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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: III B 81/08
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 155
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 74
ZPO § 251
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bezog für seine 1983 geborene Tochter (T) Kindergeld. T hatte im September 2004 eine Ausbildung zur Diakonin mit der Fachausbildung zur Erzieherin begonnen und im August 2004 eine Wohnung in der Nähe der Ausbildungsstelle bezogen. Diese liegt 8 km von der Wohnung und 41 km von dem Elternhaus der T entfernt.

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob die Festsetzung von Kindergeld mit Wirkung ab Januar 2006 auf. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem klageabweisenden Urteil aus, dass die von T im Jahr 2006 erzielten Einkünfte und Bezüge den maßgeblichen Grenzbetrag von 7 680 € überschritten. Da die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorlägen, könnten die geltend gemachten Unterkunftskosten am Beschäftigungsort nicht berücksichtigt werden. Mangels entsprechender Rechtsgrundlage komme auch der Ansatz von Aufwendungen für fiktive arbeitstägliche Fahrten zwischen Ausbildungsstelle und dem Elternhaus nicht in Betracht. Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch darauf, dass zu seinen Gunsten zumindest für die Monate Januar bis August 2006 noch Kindergeld festgesetzt werde, denn bei dem Grenzbetrag handele es sich um einen Jahresbetrag, so dass eine monatsbezogene Berechnung nicht möglich sei.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts. Er regt die Anordnung des Ruhens des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in dem dort anhängigen Verfahren 2 BvR 1966/04 an.

II. 1. Die Anordnung der Verfahrensruhe kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Familienkasse sich der entsprechenden Anregung des Klägers nicht angeschlossen hat. Das Ruhen des Verfahrens kann nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung (ZPO) aber nur angeordnet werden, wenn beide Parteien dies beantragen.

Mangels Gleichartigkeit der streitigen Rechtsfragen kann das Verfahren auch nicht nach § 74 FGO wegen eines vor dem BVerfG anhängigen Musterverfahrens ausgesetzt werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. November 1992 III B 133/91, BFHE 169, 498, BStBl II 1993, 240). Denn das vom Kläger zitierte, beim BVerfG anhängige Verfahren betrifft nicht die Frage, ob die Ausgestaltung als Jahresgrenzbetrag verfassungsmäßig ist, sondern die Frage, ob der juristische Vorbereitungsdienst noch zur Berufsausbildung gehört.

2. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen.

a) Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Denn der BFH hat die gesetzliche Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Jahres- und nicht als Monatsgrenzbetrag bereits als zulässige typisierende Regelung und als verfassungskonform beurteilt (z.B. BFH, Beschluss vom 2. August 2005 III B 10/05, BFH/NV 2005, 2005, mit weiteren Nachweisen). Neue Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung und Entscheidung rechtfertigen könnten, hat der Kläger, der insofern lediglich eine Verletzung des Gebots der Freistellung des steuerlichen Existenzminimums der Familie behauptet, nicht vorgetragen. Auch der Umstand allein, dass gegen eine Entscheidung des BFH, die u.a. zu der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage Stellung nimmt, eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig ist, rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

b) Der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) ist schon nicht in einer den Voraussetzungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Art und Weise dargelegt.

Hierzu muss u.a. schlüssig und substantiiert dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig ist. Macht ein Beschwerdeführer geltend, eine Norm sei verfassungswidrig, so genügt es nicht, den Verfassungsverstoß nur mit allgemeinen Wendungen zu behaupten. Erforderlich ist vielmehr eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH orientierte Auseinandersetzung mit der Problematik (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 15. Juli 2008 I B 77/08, juris).

Diesen Erfordernissen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Denn der Vortrag des Klägers beschränkt sich auf die bloße Behauptung, dass die in Art. 20a GG enthaltene Staatszielbestimmung des Umweltschutzes eine verfassungskonforme Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG dahin gebiete, dass bei der danach vorzunehmenden Grenzbetragsberechnung die Kosten der Unterkunft am Ausbildungsort zumindest in Höhe der ersparten Kosten für fiktive arbeitstägliche Fahrten zwischen dem Elternhaus der T und ihrer Ausbildungsstätte berücksichtigt werden müssten, da T nur deshalb eine Wohnung in der Nähe des Ausbildungsortes gesucht habe, um Fahrtkosten zu vermeiden und sich umweltgerecht zu verhalten.



Ende der Entscheidung

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