStG nicht als Unterhaltszahlungen abgezogen werden könnten, sei nach dem Senatsurteil vom 4. Juli 2002 III R 8/01 (BFHE 199, 407, BStBl II 2002, 760) insoweit auch eine sittliche Zwangsläufigkeit nach § 33 Abs. 2 EStG ausgeschlossen.

Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerde trägt der Kläger vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Fortbildung des Rechts.

Sein Bruder sei schwer krank gewesen und habe seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar nicht mehr nachkommen können. Nach Sperrung sämtlicher Konten durch die Banken habe er auf Bitten seines Bruders 25 000 DM überwiesen. Durch seine Mutter, nahe Bekannte und Verwandte sowie Bekannte und Freunde des Bruders sei er unter Druck gesetzt worden, Hilfe zu leisten; er hätte anderenfalls gesellschaftliche Sanktionen gewärtigen müssen. Die Zahlungen hätten eine reale Notlage ausgeglichen und den Rahmen des Notwendigen nicht überschritten. Spätere Versuche, die Hilfeleistungen wiederzuerlangen, seien wegen Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Bruders ohne Erfolg geblieben.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

a) Durch die Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass sog. typische Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 EStG nur dann als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können, wenn der Empfänger nach inländischen Maßstäben gesetzlich unterhaltsberechtigt ist, was auf Angehörige in der Seitenlinie nicht zutrifft (Senatsurteile in BFHE 199, 407, BStBl II 2002, 760; vom 18. Mai 2006 III R 26/05, BFHE 214, 129, BStBl II 2007, 108).

b) Dem Senatsurteil in BFHE 199, 407, BStBl II 2002, 760 ist --entgegen der Ansicht des FG-- nicht zu entnehmen, dass sog. atypische Unterhaltsleistungen an nicht unterhaltsberechtigte Angehörige (wie z.B. wegen deren Krankheit oder Pflegebedürftigkeit übernommene Aufwendungen) nicht aus sittlichen Gründen zwangsläufig seien und deshalb nach § 33 EStG abgezogen werden können. Ob aber nach den vom Kläger geschilderten Umständen eine derartige atypische Leistung anzunehmen wäre und er zur Zahlung der 25 000 DM an seinen Bruder sittlich verpflichtet war, ist indessen keine die Interessen der Allgemeinheit berührende Rechtsfrage, sondern nur eine Frage des vorliegenden konkreten Einzelfalls.

2. Bei dem Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO handelt es sich um einen Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung. Eine Fortbildung des Rechts ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist. Eine derartige im Interesse der Allgemeinheit zu klärende Rechtsfrage stellt sich im Streitfall, wie oben ausgeführt wurde, nicht.

Ende der Entscheidung

Zurück