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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.11.2008
Aktenzeichen: III R 53/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 70 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat zwei Kinder, den 1997 geborenen Sohn D und die 2000 in den USA geborene Tochter C.

Die Klägerin ist seit 1996 mit einem Angehörigen der US-Armee verheiratet, der in Deutschland stationiert war. Sie wohnten in I. Auf ihren Antrag vom 10. Januar 1998 bezog die Klägerin Kindergeld für D. Im April 1998 wurde ihr Ehemann in die USA zurückkommandiert. Zu diesem Zeitpunkt löste die Familie ihre Wohnung in I auf. Die Klägerin meldete sich anschließend mit Wohnsitz in B an. Dort lebte sie zusammen mit D bis zu ihrer Abreise in die USA Mitte des Jahres 1998 in zwei möblierten Zimmern im Hause ihrer Eltern.

Mitte April 2000 kam ein von der Familienkasse W an die Klägerin unter ihrer bisherigen Adresse gerichtetes Schreiben mit der neuen Anschrift in B zurück. Auf die Mitteilung der Klägerin vom 19. April 2000, sie habe ihren Wohnsitz nach B verlegt, gab die Familienkasse W die Kindergeldakte an die zuständige Familienkasse T ab und stellte die Kindergeldzahlung mit Ablauf des Monats April 2000 ein (Änderungsverfügung vom 19. April 2000). Mit Aktenverfügung ("Neubewilligungsverfügung") vom 26. April 2000 bewilligte die Familienkasse T das Kindergeld ab Mai 2000 neu, teilte der Klägerin mit, das Kindergeld werde ab Mai 2000 in der bisherigen Höhe ausgezahlt und forderte sie auf, für die Kindergeldzahlung ihre aktuelle Bankverbindung anzugeben. Am 22. August 2000 reichte die Klägerin sodann bei der Familienkasse T einen Vordruck mit ihrer Bankverbindung und einen ausgefüllten "Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld" ein, in dem sie ihre beiden Kinder D und C aufführte und zwei gegenwärtige Wohnadressen angab, sowohl die Adresse in B als auch die --als vorübergehend bezeichnete-- Anschrift in den USA. Aufgrund der Aktenverfügung ("Fortzahlungsverfügung") vom 22. August 2000 wurde das Kindergeld für D weiterhin von der Familienkasse T gezahlt.

Am 2. Januar 2003 stellte die Klägerin beim Arbeitsamt T unter der Anschrift in B einen Antrag auf Kindergeld für C. Die daraufhin eingeleiteten Ermittlungen der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse K) ergaben, dass sich die Klägerin in den Jahren 2000 bis 2002 nur vom 24. Juni 2000 bis Mitte September 2000 und vom 12. Juni 2001 bis 30. Juli 2001 in B im Haus ihrer Eltern aufgehalten hatte. Da ihr Ehemann ab Januar 2003 nach K versetzt worden war, wohnte sie ab 27. Dezember 2002 mit ihren Kindern wieder im Haus ihrer Eltern in B, bis sie im März 2003 eine Wohnung in K bezog.

Mit Bescheid vom 18. Juli 2003 hob die Familienkasse K die Kindergeldfestsetzung für D ab Januar 2000 mit der Begründung auf, die Klägerin habe weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt, und forderte Kindergeld von Januar 2000 bis November 2002 in Höhe von insgesamt 5 007,20 EUR zurück. Der Einspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 18. Juli 2003 blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte im Wesentlichen aus, die Familienkasse habe zu Recht die Kindergeldfestsetzung rückwirkend aufgehoben, da die Klägerin ihren Wohnsitz zusammen mit ihrer Familie in die USA verlegt gehabt habe. Ein weiterer (inländischer) Wohnsitz bei ihren Eltern in B habe nicht bestanden. Die ordnungsbehördliche Anmeldung begründe noch keinen Wohnsitz. Tatsächliche Umstände, die darauf schließen ließen, dass die Klägerin die Wohnung in B beibehalten und benutzen werde, hätten nicht vorgelegen. Vielmehr habe sich die Klägerin mit ihren Kindern bei ihren Eltern nur in kurzen Zeiträumen aufgehalten, um Ferien zu machen und den Kontakt nach Deutschland nicht abbrechen zu lassen. Diese Aufenthalte hätten lediglich Besuchscharakter gehabt. Dieses nur gelegentliche Verweilen in der Wohnung bei ihren Eltern schließe die Annahme aus, dass die Wohnung der Klägerin als dauernde Bleibe i.S. des § 8 der Abgabenordnung (AO) gedient habe. Es genüge nicht, dass sich jemand, der mit seiner Familie im Ausland wohne, nur gelegentlich im Urlaub oder zu Besuchszwecken in Räumen aufhalte, die ihm unentgeltlich zur Verfügung gestellt würden. Der Rückforderung des Kindesgeldes stehe auch nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen.

Mit der Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Sie habe mit der Einreichung des Fragebogens am 22. August 2000 zugleich sinngemäß einen Antrag auf Fortzahlung des Kindergeldes "bei dem gemeldeten doppelten Wohnsitz gestellt". Diesem Antrag habe die Familienkasse T mit der Fortzahlungsverfügung vom 22. August 2000 und der Kindergeldzahlung ab September 2000 entsprochen. Da sich die tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der beiden Wohnsitze jedoch nicht geändert hätten, sei die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung unzulässig. Sie, die Klägerin, habe von der Weitergewährung des Kindergelds ausgehen können, da sie den Fragebogen vollständig und wahrheitsgemäß ausgefüllt habe und Deutschland keinesfalls dauerhaft habe verlassen wollen und auch nicht verlassen habe. Ihre mehrmaligen längeren Aufenthalte im Inland (im Jahr 2000 11 Wochen, im Jahr 2001 6,5 Wochen und Ende Dezember 2002 bis Ende Februar 2003 8 Wochen) zeigten, dass sie einen Wohnsitz in B beibehalten habe und diesen auch künftig habe nutzen wollen. Im Übrigen ergebe sich aus den Einkommensteuerbescheiden 2001 und 2002 des Finanzamts (FA) B, dass dieses von ihrer unbeschränkten Steuerpflicht und damit von einem Inlandswohnsitz ausgehe. Schließlich sei die Rückforderung auch wegen Zeitablaufs verwirkt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 18. Juli 2003 sowie die Einspruchsentscheidung vom 6. November 2003 aufzuheben.

Die Familienkasse beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung des für D gezahlten Kindergeldes mit Bescheid vom 18. Juli 2003 für den Zeitraum Januar 2000 bis November 2002 ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1.

Die Familienkasse W hatte im Jahr 1998 aufgrund des Kindergeldantrags der Klägerin zu Recht Kindergeld festgesetzt, da die Klägerin damals ihren Wohnsitz in der Familienwohnung in I hatte. Mit dem Auszug aus dieser Wohnung im April 1998 hat die Klägerin zusammen mit ihrer Familie jedoch ihren inländischen Wohnsitz aufgegeben. Denn sie hat in den ihr mit D im Hause ihrer Eltern zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten keinen neuen Wohnsitz begründet und daher bereits ab diesem Zeitpunkt im Inland keinen Wohnsitz mehr aufrecht erhalten, sondern allenfalls bis zur Abreise in die USA zur Jahresmitte 1998 in B ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Spätestens mit der Abreise in die USA sind daher die Anspruchsvoraussetzungen für das Kindergeld entfallen. Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab Januar 2000 war daher rechtmäßig.

a)

Nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben oder zu ändern, wenn in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten. Die Regelung betrifft den Fall, dass eine ursprünglich rechtmäßige Festsetzung durch Änderung der für den Bestand des Kindergeldanspruchs maßgeblichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes nachträglich unrichtig wird (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juli 2001 VI R 18/99, BFHE 196, 260, BStBl II 2002, 81). Wegen der Aufgabe des inländischen Wohnsitzes war die Klägerin für den Streitzeitraum nicht kindergeldberechtigt. Denn nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG wird Kindergeld nur gewährt, wenn der Elternteil und das in seinen Haushalt aufgenommene Kind --von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen-- im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

b)

Nach § 8 AO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist nach den objektiven Umständen zu beurteilen. Melderechtliche Angaben sind unerheblich. Ein solcher Umstand, der auf die Beibehaltung und Benutzung schließen lässt, ist die voraussichtliche Nutzungsdauer. Als Anhaltspunkt für die Beibehaltung und Nutzung ist regelmäßig auf die Sechsmonatsfrist des § 9 Satz 2 AO zurückzugreifen, da in dieser Frist zum Ausdruck kommt, ab welcher Zeitdauer ein Aufenthalt nicht mehr nur vorübergehend ist. Dies ist auch für § 8 AO maßgebend, weil eine nur vorübergehende Nutzung einer Wohnung keinen Wohnsitz begründet (Senatsurteil vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351).

Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, nicht für die Annahme aus, der Inlandswohnsitz werde aufrechterhalten. Denn nicht nur die objektiven Wohnverhältnisse müssen die Möglichkeit eines längeren Wohnens bieten. Insbesondere darf, wie der BFH für den langjährigen Auslandsaufenthalt eines Kindes entschieden hat, die Anwesenheit in der Wohnung der Eltern im Inland nicht nur Besuchscharakter haben (BFH-Urteil vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294). Diese Grundsätze gelten auch, wenn es sich nicht um die Beibehaltung eines inländischen Wohnsitzes, sondern um die Begründung eines inländischen Wohnsitzes geht (z.B. BFH-Urteil vom 6. März 1968 I 38/65, BFHE 92, 5, BStBl II 1968, 439; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 8 AO Rz 12).

Die Beurteilung, ob objektiv erkennbare Umstände auf eine Beibehaltung und Nutzung der Wohnung schließen lassen, liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. Insoweit ist der BFH als Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die vom FG festgestellten Tatsachen und deren Würdigung durch das FG gebunden. Er kann die Schlussfolgerungen des FG nur auf Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze hin überprüfen (Senatsurteil in BFH/NV 2008, 351).

Die Würdigung des FG, die Aufenthalte der Klägerin im Hause ihrer Eltern hätten nur Besuchscharakter gehabt und damit nicht ausgereicht, einen inländischen Wohnsitz zu begründen oder beizubehalten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat auf die kurzen Zeiträume der Anwesenheit der Klägerin in B, die familiäre Bindung der Klägerin zu ihren Eltern, die unentgeltliche Zurverfügungstellung der Räume, die Nutzung zu Ferienzwecken und zur Aufrechterhaltung des Kontakts zu Deutschland abgestellt und daraus geschlossen, die Räumlichkeiten hätten der Klägerin nicht als dauernde Bleibe gedient. Diese Würdigung ist nachvollziehbar und damit für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend. Dass auch eine andere Würdigung möglich gewesen wäre, steht der Bindung des Senats nicht entgegen (BFH-Urteil vom 24. Juni 2008 IX R 12/07, BFH/NV 2008, 1484). Die Klägerin nutzte die Räume im Hause ihrer Eltern in der Zeit zwischen dem Auszug aus der Wohnung in I und ihrer Abreise in die USA offenbar nur als Übergangslösung bis sie ihrem Ehemann für mehrere Jahre in die USA nachfolgte. Dadurch wurde ebenso wenig wie durch die späteren besuchsweisen Aufenthalte in B ein Wohnsitz begründet. Da sich die Klägerin mit ihrer Familie überwiegend in den USA aufgehalten hatte, war im Streitzeitraum auch ihr gewöhnlicher Aufenthalt nicht im Inland.

c)

Es kann dahinstehen, ob sich aus den gegen die Klägerin ergangenen Einkommensteuerbescheiden 2001 und 2002 ergibt, dass das FA von der unbeschränkten Steuerpflicht ausgegangen ist. Denn bei der Einkommensteuerfestsetzung und der Kindergeldfestsetzung handelt es sich um unterschiedliche Verfahren, sodass der Einkommensteuerbescheid hinsichtlich des inländischen Wohnsitzes für die Kindergeldfestsetzung nicht bindend ist (Senatsbeschluss vom 28. September 2007 III S 28/06 (PKH), BFH/NV 2008, 50). Das Gleiche gilt für die Behandlung als unbeschränkt Einkommensteuerpflichtiger i.S. von § 1 Abs. 3 i.V.m. § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.

2.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in der Kindergeldzahlung ab September 2000 auf die Fortzahlungsverfügung der Familienkasse T vom 22. August 2000 keine konkludente Neufestsetzung des Kindergelds für D zu sehen, die nachträglich nicht geändert werden darf.

a)

Eine Kindergeldfortzahlungsverfügung ist --jedenfalls wenn sie wie hier dem Anspruchsberechtigten nicht bekannt gegeben wird-- nur eine verwaltungsinterne Maßnahme, mit der der Sachbearbeiter die Kasse anweist, das Kindergeld in der bisherigen Höhe weiterhin auszuzahlen. Darin liegt keine erneute Festsetzung des Kindergeldanspruchs. Der Kindergeldberechtigte hat hier --ebenso wie bei der unveränderten, laufenden, monatlichen Kindergeldzahlung ohne besondere Verfügung-- grundsätzlich keinen Anhalt für die Annahme, über seinen Kindergeldanspruch sei erneut entschieden worden.

Das gilt entgegen der Auffassung der Klägerin auch im Streitfall. Wenn sich wie hier lediglich die Kontoverbindung geändert hat und das Kindergeld künftig auf das neue Konto überwiesen wurde, konnte die Klägerin dies nicht als Neufestsetzung verstehen.

Der Umstand, dass die Klägerin zusammen mit der Mitteilung der neuen Bankverbindung auch den --ihr von der Familienkasse zugesandten-- Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld ausgefüllt und eingereicht hat, weist ebenfalls nicht auf eine erneute Kindergeldfestsetzung hin. Dieser Fragebogen ist kein Formular zur Beantragung von Kindergeld. Er dient lediglich der Überprüfung, ob die für den Kindergeldanspruch wesentlichen Tatbestandsmerkmale noch gegeben sind. Aus der Weiterzahlung des Kindergelds in der bisherigen Höhe für D konnte die Klägerin daher nicht schließen, die Familienkasse habe über einen (erneut gestellten) Kindergeldantrag entschieden.

b)

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der Neubewilligungsverfügung der Familienkasse T vom 26. April 2000. Auch hier handelt es sich nicht um eine erneute Kindergeldfestsetzung, sodass auch insoweit die Voraussetzungen für die Aufhebung der ursprünglichen Festsetzung der Familienkasse W vom Januar 1998 wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse nach § 70 Abs. 2 EStG gegeben sind.

Die Neubewilligungsverfügung vom 26. April 2000 erging, nachdem die Klägerin der Familienkasse W ihren Umzug nach B mitgeteilt hatte mit der Folge, dass die Familienkasse T für die Kindergeldfestsetzung gegenüber der Klägerin örtlich zuständig wurde. Durch den Wechsel der örtlichen Zuständigkeit wird jedoch die Festsetzung der ursprünglich zuständigen Familienkasse W aus dem Jahre 1998 nicht berührt (ebenso Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes 67.2.2 Abs. 3 Satz 6, BStBl I 2004, 742). Die Neubewilligungsverfügung vom 26. April 2000 ist ebenso wie die Fortzahlungsverfügung vom 22. August 2000 als Kassenanweisung eine lediglich intern wirkende Maßnahme, mit der die zuständige Kasse zur Weiterzahlung des schon bewilligten Kindergelds angewiesen wird.

3.

Unerheblich ist auch der Einwand der Klägerin, dass sich ihre Wohnverhältnisse nach der Fortzahlungsverfügung vom 22. August 2000 nicht geändert hätten und sie mit der Mitteilung der beiden Wohnsitze ihrer Mitwirkungspflicht entsprechende Angaben gemacht habe, deren nachträgliche Infragestellung der Familienkasse verwehrt sei.

Bei einer für den Kindergeldanspruch wesentlichen Änderung der Verhältnisse --hier die Aufgabe des inländischen Wohnsitzes-- ist die Festsetzung des Kindergelds nach § 70 Abs. 2 EStG vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben. Die Familienkasse hat insoweit keinen Ermessensspielraum. Auf das Verschulden des Kindergeldberechtigten kommt es nicht an. Entgegen der Meinung der Klägerin kann daher nicht darauf abgestellt werden, ob sie, wie sie vorträgt, mit der Einreichung des Fragebogens am 22. August 2000 ihrer Mitwirkungspflicht genügt hat (BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123). Ebenso kann dahinstehen, ob die Familienkasse im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht die Wohnverhältnisse hätte näher aufklären müssen.

4.

Die Klägerin macht auch zu Unrecht Verwirkung des Rückforderungsanspruchs geltend. Der Zeitablauf allein genügt für die Annahme der Verwirkung nicht. Hinzukommen muss ein Verhalten des Berechtigten --hier der Familienkasse--, aus dem der Verpflichtete den Schluss ziehen darf, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden solle. Außerdem muss der Verpflichtete auch tatsächlich auf die Nichtgeltendmachung des Anspruchs vertraut und sich entsprechend eingerichtet haben (BFH-Urteil in BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123). Im Streitfall fehlt es an einem entsprechenden Verhalten der mit der Sache befassten Familienkassen, auf die die Klägerin hätte vertrauen können. Im Übrigen ergibt sich aus dem Hinweis am Ende des Fragebogenformulars deutlich, dass wegen Aufgabe des inländischen Wohnsitzes zu Unrecht bezogenes Kindergeld zurückzuzahlen ist.

Ende der Entscheidung

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