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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 23.09.1999
Aktenzeichen: IV R 41/98
Rechtsgebiete: EStG, EStDV


Vorschriften:

EStG § 4a Abs. 2 Nr. 2
EStDV § 8b Satz 2 Nr. 2
BUNDESFINANZHOF

Ermittelt ein Freiberufler seinen Gewinn für ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, kann die Gewinnermittlung der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Der im Kalenderjahr bezogene Gewinn ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dies kann in der Regel durch eine zeitanteilige Aufteilung der für die abweichenden Wirtschaftsjahre ermittelten Gewinne erfolgen.

EStG § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStDV § 8b Satz 2 Nr. 2

Urteil vom 23. September 1999 - IV R 41/98 -

Vorinstanz: FG München (EFG 1998, 998)


Gründe

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger war Fotograf und erzielte insoweit Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie gewerbliche Einkünfte.

Für die gesamte unternehmerische Tätigkeit des Klägers bestand eine einheitliche Buchführung, die jeweils den Zeitraum vom 1. März eines Jahres bis zum 28./29. Februar des Folgejahres umfaßte. Aus dieser einheitlichen Buchführung entwickelte der Kläger seit 1978 sowohl Bilanzen für den Gewerbebetrieb als auch für die Tätigkeit als Fotograf auf den Stichtag 28./29. Februar.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hatte diese Art der Gewinnermittlung auch nach einer Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1976 bis 1979 nicht beanstandet. Im Rahmen einer im November 1989 abgeschlossenen Außenprüfung für den Zeitraum 1986 bis 1988 kam der Prüfer jedoch zu der Auffassung, daß für die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit Gewinnermittlungszeitraum das Kalenderjahr sein müsse. Von einer rückwirkenden Ablehnung der Gewinnermittlungen nach dem abweichenden Wirtschaftsjahr wurde unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg vom 2. Dezember 1982 I 172/80 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1983, 454) abgesehen. Dem Kläger wurde aber aufgegeben, den Gewinn insoweit künftig nach dem Kalenderjahr zu ermitteln. Im Prüfungsbericht wurden bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens die freiberuflichen Einkünfte aufgrund der um die sonstigen Prüfungsfeststellungen ergänzten, im übrigen aber unveränderten Gewinnermittlung des Klägers für den Zeitraum 1. März 1987 bis 29. Februar 1988 erfaßt. Dementsprechend erließ das FA einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1988 und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Für das Streitjahr 1989 errechnete der Kläger aus der für seine gesamte unternehmerische Tätigkeit aufgestellten einheitlichen Bilanz zum 28. Februar 1989 sowie aus den Summen- und Saldenlisten der laufenden Buchführung bis zum 31. Dezember 1989 den Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit 1989. Den so ermittelten Betrag von 414 216,85 DM wiesen die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung aus. Dem folgte das FA zunächst und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Ergebnis unbesteuert blieb dadurch der auf den Zeitraum vom 1. März 1988 bis 31. Dezember 1988 entfallende Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit, den der Kläger in einer Anlage zur Einkommensteuererklärung 1989 mit 303 222,02 DM beziffert hatte. Das erkannte das FA erst später und vertrat dann die Auffassung, dieser Gewinn sei zusätzlich im Streitjahr 1989 zu erfassen.

Einspruch und Klage gegen den auch noch aus anderen Gründen erlassenen Änderungsbescheid vom 25. Februar 1992 hatten keinen Erfolg. Das FG führte zur Begründung seiner Entscheidung (EFG 1998, 998) im wesentlichen aus, der zwischen dem 1. März und 31. Dezember 1988 erzielte Gewinn sei in entsprechender Anwendung von § 4a Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) im Streitjahr zu besteuern.

Mit der vom FG zugelassenen Revision machen die Kläger geltend, der Gewinn für die Zeitspanne vom 1. März bis 31. Dezember 1988 hätte nicht im Streitjahr, sondern im Jahr 1988 angesetzt werden müssen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Einkommensteuerbescheid 1989 vom 25. Februar 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung mit der Maßgabe abzuändern, daß Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 414 216 DM angesetzt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Herabsetzung der festgesetzten Einkommensteuer (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der in der Zeit vom 1. März 1988 bis zum 31. Dezember 1988 erzielte Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit darf nicht im Streitjahr besteuert werden.

1. Die Einkommensteuer ist nach den Regelungen im EStG eine Jahressteuer. Sie wird gemäß § 25 Abs. 1 EStG jährlich und nach dem im Veranlagungzeitraum bezogenen Einkommen veranlagt. Die Grundlagen für die Festsetzung sind im Fall unbeschränkter Steuerpflicht während des ganzen Jahres jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln (§ 2 Abs. 7 Satz 2 EStG). Eine Ausnahme davon gilt nur für Land- und Forstwirte oder Gewerbetreibende, deren Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln ist (§ 4a Abs. 1 Satz 1 EStG).

2. Der Kläger war, soweit er Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Fotograf erzielte, freiberuflich tätig (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit sind dementsprechend für das Kalenderjahr zu ermitteln. Für den streitigen Veranlagungszeitraum 1989 sind die vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1989 bezogenen Einkünfte aus der Tätigkeit als Fotograf Besteuerungsgrundlage.

3. Zu Unrecht hat das FG angenommen, daß im Streitfall unter Erweiterung des Zeitraums für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen auch der auf die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1988 entfallende Gewinn im Jahr 1989 zu erfassen sei.

a) Ermittelt der Steuerpflichtige unzulässigerweise seinen Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr, kann die Gewinnermittlung der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist der im Kalenderjahr bezogene Gewinn im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dies kann in der Regel durch eine zeitanteilige Aufteilung der Gewinne geschehen, die für die das Kalenderjahr berührenden abweichenden Wirtschaftsjahre ausgewiesenen worden sind. So ist auch zu verfahren, wenn das FA in früheren Jahren fehlerhaft die Gewinnermittlung für ein abweichendes Wirtschaftsjahr zugelassen hat. Die Grundsätze von Treu und Glauben könnten einer Umrechnung auf das Kalenderjahr allenfalls insoweit entgegenstehen, als es zur Doppelerfassung eines bereits in dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum bestandskräftig besteuerten Gewinns kommen würde. Deshalb kommt eine Bindung des FA an die früher fehlerhaft akzeptierte Gewinnermittlung für ein abweichendes Wirtschaftsjahr nicht in Betracht (a.A. FG Baden-Württemberg in EFG 1983, 454).

b) Im Streitfall kann dahinstehen, für welchen Veranlagungszeitraum das FA seinen Fehler hätte korrigieren müssen, denn jedenfalls würde sich dabei nicht eine Einbeziehung des in der Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1988 erzielten Gewinns in die Einkünfteermittlung für das Jahr 1989 ergeben. Nachdem das FA durch die Außenprüfung auf die fehlerhafte Gewinnermittlung aufmerksam gemacht worden war, hätte es spätestens für das letzte Jahr des Prüfungszeitraums, also für 1988, eine Umrechnung auf das Kalenderjahr vornehmen müssen. Wenn, wie das FG meint, die Grundsätze für die Umstellung von einem zulässigerweise abweichenden Wirtschaftsjahr eines Gewerbetreibenden auf ein dem Kalenderjahr entsprechendes Wirtschaftsjahr auch bei der Umstellung von einem unzulässig gewählten abweichenden Wirtschaftsjahr analog gelten sollten, würden sich daraus keine Folgen für das Streitjahr 1989 ergeben.

Zwar enden im Veranlagungszeitraum der Umstellung von einem zulässigerweise abweichenden Wirtschaftsjahr eines Gewerbetreibenden auf das Kalenderjahr zwei Wirtschaftsjahre, denn nach dem letzten abweichenden Wirtschaftsjahr beginnt ein Rumpfwirtschaftsjahr, das bis zum Ende des Kalenderjahrs läuft (§ 8b Satz 2 Nr. 2 EStDV). Daraus ergibt sich, daß nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG der Gewinn des letzten abweichenden Wirtschaftsjahrs und der Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahrs als in dem Kalenderjahr der Umstellung bezogen gelten. Der Ermittlungszeitraum für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beträgt insoweit mehr als ein Jahr (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14. Oktober 1987 I R 381/83, BFH/NV 1989, 141). Im Streitfall würde diese Rechtsfolge aber jedenfalls einen vor dem Streitjahr liegenden Veranlagungszeitraum betreffen. Es kann deshalb unentschieden bleiben, ob diese Grundsätze überhaupt auf die Umstellung von einem unzulässigerweise gewählten abweichenden Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr entsprechend angewendet werden können.

4. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Kalenderjahr 1989 belaufen sich --wie im ursprünglichen Bescheid angesetzt und der Höhe nach nicht streitig-- auf 414 216 DM. Dahingehend ist der angefochtene Bescheid zu ändern.

Ende der Entscheidung

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