Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.11.2004
Aktenzeichen: III B 81/04
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
AO 1977 § 110 Abs. 1
AO 1977 § 110 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Von der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Wiedereinsetzung gemäß § 110 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) dann in Betracht komme, wenn ein Antrag auf Investitionszulage beim unzuständigen Betriebsstätten-Finanzamt eingereicht worden sei, dieser Irrtum bei gehöriger Prüfung für das Finanzamt (FA) erkennbar gewesen sei und bei Weiterleitung des Antrages an das zuständige FA die Frist gewahrt worden wäre, könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Denn die Wiedereinsetzung scheitert jedenfalls daran, dass die Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO 1977 zum Zeitpunkt der Antragstellung verstrichen war. Diese Jahresfrist gilt nur dann nicht, wenn die versäumte Handlung infolge höherer Gewalt innerhalb dieser Frist nicht nachgeholt werden konnte.

2. Höhere Gewalt ist ein außergewöhnliches Ereignis, das unter den gegebenen Umständen auch durch die äußerste, nach Lage der Sache von dem Betroffenen zu erwartenden Sorgfalt nicht verhindert werden konnte. Es muss sich um ein von außen kommendes Ereignis, das vom Betroffenen nicht zu beherrschen war, handeln; es umfasst auch die sog. unabwendbaren Zufälle.

Hierzu gehört nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auch ein Umstand, der dem Beteiligten die rechtzeitige Vornahme einer fristgebundenen Handlung unzumutbar macht und damit aus verfassungsrechtlichen Gründen dem Bereich der höheren Gewalt zuzuordnen ist (BVerfG-Beschluss vom 18. Dezember 1985 2 BvR 1167, 1185, 1636/84, 308/85, und 2 BvQ 18/84, BVerfGE 71, 305, 347; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Februar 2001 VII R 59/99, BFHE 194, 466, BStBl II 2001, 506). Absolute Unmöglichkeit setzt höhere Gewalt jedenfalls nicht voraus. Sie verlangt lediglich, dass der Betroffene die größte nach den Umständen von ihm unter Berücksichtigung objektiver Maßstäbe vernünftigerweise zu erwartende und ihm zumutbare Sorgfalt walten lässt (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 30. Oktober 1997 3 C 35.96, BVerwGE 105, 288). Demgemäß kann nach der Rechtsprechung des BFH höhere Gewalt auch vorliegen, wenn ein Verfahrensbeteiligter durch ein Verhalten des Gerichts oder einer Behörde von einer fristgerechten Verfahrenshandlung abgehalten wird.

Allerdings entschuldigt mangelnde Rechtskenntnis des Beteiligten eine Fristversäumnis in der Regel nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Steuerpflichtige sachkundig vertreten ist.

3. Höhere Gewalt liegt im Streitfall nicht vor. Es mag für das FA erkennbar gewesen sein, dass es für die Bearbeitung des Antrags nicht zuständig gewesen war. Dies war jedoch nicht so offenkundig, dass die Nichtweiterleitung des Antrags als treuwidrig zu beurteilen wäre (vgl. Beschluss des BVerfG vom 2. September 2002 1 BvR 476/01, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3692). Da sich aus dem Gesetz ergibt, dass der Antrag auf Investitionszulage beim Wohnsitz-FA zu stellen ist, und im Antragsformular darauf hingewiesen wird, wäre es für den sachkundig vertretenen Kläger auch erkennbar gewesen, dass der Antrag bei seinem Wohnsitz-FA zu stellen war.

Ende der Entscheidung

Zurück