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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.04.2007
Aktenzeichen: IV B 69/05
Rechtsgebiete: FGO, BGB


Vorschriften:

FGO § 40 Abs. 2
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 126 Abs. 4
FGO § 135 Abs. 2
BGB § 730 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist --sofern sie ggf. als eine solche des Gesellschafters P zulässig sein sollte-- nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.

1. Die Verfahrensrüge gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), das Finanzgericht (FG) habe die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen, hat keinen Erfolg. Das FG hat im Ergebnis das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen zu Recht verneint.

a) Klägerin ist nach dem eindeutigen Rubrum der vom sachkundigen Prozessbevollmächtigten verfassten Klageschrift die GbR, vertreten durch den Gesellschafter P. Die GbR war zwar entgegen der Ansicht des FG klagebefugt, konnte jedoch durch den Gesellschafter P alleine nicht wirksam vertreten werden.

b) Feststellungsbescheide, in denen der Gewinn der Gesellschaft und die Anteile der Gesellschafter an diesem Gewinn als Grundlage für die Veranlagung zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer gesondert und einheitlich festgestellt werden, richten sich nach ihrem Inhalt und ihren Wirkungen gegen die Gesellschafter, so dass diesen nach § 40 Abs. 2 FGO auch die Befugnis zustehen müsste, gegen diese Bescheide Klage zu erheben. Diese Befugnis wird indes durch § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO dahin gehend eingeschränkt, dass im Regelfall nur die zur Vertretung befugten Geschäftsführer der Gesellschaft gegen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Klage erheben können. Die Gesellschaft wird in gesetzlicher Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter tätig.

Diese Befugnis der Personengesellschaft entfällt mit ihrer Vollbeendigung. Die gesetzliche Prozessstandschaft geht dann aber nicht auf einen Rechtsnachfolger der Personengesellschaft über. Vielmehr sind nach Vollbeendigung der Personengesellschaft die von dem angefochtenen Feststellungsbescheid betroffenen Gesellschafter klagebefugt (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO). Die Beteiligtenstellung und die Prozessführungsbefugnis gehen mit der Vollbeendigung der Personengesellschaft uneingeschränkt auf die durch den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid beschwerten ehemaligen Gesellschafter, die im Streitzeitraum an der Personengesellschaft beteiligt waren, über (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. April 2006 VIII R 52/04, BFHE 214, 40, BStBl II 2006, 847, unter II.A.1.a der Gründe, m.w.N.).

c) Im Streitfall war die GbR bei Klageerhebung für steuerliche Zwecke noch nicht vollbeendet. Es kann dahinstehen, ob sie in diesem Zeitpunkt noch Gesamthandsvermögen hatte, wie mit der Beschwerde vorgetragen wird. An einer Vollbeendigung fehlt es bereits deshalb, weil neben dem hiesigen Rechtsstreit über Gewinnfeststellungsbescheide auch ein Rechtsstreit über Gewerbesteuermessbescheide geführt wird.

Eine Personengesellschaft ist nach der Rechtsprechung des BFH steuerrechtlich so lange als materiell-rechtlich existent anzusehen, wie noch Steueransprüche gegen sie oder von ihr geltend gemacht werden und das Rechtsverhältnis zu den Finanzbehörden nicht endgültig abgewickelt ist (BFH-Urteil vom 24. März 1987 X R 28/80, BFHE 150, 293, BStBl II 1988, 316). Da die Personengesellschaft Schuldnerin der Gewerbesteuer ist (§ 5 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--), werden ihr gegenüber der Gewerbesteuermessbescheid und der Gewerbesteuerbescheid erlassen. Da die Schuldnerschaft der Gesellschaft --und damit deren gewerbesteuerrechtliche Rechtsfähigkeit-- grundsätzlich nicht durch die zivilrechtliche Vollbeendigung der Gesellschaft erlischt, ist auch nach Auskehrung des Aktivvermögens ein Gewerbesteuermessbescheid zwar den Gesellschaftern bekannt zu geben, jedoch an die Gesellschaft als Schuldnerin der Gewerbesteuer zu richten (BFH-Urteil vom 13. Oktober 1998 VIII R 35/95, BFH/NV 1999, 445, unter II.2.a der Gründe). Demgemäß steht auch die Klagebefugnis gegen den Gewerbesteuermessbescheid weiter der Personengesellschaft zu. Für die Dauer des Rechtsstreits über den Gewerbesteuermessbescheid gilt sie weiter als steuerrechtlich existent.

Eine noch nicht vollbeendete Personengesellschaft ist auch noch i.S. des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO befugt, als Prozessstandschafterin Klagen gegen Gewinnfeststellungsbescheide zu erheben (vgl. z.B. Senatsurteil vom 21. Januar 1982 IV R 146/78, BFHE 135, 386, BStBl II 1982, 506; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 48 FGO Rz 14, m.w.N.). Das gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn die Vollbeendigung wegen der Abwicklung eigener steuerrechtlicher Verpflichtungen steuerrechtlich noch nicht eingetreten ist. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, die Personengesellschaft in eigenen Angelegenheiten für klagebefugt zu halten, ihr die Eigenschaft, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO als Prozessstandschafterin für die Gesellschafter aufzutreten, aber nicht zuzuerkennen.

d) Die GbR konnte jedoch nicht wirksam durch den Gesellschafter P vertreten werden. § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, wonach zur Vertretung berufene Geschäftsführer Klage gegen einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erheben können, ist dahin zu verstehen, dass die Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre Geschäftsführer Klage gegen den Feststellungsbescheid erheben kann (BFH-Urteil vom 27. Mai 2004 IV R 48/02, BFHE 206, 211, BStBl II 2004, 964). Befindet sich die Personengesellschaft im Stadium der Liquidation, bleibt sie klagebefugt, wird aber nun durch ihre Liquidatoren vertreten (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Dezember 2003 IV B 21/01, BFHE 204, 44, BStBl II 2004, 239, unter 2.b der Gründe, m.w.N.). Liquidatoren einer GbR sind nach § 730 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) grundsätzlich alle Gesellschafter gemeinschaftlich, es sei denn, durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluss wäre etwas anderes bestimmt.

Im Streitfall enthält der Gesellschaftsvertrag keine Regelung über die Liquidation der Gesellschaft. Die Stimmrechtsklausel, nach der bei Stimmengleichheit die Stimme des Gesellschafters P entscheidet, kann nicht als eine konkludente Bestellung des P zum Liquidator verstanden werden. Einen Gesellschafterbeschluss über die Bestellung des P zum Liquidator hat weder das FG festgestellt noch ist er aus den Akten ersichtlich. Danach gilt für die GbR die gesetzliche Regelung, nach der beide Gesellschafter gemeinschaftlich Liquidatoren sind. Sie können die Liquidationsgesellschaft dementsprechend nur gemeinschaftlich vertreten. Eine alleinige Vertretung durch P ist nicht ausreichend.

2. Danach hat das FG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Dass es sich dafür auf eine andere Begründung (Wegfall der Klagebefugnis wegen Vollbeendigung) gestützt hat, ist nach § 126 Abs. 4 FGO, der im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anwendbar ist (z.B. BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2005 VII B 102/04, BFH/NV 2006, 849, a.E.), ohne Bedeutung.

Bei dieser Sachlage kommt es auf die weiteren mit der Beschwerde geltend gemachten Rügen verfahrensrechtlicher oder materiell-rechtlicher Art nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Kosten des Verfahrens sind Herrn P aufzuerlegen, weil er als vollmachtloser Vertreter die Veranlassung zur erfolglosen Prozessführung gegeben hat (vgl. BFH-Beschluss vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5).

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