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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.03.2009
Aktenzeichen: III B 37/08
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1
FGO § 76 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 5 S. 1
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Vater eines im Januar 1983 geborenen Sohnes (S), der im Juni 2003 eine Ausbildung zum Bürokaufmann abschloss. Ab August 2003 war er bei der X-GmbH beschäftigt.

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung für S ab Januar 2004 auf und wies den hiergegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück, da S sich, wie sich aus dem vorgelegten Arbeitsvertrag ergebe, nicht in Berufsausbildung befunden habe.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage trug der Kläger vor, Ziel der Ausbildung sei die Qualifikation des S zum Versicherungsfachmann gewesen. Im Rahmen einer mehr als zwei Jahre andauernden berufsbegleitenden Weiterbildung sei S auf Seminare geschickt worden, um sich das notwendige Fachwissen zum Bestehen der Fachprüfung anzueignen. S habe sich, wie die vorgelegte Kopie der Anmeldung zeige, für November 2005 zur Prüfung angemeldet, sie aber nicht bestanden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Anstellung des S bei der X-GmbH könne nicht als Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes angesehen werden. Der zwischen S und dem Versicherungsbüro abgeschlossene Vertrag lasse --entsprechend seiner Überschrift-- alle Merkmale eines gewöhnlichen Arbeitsvertrags erkennen. Wenn der Kläger in seiner Klagebegründung behaupte, Ziel sei die Ausbildung des S zum Versicherungsfachmann gewesen, so finde dieser Vortrag im vertraglichen Kontext nicht einen einzigen Anhalt. Abgesehen davon habe der Kläger auch keine plausible Erklärung dafür geben können, warum ein gewöhnlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei, wenn ein Ausbildungsvertrag beabsichtigt gewesen sei. Auch der eher geringe Verdienst streite nicht für ein Ausbildungsverhältnis. Es sei allgemein bekannt, dass Außendienstmitarbeiter in der Versicherungsbranche bei niedrigem Grundgehalt mit dem Zufluss von Provisionserlösen ihr Einkommen steigern könnten.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Das Urteil des FG beruhe auf Verfahrensfehlern und auf der fehlerhaften Anwendung materiellen Rechts.

Das FG habe die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, es sei nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, dass S eine Berufsausbildung durchlaufen habe. Hierzu sei das FG durch Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Amtsermittlungsgrundsatzes gekommen.

Der Kläger habe substantiiert vorgetragen, dass die Ausbildung des S die Qualifikation zum Versicherungsfachmann zum Ziel gehabt habe, die er im Rahmen einer berufsbegleitenden Weiterbildung mit Bestehen der Fachprüfung habe erlangen sollen. Eine persönliche Anhörung des Klägers habe das FG ebenso wenig für notwendig erachtet wie die Klärung der Frage, ob S sich in einem Berufsausbildungsverhältnis befunden habe oder ob es sich bei dem Vertrag um einen Arbeitsvertrag gehandelt habe. In der mündlichen Verhandlung sei lediglich der Wortlaut des Arbeitsvertrags erörtert worden sowie die Frage nach der weiteren beruflichen Entwicklung des S. Auch zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger nicht aufgefordert worden, seine Rechtsposition näher zu erläutern und durch geeignete Beweismittel zu stützen. Damit habe das FG gegen die Amtsermittlungspflicht verstoßen. Nach der mündlichen Verhandlung, in der das FG bereits die Abweisung der Klage in Aussicht gestellt und seine Gründe erläutert habe, habe der Kläger sich an das Versicherungsunternehmen gewandt, bei dessen Agentur S die Ausbildung zum Versicherungsfachmann absolviert habe, und um eine Zusammenstellung der Ausbildungsveranstaltungen gebeten, an denen S teilgenommen habe. Bei entsprechendem Hinweis des FG hätte die nun vorgelegte Bescheinigung des Unternehmens bereits dem FG vorgelegt werden können. Da dies unterblieben sei, habe sich das FG bei seiner Entscheidung nur mit dem Wortlaut des Arbeitsvertrags auseinandersetzen können.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).

1.

Die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) ist bereits unzulässig, denn es fehlt an der u.a. erforderlichen Darlegung, dass der Kläger die nach seiner Ansicht unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder weshalb ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen ist (z.B. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2006 III B 143/05, BFH/NV 2006, 1058).

2.

Soweit der Kläger inhaltlich rügt, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Erteilung von Hinweisen nach § 76 Abs. 2 FGO verstoßen, ist diese Rüge jedenfalls unbegründet.

a)

Der richterliche Hinweis nach § 76 Abs. 2 FGO soll in erster Linie zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens, zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und zur Vermeidung von Überraschungsentscheidungen Schutz und Hilfestellung für die Beteiligten geben, ohne dass indes deren Eigenverantwortlichkeit dadurch eingeschränkt oder beseitigt wird. Inhalt und Umfang der aus § 76 Abs. 2 FGO folgenden Hinweispflichten sind von der Sach- und Rechtslage des einzelnen Falles, von der Mitwirkung der Beteiligten und von deren individuellen Möglichkeiten abhängig. Bei Beteiligten, die im finanzgerichtlichen Verfahren durch einen fach- und sachkundigen Prozessbevollmächtigten, wie etwa einen Rechtsanwalt, vertreten werden, stellt das Unterlassen richterlicher Hinweise regelmäßig keine Verletzung der Pflichten aus § 76 Abs. 2 FGO dar, es sei denn, es würden besondere Umstände, die eine Ausnahme von dieser Regel erforderten, dargelegt (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 19. Mai 2008 V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501).

b)

Danach liegt ein Verstoß gegen die Hinweispflicht nicht vor. Ungeachtet der Frage, ob die Entscheidung des FG bei Vorlage der Bescheinigung der X-GmbH überhaupt anders ausgefallen wäre, ist nicht ersichtlich, weshalb der fachkundig vertretene Kläger im vorliegenden Verfahren zur rechtzeitigen Vorlage der Bescheinigung eines Hinweises durch das FG bedurft hätte.

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