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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: III B 35/08
Rechtsgebiete: GG, FGO


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat vier zwischen 1990 und 1999 geborene Kinder, die seit Beginn ihrer jeweiligen Schulpflicht eine Schule in der Türkei besuchen, dort bei den Großeltern wohnen und sich nur in den Sommerferien in Deutschland aufhalten. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung auf, da die Kinder im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Klärungsbedürftig sei die Frage, ob nicht neben dem inländischen Wohnsitz ein weiterer Wohnsitz begründet worden sei, wenn Kinder sich zu Ausbildungszwecken im Ausland aufhielten, die Wohnung der Eltern im Inland aber jederzeit aufsuchen und bewohnen könnten. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes könne nicht jede Ausbildung im Ausland als Verlust des Wohnsitzes im Inland gewertet werden. Der Aufenthalt der Kinder in der Türkei sei nur vorübergehend; ihr Aufenthalt in Deutschland während der Ferien habe nicht lediglich Besuchscharakter, sondern sei als regelmäßige Rückkehr in die Wohnung zu qualifizieren.

Zudem verletze das angegriffene Urteil Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG). Dass ihm, dem Kläger, kein Kindergeld gewährt werde, weil er seine Kinder im Ausland zur Schule gehen lasse, stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Elternrecht dar, der ihn an der Ausübung seines Rechts auf freie Schulwahl hindere.

Ferner liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Würden seine Kinder eine Schule in Deutschland besuchen, erhielte er Kindergeld.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).

1.

Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt nicht in Betracht. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits mehrfach die Rechtsgrundsätze dargelegt, nach denen zu entscheiden ist, ob ein Kind, das sich zum Zwecke des Schulbesuchs mehrere Jahre im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung) beibehält (z.B. BFH-Urteile vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887; vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967; vom 23. November 2000 VI R 165/99, BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294; Senatsbeschluss vom 31. Mai 2007 III B 50/07, BFH/NV 2007, 1907, jeweils m.w.N.). Ob im Einzelfall bei Anwendung dieser Grundsätze davon auszugehen ist, dass ein Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, hat das Finanzgericht (FG) unter Berücksichtigung der Umstände des Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen. Das gilt auch für die Frage, ob ein Kind, das sich während der Ferien in der Wohnung der Eltern im Inland aufhält, dort einen (weiteren) Wohnsitz hat oder diese Aufenthalte lediglich Besuchscharakter haben. Der Entscheidung des FG als Tatsacheninstanz kommt insoweit keine grundsätzliche Bedeutung zu (Senatsbeschluss vom 17. März 2006 III B 67/05, BFH/NV 2006, 1255).

2.

Soweit der Kläger Verfassungsverstöße durch das FG rügt, ist die Beschwerde bereits unzulässig, da sie schon den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht genügt.

Wird ein Verfassungsverstoß geltend gemacht, so ist zur substantiierten Darlegung eine an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH orientierte inhaltliche Auseinandersetzung erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Januar 2005 III B 59/04, BFH/NV 2005, 1081). Daran fehlt es im Streitfall. Die Beschwerdebegründung gibt keinen Hinweis auf bereits ergangene Rechtsprechung des BFH und des BVerfG zu den behaupteten Verstößen gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 2 GG.

3.

Im Kern wendet sich der Kläger mit seinen Ausführungen gegen die materielle Rechtmäßigkeit des FG-Urteils. Dies vermag die Zulassung der Revision nicht zu begründen.



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