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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 25.03.2009
Aktenzeichen: IV R 21/06
Rechtsgebiete: BewG, EStG


Vorschriften:

BewG § 51 Abs. 2
EStG § 13 Abs. 2 Nr. 1
EStG § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
EStG § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
1. Eine auf dem Hof befindliche Verkaufsstelle oder ein auf dem Hof befindliches Handelsgeschäft (Hofladen) und ebenso das räumlich getrennte Handelsgeschäft sind Bestandteile des landwirtschaftlichen Betriebs, wenn darin ausschließlich Eigenprodukte vertrieben werden.

2. Werden in dem Hofladen oder dem Handelsgeschäft zugekaufte Produkte abgesetzt, entsteht neben dem landwirtschaftlichen Betrieb ein selbständiger Gewerbebetrieb, wenn der Nettoumsatzanteil aus den zugekauften Produkten ein Drittel des Nettogesamtumsatzes des Hofladens bzw. des Handelsgeschäfts oder 51 500 EUR nachhaltig übersteigt.

3. Fremdprodukte, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses verwendet werden, sind nicht in die Ermittlung der schädlichen Zukaufsgrenze einzubeziehen.

4. Die nachhaltige Überschreitung der Zukaufsgrenzen führt nur zur Umqualifizierung sämtlicher im Hofladen oder Handelsgeschäft getätigter Umsätze.

5. Das Vorliegen einer nachhaltigen Überschreitung der Zukaufsgrenzen beurteilt sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zum Strukturwandel im Bereich der Landwirtschaft (Senatsurteil vom 14. Dezember 2006 IV R 10/05, BFHE 216, 241, BStBl II 2007, 516).


Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Einnahmen aus einem Hofladen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, weil dort neben den landwirtschaftlichen Eigenerzeugnissen auch Handelswaren an den Endverbraucher verkauft worden sind.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Erben des Ende 1995 verstorbenen X. X war in den Streitjahren (1992 und 1994) Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (Schweinemast, Anbau von Spargel, Himbeeren und Erdbeeren). Einen Teil der selbsterzeugten landwirtschaftlichen Produkte, der in den Streitjahren jeweils weniger als 40% ausmachte, sowie daneben auch zugekaufte Handelsware (Wurst, Schinken, Sauce Hollandaise, Heidelbeerwein, Wein, Marmelade, Nudeln, Liköre) verkaufte X in einem Ladengeschäft auf seiner Hofstelle (Hofladen) direkt an die Endverbraucher. Die übrigen Erzeugnisse wurden ab Hofstelle an Wiederverkäufer bzw. weiterverarbeitende Betriebe veräußert.

Die Umsätze stellten sich in den Streitjahren wie folgt dar:

 Wirtschaftsjahr1992/93DM1993/94DM1994/95DM
Umsatz Ab-Hof-Verkauf Endverbraucher (Hofladen)331 207456 690478 102
Zukauf Handelsware23 10036 93630 534
Umsatz aus zugekaufter Handelsware33 03352 81843 664

X behandelte den Hofladen als Teil des landwirtschaftlichen Betriebs und ermittelte die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) für das Normalwirtschaftsjahr (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG: 1. Juli bis 30. Juni).

Nach einer Außenprüfung gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) dem Prüfer folgend zu der Auffassung, dass die Einkünfte aus dem Betrieb des Hofladens (Erlöse Endverbraucher) aufgrund des erheblichen Zukaufs von Handelswaren nicht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien. Da der Hofladen von dem übrigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb räumlich getrennt sei und die selbsterzeugten landwirtschaftlichen Produkte regelmäßig und nach den Berechnungen des Prüfers nachhaltig zu weniger als 40% im Hofladen abgesetzt worden seien, sah das FA den Hofladen als selbständigen Gewerbebetrieb an und erließ für die Streitjahre Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag.

Nach Klageerhebung erließ das FA geänderte Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag, in denen der Gewinn aus Gewerbebetrieb aus vorliegend nicht mehr streitigen Gründen höher angesetzt worden ist. Die Klage hatte lediglich insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) die während des Klageverfahrens erlassenen Gewerbesteuermessbetragsbescheide aufgehoben hat.

Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, dass der Hofladen einen vom land- und forstwirtschaftlichen Betrieb getrennt zu beurteilenden selbständigen Betrieb darstelle und der gesamte Gewinn des Hofladens der Gewerbesteuer unterliege.

Der Hofladen sei nicht unselbständiger Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des X gewesen, da über ihn nicht mehr als 40% der landwirtschaftlichen Erzeugnisse vertrieben worden seien. Er sei wegen des erheblichen Zukaufs von Handelswaren, die weder für den Erzeugungsprozess notwendig oder betriebstypisch gewesen seien, noch der Vervollständigung der Produktpalette gedient hätten, insgesamt als Gewerbebetrieb anzusehen. Der Zukauf der Handelswaren könne auch nicht wegen Unerheblichkeit für die Beurteilung der Gewerblichkeit unberücksichtigt bleiben. Davon könne jedenfalls dann nicht die Rede sein, wenn, wie im Streitfall, die mit den Handelswaren erzielten Umsätze über der Nichtveranlagungsgrenze für Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes lägen. Auch bei einer ausschließlich prozentualen Beurteilung sei die Unerheblichkeit im Streitfall zu verneinen, da der Handelswarenumsatz im Durchschnitt mehrerer Jahre über 10% des Gesamtumsatzes des Hofladens gelegen habe.

Der Hofladen unterliege als einheitlicher Betrieb der Gewerbesteuer. Im Streitfall sei eine Aufteilung des Hofladens in einen der Land- und Forstwirtschaft zuzuordnenden Bereich "Verkauf der Eigenerzeugnisse" und einen Gewerbebetrieb "Verkauf des Zukaufs" nicht möglich. Eine Trennung der beiden Verkaufsbereiche in finanzieller, wirtschaftlicher oder organisatorischer Hinsicht habe nicht stattgefunden.

Die vollständigen Urteilsgründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 210 abgedruckt.

Dagegen wenden sich die Kläger mit der zugelassenen Revision.

Die von dem FA und FG vorgenommene Zuordnung des Hofladens zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb sei nicht sachgerecht. Sie führe im Ergebnis dazu, dass die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion und Tierhaltung wegen einer geringfügigen Handelstätigkeit zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert würde, jedenfalls aber ihrer Gewinne entkleidet werde und sich im Ergebnis als einkunftslose Einkunftsart darstelle.

Sowohl die Herstellung landwirtschaftlicher Erzeugnisse als auch deren Veräußerung sei jedoch integrierter Bestandteil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Der Absatz der landwirtschaftlichen Eigenerzeugnisse erfolge daher unabhängig von der Vertriebsart grundsätzlich nicht im Nebenbetrieb.

Die Tätigkeiten des Steuerpflichtigen, die mehrere Einkunftsarten beträfen, seien grundsätzlich auf die verschiedenen Einkunftsarten aufzuteilen. Voraussetzung sei nur, dass sich die Tätigkeiten trennen ließen. Das Vorliegen organisatorisch eigenständiger Betriebe sei dafür jedoch nicht erforderlich. Nur wenn die Tätigkeiten untrennbar miteinander verwoben seien und sich gegenseitig bedingten, sei von einem einheitlichen Betrieb auszugehen. Diese Auffassung werde auch durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. Oktober 2008 VIII R 53/07 (BStBl II 2009, 143) bestätigt. Auf den Streitfall übertragen würde dies bedeuten, dass der Absatz der landwirtschaftlichen Eigenerzeugnisse den land- und forstwirtschaftlichen Einkünften und der Absatz der Handelswaren, die nicht als Ergänzung für die landwirtschaftlichen Produkte anerkannt worden seien, den gewerblichen Einkünften zuzurechnen sei.

Gehe man demgegenüber von einer untrennbaren, einheitlichen Tätigkeit aus, müsste als Abgrenzungskriterium auf einen Umsatz-Umsatz-Vergleich abgestellt werden. Sei eine einheitliche Zuordnung geboten, müsse ebenfalls eine einheitliche Zukaufsgrenze gelten. Eine Differenzierung nach Art der zugekauften Waren sei nicht sachgerecht.

Eine Zukaufsgrenze von Null für bestimmte Handelswaren sei daher nur zutreffend, wenn diese keinerlei Bezug zur landwirtschaftlichen Absatztätigkeit hätten. Diese Einkünfte wären dann aber in einem selbständigen Gewerbebetrieb angefallen. Auf den Streitfall übertragen, wären die Gewerbesteuermessbetragsbescheide zwar nicht aufzuheben, der Gewerbesteuermessbetrag aber auf Null DM herabzusetzen, da die gewerblichen Einkünfte unter dem Freibetrag (§ 11 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes) gelegen hätten.

Dieses Ergebnis zeige zugleich, dass das von der Vorinstanz bemühte Argument der Wettbewerbsneutralität nicht zutreffend sei.

Im Streitfall hätten die Kläger insoweit noch "Glück" gehabt, dass X nicht mehr als 40% der landwirtschaftlichen Erzeugnisse über seinen Hofladen abgesetzt gehabt habe. Anderenfalls hätte die Rechtsauffassung des FA zur Konsequenz gehabt, dass die gesamte landwirtschaftliche Produktionstätigkeit als Gewerbebetrieb zu beurteilen gewesen wäre.

Soweit eine Geringfügigkeitsgrenze in Betracht zu ziehen sei, müsse sie sich an den gewerbesteuerlichen Auswirkungen orientieren. Eine gewerbliche Betätigung könne daher nur insoweit zu einer Umqualifizierung der landwirtschaftlichen Einkünfte führen, als die gewerblichen Einkünfte den gewerbesteuerlichen Freibetrag überschritten. Dies sei im Streitfall aber nicht der Fall gewesen.

Im Übrigen sei auch die 10%-Grenze im Streitfall nicht überschritten worden, da nicht auf die Brutto-, sondern auf die Nettoumsätze abzustellen sei. Letztere hätten die 10%-Grenze nicht überschritten.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Vorentscheidung und die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide 1992 und 1994 sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt es im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen des FG und ergänzt und vertieft diese.

II.

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und der Klage stattgegeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten. Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass der Gewinn aus dem Hofladen der Gewerbesteuer unterliegt.

1.

Der Hofladen ist in den Streitjahren unselbständiger Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des X gewesen. Die daraus erzielten Einkünfte sind solche aus Land- und Forstwirtschaft.

a)

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die Einkünfte aus dem Betrieb von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau und aus allen Betrieben, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen.

b)

Neben der Erzeugung der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Produkte ist auch deren Vermarktung und Veräußerung keine gewerbliche Tätigkeit. Der Verkauf der selbstgewonnenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse ab Hof, in Räumlichkeiten, die nicht gesondert für den Verkauf hergerichtet sind, oder die Auslieferung der Erzeugnisse an die Kunden ist unabhängig davon, ob es sich um Wiederverkäufer oder Endverbraucher handelt, stets Teil der landwirtschaftlichen Urproduktion.

Erfolgt der Verkauf der selbstgewonnenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse dagegen in einer eigens dafür eingerichteten Verkaufsstelle auf dem Hof oder über ein davon räumlich getrenntes Handelsgeschäft (Marktstand, Einzelhandelsgeschäft, Großhandelsgeschäft), ist grundsätzlich zunächst darüber zu befinden, ob es sich um einen einheitlichen Betrieb oder zwei getrennte Betriebe handelt; nämlich einerseits um einen landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieb und andererseits um einen gewerblichen Handelsbetrieb.

Die Entscheidung darüber ist davon abhängig, ob in dem Handelsgeschäft ausschließlich selbsterzeugte Produkte oder daneben auch zugekaufte Produkte abgesetzt werden.

aa)

Die auf dem Hof befindliche Verkaufsstelle oder das auf dem Hof befindliche Handelsgeschäft (sog. Hofladen), in dem ausschließlich Eigenerzeugnisse verkauft werden, ist grundsätzlich Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebs (BFH-Urteil vom 27. November 1980 IV R 31/76, BFHE 131, 555, BStBl II 1981, 518).

bb)

Dies gilt gleichermaßen für das räumlich getrennte Handelsgeschäft, wenn darin ebenfalls ausschließlich Eigenerzeugnisse verkauft werden. Die Annahme eines einheitlichen landwirtschaftlichen Betriebs hängt in diesem Fall nicht davon ab, wie groß der Anteil der eigenen Erzeugnisse ist, die über das Handelsgeschäft abgesetzt werden (ebenso R 15.5 Abs. 6 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 2005, soweit der Zukauf fremder Erzeugnisse einen bestimmten Umfang nicht überschreitet). Soweit der Senat im Urteil in BFHE 131, 555, BStBl II 1981, 518 unter Bezugnahme auf die frühere Senatsrechtsprechung (u.a. Urteil vom 26. November 1964 IV 285/62 U, BFHE 81, 248, BStBl III 1965, 90) das Vorliegen eines einheitlichen Betriebs davon abhängig gemacht hat, dass in dem Handelsgeschäft Eigenerzeugnisse zu mehr als 40% abgesetzt werden müssen, hält er daran nicht mehr fest. Allein die räumliche Trennung von der Hofstelle vermag eine unterschiedliche Würdigung eines Handelsgeschäfts gegenüber einem Hofladen nicht zu begründen. Unabhängig von der räumlichen Nähe dienen beide Absatzstellen, soweit über sie ausschließlich Eigenerzeugnisse abgesetzt werden, ausschließlich dem Erzeugerbetrieb. Es ist daher sachgerecht, in beiden Fällen von dem Vorliegen eines einheitlichen landwirtschaftlichen Betriebs auszugehen.

Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass der Laden, über den ausschließlich Eigenerzeugnisse vertrieben werden, kein Nebenbetrieb i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist (insoweit zutreffend: R 15.5 Abs. 3 Satz 5 EStR 2005). Soweit der Senat im Urteil vom 12. Dezember 1996 IV R 78/95 (BFHE 182, 155, BStBl II 1997, 427) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran ebenfalls nicht mehr fest.

cc)

Werden in dem Hofladen neben den Eigenerzeugnissen auch zugekaufte Produkte abgesetzt, so führt dies zu der Entstehung eines selbständigen Gewerbebetriebs, der neben den landwirtschaftlichen Betrieb tritt, wenn der Nettoumsatzanteil aus den zugekauften Produkten ein Drittel des Nettogesamtumsatzes des Hofladens oder 51 500 EUR (100 000 DM) im Wirtschaftsjahr nachhaltig übersteigt.

(1)

Der Zukauf fremder Produkte in einer solchen Größenordnung ist für einen auf den Absatz eigener Produkte eingerichteten Laden derart wesensfremd, dass dieser seine Verbindung mit dem landwirtschaftlichen Betrieb verliert. Mit dem nachhaltigen Absatz auch fremder Produkte in dem Hofladen gibt der Landwirt zu erkennen, dass er nunmehr auch als Händler tätig wird.

Zugekaufte Produkte sind neben betriebstypischen und betriebsuntypischen landwirtschaftlichen Erzeugnissen alle sonstigen Handelswaren. In die Ermittlung der Zukaufsgrenze werden lediglich die Fremdprodukte nicht einbezogen, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses im eigenen Betrieb verwendet werden. Darunter fallen etwa Saatgut, Dünger, Jungpflanzen oder Jungtiere (ebenso R 15.5 Abs. 5 Satz 1 EStR 2005). In den Richtlinien (R 15.5 Abs. 5 und 6 EStR 2005) wird zudem danach differenziert, ob es sich um zugekaufte betriebstypische Erzeugnisse handelt, dann sollen mehr als 30% des Einkaufswerts gemessen am Gesamtumsatz des Betriebs zur Umqualifikation führen, oder um Handelswaren zur Vervollständigung einer für die Art des Erzeugerbetriebs üblichen Produktpalette, dann sollen bereits mehr als 10% des Einkaufswerts zur Umqualifizierung führen. Dieser Unterscheidung vermag der Senat indes nicht zu folgen. Die Differenzierung nach Art der zugekauften Produkte erscheint nicht sachgerecht. Unabhängig von der Art der zugekauften Ware wird der Landwirt bei deren Weiterveräußerung als typischer Händler tätig und tritt damit in Konkurrenz zu den gewerblichen Händlern. Zudem lassen sich weder für die Beurteilung als betriebstypische Erzeugnisse, noch für die Beurteilung als Handelswaren, die zur Abrundung der Produktpalette dienen, griffige und leicht nachprüfbare Kriterien bilden. Art und Umfang des unschädlichen Zukaufs sind daher im Einzelfall für den Steuerpflichtigen nicht vorhersehbar.

Zur Feststellung des Umfangs des Zukaufs ist entgegen den Richtlinien (R 15.5 Abs. 5 EStR 2005) nicht auf das Verhältnis des Einkaufswerts zum Umsatz, sondern auf das Verhältnis des mit den zugekauften Produkten erzielten Umsatzes zum Gesamtumsatz des Hofladens abzustellen. Ein Einkaufswert-Umsatz-Vergleich knüpft an nicht vergleichbare unterschiedliche Bewertungsgrößen an, die auf verschiedenen Ebenen liegen (so bereits Senatsurteil in BFHE 131, 555, BStBl II 1981, 518, m.w.N.). Diese Vergleichsmethode führt insbesondere in den Fällen zu nicht vertretbaren Ergebnissen, in denen die zugekauften Produkte mit einem erheblichen Aufschlagsatz weiterveräußert werden (vgl. mit weiteren instruktiven Berechnungen: Schild, Deutsches Steuerrecht 1997, 642 ff.).

Die Drittelgrenze bezieht sich nicht auf den Gesamtumsatz, sondern lediglich auf den im Hofladen erzielten Umsatz. Da die Absatztätigkeit im Hofladen, soweit auch zugekaufte Produkte veräußert werden, von der übrigen landwirtschaftlichen Tätigkeit trennbar ist (dazu unten (2)), ist es sachgerecht, nur die im Hofladen erzielten Umsätze für die Abgrenzung heranzuziehen.

(2)

Die Überschreitung der schädlichen Zukaufsgrenzen führt entgegen der bisherigen Rechtsprechung (u.a. Senatsurteile vom 15. November 1956 IV 430/55 U, BFHE 64, 95, BStBl III 1957, 37, und in BFHE 131, 555, BStBl II 1981, 518) lediglich dazu, dass sämtliche im Hofladen getätigten Umsätze in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden. Eine Umqualifizierung der gesamten Produktionstätigkeit des Landwirts sowie des Abverkaufs der selbstgewonnenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse ab Hof in Räumlichkeiten, die nicht gesondert für den Verkauf hergerichtet sind, oder die Auslieferung der Erzeugnisse an die Kunden erfolgt nicht.

Insoweit kann die Trennbarkeit der unterschiedlichen Tätigkeiten eines Landwirts nicht anders beurteilt werden als die Tätigkeit eines Steuerpflichtigen, der sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. In letzterem Fall geht die Rechtsprechung davon aus, dass die verschiedenen Tätigkeiten grundsätzlich trennbar sind. Eine einheitliche Beurteilung der Tätigkeiten wird lediglich ausnahmsweise dann bejaht, wenn die Tätigkeitsmerkmale derart miteinander verflochten sind und die Tätigkeiten sich gegenseitig unlösbar bedingen, dass eine Trennung gegen die Verkehrsauffassung verstieße (zuletzt BFH-Urteil in BStBl II 2009, 143, mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung). Dabei hat der BFH lediglich auf die einzelnen Tätigkeiten abgestellt. Demgegenüber hat er dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, dass die Tätigkeiten im selben Betrieb entfaltet worden sind, die im Betrieb anfallenden Gemeinkosten daher nicht von vornherein den einzelnen Tätigkeitsbereichen zugeordnet werden konnten und diese ggf. im Schätzungswege aufzuteilen sind (vgl. Senatsurteil vom 7. November 1991 IV R 17/90, BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324). Für die Trennbarkeit der Tätigkeiten ist daher ebenso wenig eine getrennte Buchführung erforderlich (BFH-Urteil in BStBl II 2009, 143).

Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft geht zudem auch der Gesetzgeber von einer grundsätzlichen Trennbarkeit der Einkünfte trotz gleicher Betätigung aus. So kann die Überschreitung der Vieheinheitengrenze gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 51 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes dazu führen, dass ein Teil der Tierhaltung und Tierzucht der gewerblichen Nutzung und ein anderer Teil (weiterhin) der landwirtschaftlichen Nutzung zugerechnet wird.

Davon ausgehend ist die gesamte Verkaufstätigkeit im Hofladen, wenn darin zugekaufte Produkte in der oben dargelegten schädlichen Höhe veräußert werden, als eine trennbare Tätigkeit anzusehen. Erst mit dem Zukauf und Absatz fremder Produkte verhält sich der Landwirt händlertypisch, was eine Einordnung der Verkaufstätigkeit im Hofladen als gewerblich rechtfertigt. Diese gesonderte Verkaufstätigkeit lässt sich von der übrigen landwirtschaftlichen Tätigkeit ohne Weiteres trennen.

Aufgrund des lokal vermengten Absatzes eigenerzeugter Produkte und zugekaufter Produkte ist die gesamte Absatztätigkeit im Hofladen einheitlich als Gewerbebetrieb zu beurteilen. Eine darüber hinausgehende weitere Trennung der im Hofladen getätigten Verkäufe dahin, dass ausschließlich die Umsätze mit den zugekauften Produkten zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, hält der Senat schon angesichts der räumlichen Verbundenheit und der Kundenidentität weder für geboten noch für sachgerecht.

(3)

Ob eine nachhaltige Überschreitung der Zukaufsgrenzen vorliegt, beurteilt sich nach denselben Kriterien, die der Senat auch in anderen Fällen des Strukturwandels im Bereich der Landwirtschaft zu Grunde legt (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 14. Dezember 2006 IV R 10/05, BFHE 216, 241, BStBl II 2007, 516, und vom 20. September 2007 IV R 32/06, BFH/NV 2008, 569). Danach ist zu unterscheiden zwischen dem sofortigen und dem allmählichen Strukturwandel. Ersterer ist zu bejahen, wenn die Überschreitung der Zukaufsgrenze durch eine planmäßige Handlung des Landwirts dauerhaft überschritten wird, etwa durch den Abschluss langfristiger Abnahmeverträge mit Lieferanten. Beruht die Über- bzw. Unterschreitung nicht auf Maßnahmen, die von Anfang an einen Gewerbebetrieb begründen (etwa bei einmaligem erhöhten Zukauf bedingt durch witterungsbedingte Produktionsschwankungen), ist nach Ablauf eines Beobachtungszeitraums von drei Jahren ab dem vierten Wirtschaftsjahr ein Gewerbebetrieb anzunehmen.

dd)

Die oben unter cc) dargelegten Abgrenzungskriterien gelten gleichermaßen für den Fall, dass der Landwirt seine selbsterzeugten Produkte in einem vom Hof räumlich getrennten Handelsgeschäft (Marktstand, Einzelhandelsgeschäft, Großhandelsgeschäft) vertreibt.

c)

Unter Heranziehung dieser Grundsätze sind die von X in den Streitjahren im Hofladen erzielten Umsätze als solche aus Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren.

Nach den Feststellungen des FG lagen die Umsätze mit zugekauften Produkten in den hier maßgebenden Wirtschaftsjahren deutlich unter einem Drittel der im Hofladen getätigten Gesamtumsätze. Auch die absolute Höhe der mit den zugekauften Produkten erzielten Umsätze hat die schädliche Grenze von 51 500 EUR (in den Streitjahren 100 000 DM) nicht überschritten.

2.

Die Sache ist spruchreif. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und der Klage stattzugeben.



Ende der Entscheidung

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