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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.12.1998
Aktenzeichen: III B 90/98
Rechtsgebiete: EStG, FGO, ZPO, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 12 Nr. 1
EStG § 4 Abs. 4
FGO § 142
ZPO § 114 ff.
ZPO § 117 Abs. 1 Satz 2
AO 1977 § 88
AO 1977 § 92
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) begehrt Prozeßkostenhilfe (PKH) für sein beim Finanzgericht (FG) anhängiges Klageverfahren betreffend die Festsetzung der Einkommensteuer für das Kalenderjahr 1994.

Der Antragsteller führte im Streitjahr (neben seiner Tätigkeit als Verwaltungsangestellter) von A aus Reisendenbefragungen in Zügen der Deutschen Bahn AG (DB) durch. Das nach einem Wohnsitzwechsel von A nach B nunmehr für die Besteuerung des Antragstellers (und seiner Ehefrau) zuständige Finanzamt (FA), der Beklagte in dem anhängigen Klageverfahren, erhielt hiervon durch die Kontrollmitteilung des Finanzamts für Großbetriebs-prüfung vom 14. Januar 1997 Kenntnis, aus der hervorgeht, daß "die freie Mitarbeit" des Antragstellers im Jahre 1994 mit 15 805 DM abgegolten worden sei. Auf den Vorgang angesprochen gaben der Antragsteller und seine Ehefrau im Juli 1997 eine Einkommensteuererklärung für 1994 ab, in der Einkünfte aus "freiberuflicher" Tätigkeit mit ./. 1 022 DM ausgewiesen werden. In der der Erklärung beigefügten Aufstellung werden die Einnahmen aus den Einsatzfahrten für die Zeit vom 2. Januar 1994 bis 30. November 1994 mit insgesamt 14 335 DM angegeben. Als Ausgaben werden neben Kosten für den Erwerb und die Reinhaltung von Berufskleidung (bürgerlicher Anzug) und Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung (Honorar an die Ehefrau und Telefonkosten) insbesondere Kosten für die Fahrten mit dem eigenen PKW in Höhe von 13 310 DM zu den Einsatzbahnhöfen angesetzt. Von der Berechtigung der DB zu Freifahrten zwischen "Heimatbahnhof" und "Abgangs- bzw. Zielbahnhof" habe er keinen Gebrauch gemacht, sondern jeweils den eigenen PKW benutzt. Als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit werden außerdem Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Entfernung 24 km an 230 Tagen) geltend gemacht sowie Kosten für Fahrten seiner körperbehinderten Ehefrau (3 000 km). Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer setzte das FA für die streitbefangene Nebentätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 13 289,50 DM an, die es wie folgt ermittelte:

Einnahmen

(nach Abzug erstatteter Fahrtkosten) 14 629,50 DM ./. Verpflegungsmehraufwand 1 288,-- DM ./. Liegewagenkarte 52,-- DM 13 289,50 DM

Den gegen den Bescheid vom 14. November 1997 gerichteten Einspruch wies das FA im wesentlichen mit der Begründung zurück, angesichts der Höhe der trotz des Bestehens der Berechtigung zu Freifahrten mit der Bahn geltend gemachten Fahrzeugkosten treffe den Antragsteller eine erhöhte Nachweispflicht für deren Entstehung. Dieser Pflicht sei er nicht nachgekommen, denn er habe weder im Veranlagungs- noch im Einspruchsverfahren substantiierte Beweise vorgelegt, die eine Anerkennung der Fahrten mit dem eigenen PKW zu den sog. Abgangs- bzw. von den sog. Zielbahnhöfen begründen könnten. Die Aufwendungen für die (bürgerliche) Berufskleidung seien als Kosten der Lebensführung gemäß § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vom Abzug ausgeschlossen. Mit seiner Klage verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Gegen den die Klage abweisenden Gerichtsbescheid vom 4. Juni 1998 hat der Antragsteller fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt.

Mit Schreiben vom 3. April 1998 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten für das Klageverfahren. Das FG lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das FG teile die Ansicht des FA, daß dem Antragsteller der ihm obliegende Nachweis über die im Streitjahr im Zusammenhang mit den Reisendenbefragungen stehenden Autofahrten nicht gelungen sei. Für die für das Streitjahr insgesamt erklärte Fahrleistung von 39 637 km hätte dies unschwer anhand der Durchschriften von Werkstatt-Inspektionsrechnungen mit Kilometerangaben geschehen können. So wäre eine realitätsgerechte Schätzung möglich gewesen. Zudem treffe die Behauptung, in der Nähe der Wohnung in A habe sich kein Bahnhof befunden, nicht zu. Hinsichtlich des Anzugs sei darauf hinzuweisen, daß dieser auch dann, wenn er ausschließlich während der Arbeitszeit getragen worden sei, dadurch nicht zu einer typischen Berufskleidung geworden sei, für die ausnahmsweise ein steuermindernder Abzug möglich sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, zu deren Begründung vorgetragen wird, daß es unumgänglich sei, daß das gesamte Vorbringen bei der Entscheidung über die Bewilligung der PKH berücksichtigt werde, insbesondere auch der Vortrag in der noch durchzuführenden mündlichen Verhandlung. Es sei untunlich, vor der durchgeführten mündlichen Verhandlung über den PKH-Antrag zu entscheiden.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Rechtsverfolgung des Antragstellers keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 142 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozeßordnung --ZPO--). Die Rechtsverfolgung verspricht nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein vollständiges oder teilweises Obsiegen des Antragstellers spricht. Das ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seines Sachvortrags und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Februar 1987 III B 169, 170/86, BFH/NV 1987, 322, und vom 7. August 1990 X B 48, 49/90, BFH/NV 1991, 184). Für das PKH-Verfahren kommt es somit wesentlich darauf an, ob bei summarischer Prüfung und Würdigung der wichtigsten Tatumstände der von dem Antragsteller begehrte Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (Beschluß des erkennenden Senats vom 25. März 1986 III B 5-6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526, m.w.N.). § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist zu entnehmen, daß der Antragsteller die hinreichende Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Bewilligung einer PKH zumindest schlüssig, ggf. mit Beweisantritten, darlegen muß (BFH-Beschluß vom 26. April 1993 VI B 162/92, BFH/NV 1993, 682).

Der beantragte Betriebsausgabenabzug (§ 4 Abs. 4 EStG) setzt im Streitfall vor allem voraus, daß im Zusammenhang mit den Reisendenbefragungen in den Zügen der DB dem Antragsteller tatsächlich Fahrtkosten entstanden sind, d.h. daß die geltend gemachten Fahrten mit dem eigenen PKW zu den sog. Abgangs- bzw. von den sog. Zielbahnhöfen auch tatsächlich durchgeführt wurden. Bleibt unklar, ob dies geschehen ist, hat der Antragsteller den Nachteil des ungeklärten Sachverhalts, die objektive Beweislast (Feststellungslast), zu tragen.

Die Aufforderung des FA, einen Nachweis über die im Zusammenhang mit der Nebentätigkeit durchgeführten Fahrten zu führen, war durch die Vorschriften der §§ 88, 92 der Abgabenordnung (AO 1977) gedeckt. Die Nachprüfung der in der Einkommensteuerklärung aufgeführten Fahrten war angesichts der geltend gemachten sehr hohen gesamten Fahrleistung im Streitjahr von nahezu 40 000 km, vor allem aber angesichts der von der DB zur Verfügung gestellten Freifahrten vom Heimatbahnhof zu den entsprechenden Bahnhöfen und für die jeweiligen Rückfahrten weder sachfremd noch unangemessen. Es wäre somit Sache des Antragstellers gewesen, den Überlegungen des FA aufgrund konkret zu bezeichnender Beweisangebote entgegenzutreten oder in anderer Weise an der Aufklärung des für ihn günstigen Sachverhalts mitzuwirken. Wie das FG zu Recht ausführt, genügt die Begründung seines Antrages auf PKH diesen Anforderungen nicht. Die Ausführungen in der in Bezug genommenen Klageschrift sind nicht geeignet, den vom FA versagten Betriebsausgabenabzug zu begründen, vielmehr beschränkt sich der Antragsteller im wesentlichen darauf, zu bestreiten, daß ein Nachweis überhaupt möglich sei.

Auch die Erwägungen, mit denen das FG die Erfolgsaussichten der Klage hinsichtlich der übrigen vom Antragsteller geltend gemachten Aufwendungen (insbesondere für Berufskleidung) verneint hat, sind nicht zu beanstanden. Da der Antragsteller seine Beschwerde allein mit dem Hinweis auf die nach Ergehen eines Gerichtsbescheids beantragte mündliche Verhandlung begründet hat, können die Erfolgsaussichten seiner Klage im übrigen im Beschwerdeverfahren nicht von der Vorinstanz abweichend beurteilt werden. Denn neue Tatsachen hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen. Die Beschwerde ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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