Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.08.2002
Aktenzeichen: III B 34/02
Rechtsgebiete: EStG, FGO, InvZulG 1993


Vorschriften:

EStG § 17
EStG § 17 Abs. 1 Satz 2
FGO § 76
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative
InvZulG 1993 § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keine Zulassungsgründe entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Im Kern enthält die Beschwerde vielmehr eine Revisionsbegründung, die indes nicht geeignet ist, zur Zulassung der Revision zu führen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Juni 1987 III B 32/85, BFHE 150, 156, BStBl II 1987, 713, unter 1. der Gründe).

1. Die Klägerin beanstandet eine unzulängliche Gewichtung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 76 FGO, weil das Finanzgericht (FG) zwar die Beteiligung der Klägerin an der X-GmbH als Betriebsgesellschaft zutreffend mit 6,75 v.H. festgestellt, indessen verkannt habe, dass sich bei wirtschaftlicher Betrachtung aufgrund der eigenkapitalersetzenden Darlehen der Klägerin eine Beteiligung von rd. 66 v.H. an der Betriebsgesellschaft ergäbe. Das FG habe somit die personelle Verflechtung zwischen der Klägerin als Besitzunternehmen und der Betriebskapitalgesellschaft fehlerhaft gewichtet.

Mit diesem Vortrag macht die Klägerin aber keine fehlerhafte Auslegung und Anwendung einer das Gerichtsverfahren betreffenden Vorschrift durch das FG, sondern allenfalls einen materiell-rechtlichen Mangel des angefochtenen Urteils geltend (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 76, m.w.N.).

2. a) Die Klägerin hat ebenso wenig die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Dies verlangt eine substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Fall voraussichtlich auch klärungsfähig ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängt. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat.

Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217).

b) Es fehlt bereits an der erforderlichen Darlegung der sog. Breitenwirkung der Entscheidung. Einwände, die sich allein gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils wenden, sind grundsätzlich nicht geeignet, das für das Zulassungsverfahren erforderliche Allgemeininteresse zu indizieren (vgl. BFH-Beschluss vom 28. August 2001 X B 60/01, BFH/NV 2002, 347, m.w.N.).

c) Die Klägerin hat insbesondere aber keine Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen hinreichend dargelegt.

Der erkennende Senat hat sich mit der sog. Merkmalsübertragung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung in zahlreichen Entscheidungen auseinander gesetzt und sie auch für die sog. kapitalistische Betriebsaufspaltung bei einer betriebsvermögensmäßigen Verflechtung für den Bereich des Zulagenrechts anerkannt (vgl. BFH-Urteil vom 16. September 1994 III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75, 77).

Im Urteil vom 28. Januar 1999 III R 77/96 (BFHE 188, 194, BStBl II 1999, 610, 612) hat der erkennende Senat die Erwägungen für eine Merkmalsübertragung im Anwendungsbereich des § 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1991 auch als maßgebend für die besonderen Zugehörigkeits- und Verbleibensvoraussetzungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1993 angesehen, so dass die Eintragung des Betriebsunternehmens in die Handwerksrolle oder in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe auch dem Besitzunternehmen zugerechnet werden könne (ebenfalls BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 III R 13/97, BFH/NV 1999, 1378, und III R 108/96, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 456, mit Anm. von Hahn).

Die Finanzverwaltung hat sich diesen, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen angeschlossen (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 27. März 2000, BStBl I 2000, 451).

Die Klägerin hat sich weder mit dieser Rechtsprechung noch mit dem Schrifttum (vgl. Blümich/Selder, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 5 InvZulG 1996 Rz. 46) auseinander gesetzt, noch insoweit einen weiteren Klärungsbedarf dargetan.

d) Die Voraussetzungen für eine personelle Verflechtung lassen sich gleichfalls aus der Rechtsprechung entnehmen. Die für die kapitalistische Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung ist nach ständiger Rechtsprechung nur gegeben, wenn die Besitzgesellschaft entweder selbst oder wenigstens mittelbar zu mehr als 50 v.H. an der Betriebsgesellschaft beteiligt ist. Hingegen genügt es nicht, dass an den beiden Kapitalgesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Denn der "Besitz"-Kapitalgesellschaft (Klägerin) können weder die von den Gesellschaftern gehaltenen Anteile an der Betriebsgesellschaft (GmbH I) noch die mit diesem Anteilsbesitz verbundenen Beherrschungsfunktionen zugerechnet werden (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Februar 1998 III B 170/94, BFH/NV 1998, 1258, 1259, m.w.N.).

e) Eine Beteiligung vermitteln lediglich gesellschaftsrechtliche Anteile an der GmbH (vgl. §§ 5 und 14 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung), nicht hingegen sonstige Maßnahmen, wie eine Darlehensgewährung, selbst wenn diese kapitalersetzender Natur ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. Mai 1992 VIII R 16/88, BFHE 168, 170, BStBl II 1992, 902, 903, m.w.N.). Der BFH hat in dieser zu § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergangenen Entscheidung sogar ausgeschlossen, dass kapitalersetzende Maßnahmen eines Gesellschafters zur Begründung oder Erhöhung einer "ähnlichen Beteiligung" i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG führen.

Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin gewährten Darlehen überhaupt eigenkapitalersetzenden Charakter, ggf. unter dem Gesichtspunkt sog. Finanzplandarlehen, besaßen (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl., § 17 Rz. 170 ff., m.w.N.).

f) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann mangels rechtlicher Beherrschung unter besonderen Umständen im Einzelfall ausnahmsweise auch eine faktische Beherrschung für die Annahme einer personellen Verflechtung genügen (vgl. BFH-Urteile vom 11. Mai 1999 VIII R 72/96, BFHE 188, 397, 399, und vom 15. März 2000 VIII R 82/98, BFHE 191, 390, 392, jeweils m.w.N.; Schmidt, a.a.O., § 15 Rz. 836 ff.). Auch für das Zulagenrecht hat der Senat diese Ausnahme nicht vollständig ausgeschlossen (vgl. Beschluss in BFH/NV 1998, 1258).

Indes hat die Klägerin auch insoweit weder einen im Allgemeininteresse liegenden weiteren Klärungsbedarf dargelegt, noch vorgetragen, dass die Rechtsprechung, losgelöst von den besonderen Umständen des Einzelfalles, überhaupt zusätzliche abstrakte Kriterien für diese Fallgruppe entwickeln könnte und ggf. welche (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 18. Mai 2000 V B 178/99, BFH/NV 2000, 1504, 1505).

3. Konkrete Darlegungen fehlen schließlich zu den Zulassungsgründen nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

a) Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative FGO ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so z.B. wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Erforderlich ist eine Entscheidung des BFH nur dann, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt und wenn die Frage nach dem "Ob" und ggf. "Wie" der Rechtsfortbildung klärungsbedürftig ist. Insoweit gelten aber die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO höchstrichterlich entwickelten strengen Darlegungsanforderungen gleichermaßen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 217, 218, m.w.N.).

Die Klägerin hat, wie bereits unter 2. ausgeführt, keinen weiteren oder erneuten Klärungsbedarf einer bestimmten Rechtsfrage dargetan.

b) Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative FGO (Erfordernis einer BFH-Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) liegen ebenfalls nicht vor.

Die Klägerin hat keine Divergenz im engeren Sinne schlüssig dargelegt. Dazu muss vorgetragen werden, dass das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt habe, der mit den tragenden Rechtsausführungen in einer Entscheidung eines anderen Gerichts nicht übereinstimmt (vgl. BFH-Beschluss vom 27. November 2001 XI B 123/01, BFH/NV 2002, 542).

Soweit die Klägerin behauptet, die Auffassung des FG zu den Voraussetzungen einer personellen Verflechtung im Rahmen der Betriebsaufspaltung sei materiell-rechtlich unzutreffend und widerspreche insbesondere den BFH-Entscheidungen vom 8. November 1971 GrS 2/71 (BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63) und vom 29. Juli 1976 IV R 145/72 (BFHE 119, 462, BStBl II 1976, 750), fehlt es an einem schlüssigen Vortrag, dass die Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts Fehler von einigem Gewicht erkennen lässt, die geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Februar 2002 III B 155/01, BFH/NV 2002, 804, 805) oder es sich gar um eine willkürliche, jeder gesetzlichen Grundlage entbehrenden Entscheidung handele (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2002 VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, 799, m.w.N.).

Beide von der Klägerin angeführten Entscheidungen betreffen offensichtlich bereits nicht mit dem Streitfall vergleichbare Sachverhalte, nämlich keine kapitalistische Betriebsaufspaltung. Auf die Frage, ob die von den vorgenannten BFH-Entscheidungen entwickelten Grundsätze zur faktischen Beherrschung uneingeschränkt auf eine kapitalistische Betriebsaufspaltung übertragbar sind, geht die Klägerin nicht näher ein. Selbst wenn das FG aber eine rein faktische Beherrschung losgelöst von einer rechtlichen Beteiligung nicht ausreichend gewürdigt hätte, so stellt eine lediglich einfach-rechtliche Fehlerhaftigkeit noch keinen zur Zulassung führenden schwerwiegenden Mangel im Sinne dieses Zulassungsgrundes dar (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 798, 799, m.w.N.).

Einer weiteren Begründung bedarf es nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.

Ende der Entscheidung

Zurück