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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 13.05.2004
Aktenzeichen: IV R 56/02
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 108
AO 1977 § 108 Abs. 3
AO 1977 § 122 Abs. 2
AO 1977 § 122 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Im Juni 1991 ging beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) eine Mitteilung über die Gewerbeanmeldung eines ... in der Rechtsform einer aus der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und der Beigeladenen bestehenden GbR ein. 1993 wurde das Gewerbe wieder abgemeldet.

Da eine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 1991 der GbR nicht abgegeben wurde, erließ das FA am 18. August 1994 einen Bescheid, in dem der Gewinn des Jahres 1991 auf ... DM geschätzt und in Höhe von ... DM der Klägerin zugerechnet wurde. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2000, die einem entsprechenden Vermerk zufolge am selben Tag, einem Donnerstag, zur Post gegeben wurde, als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17. August 2000 Klage erhoben, die am selben Tag beim Finanzgericht (FG) einging.

Auf einen gerichtlichen Hinweis, dass die Klage möglicherweise verspätet erhoben worden sei, trug die Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor, die Einspruchsentscheidung sei ihr ausweislich ihres Eingangsstempels erst am 17. August (gemeint ist Juli) 2000, einem Montag, zugestellt worden. Aufgrund der Praxis der Post werde das Haus, in dem sie ihr Büro unterhalte, samstags nicht mit Post beliefert.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Das geschilderte Verhalten der Post beruhe auf einer Vereinbarung zwischen der Post und einer "Consulting-GmbH", die die eingehenden Postsendungen für alle Nutzer des Gebäudes entgegengenommen und verteilt habe. Diese Vereinbarung müsse sich die Prozessbevollmächtigte zurechnen lassen.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der die Verletzung der §§ 108, 122 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gerügt wird.

Die Klägerin beantragt,

das vorinstanzliche Urteil aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entgegen der vom FG vertretenen Auffassung ist die Klage nicht verspätet erhoben worden.

Die Einspruchsentscheidung ist am 13. Juli 2000 zur Post gegeben worden. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 gilt als Bekanntgabedatum eines Verwaltungsaktes der dritte Tag nach seiner Aufgabe zur Post, außer wenn er nicht oder verspätet zugegangen ist. Danach hätte als Tag der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung der 16. Juli 2000 zu gelten. Der 16. Juli 2000 war jedoch ein Sonntag. Nach § 108 Abs. 3 AO 1977 tritt an die Stelle des letzten Tages einer Frist, soweit es sich um einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend handelt, der nächste Werktag. Das war Montag, der 17. Juli 2000. Mithin ist die Klage am 17. August 2000 nicht verspätet beim FG eingegangen (§ 47 Abs. 1 FGO).

Die in § 108 Abs. 3 AO 1977 angeordnete Verschiebung des Fristendes gilt auch für die "Dreitage-Regelung" des § 122 Abs. 2 AO 1977. Zur Begründung verweist der Senat auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Oktober 2003 IX R 68/98 (BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898). Der Senat hat einer Abweichung von seiner gegenteiligen Rechtsprechung zugestimmt, nachdem das Bundesministerium der Finanzen (BMF) sich der nunmehr im Urteil in BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898 vertretenen Auffassung angeschlossen hatte (BFH-Beschluss vom 23. September 2003 IX R 68/98, BFHE 202, 431, BStBl II 2003, 875; vgl. auch Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 108 Nr. 2, BMF-Schreiben vom 12. Januar 2004, BStBl I 2004, 31).

Da die Vorentscheidung auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Durch die Zurückverweisung erhält das FG Gelegenheit, das Klagebegehren in der Sache zu prüfen.

Die Beteiligten haben nicht übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet. Der Senat entscheidet durch Gerichtsbescheid (§ 90a Abs. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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