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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.04.2009
Aktenzeichen: IV S 5/09
Rechtsgebiete: FGO, AO


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2 S. 2
FGO § 69 Abs. 3 S. 1
FGO § 121 S. 1
AO § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b
AO § 30 Abs. 4 Nr. 1
AO § 118 Abs. 1
AO § 196
AO § 197 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Mehrheitsgesellschafter der Komplementärin der Klägerin und einziger Kommanditist ist N.

Die Strafsachen- und Bußgeldstelle des Beklagten, Beschwerdegegners und Antragsgegners (Finanzamt --FA--) leitete am 22. November 1999 ein Steuerstrafverfahren gegen N wegen des Verdachts der Verkürzung von Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1992 bis 1996 ein. Am 18. November 2002 erweiterte das FA das Verfahren wegen des Verdachts der Verkürzung von Einkommensteuer 1992 bis 2000 und Vermögensteuer 1993 bis 1996 durch unvollständige Erklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen sowie des Kapitalvermögens. Dabei ging es um Kapitalanlagen in der Schweiz.

Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin für den Zeitraum 1997 bis 2001 fielen der Prüferin A Privateinlagen in Höhe von insgesamt ca. 300 000 DM auf, die N mit Erlösen aus Wertpapierverkäufen erläuterte. Im Rahmen einer Besprechung u.a. zwischen A, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und ihrem Steuerberater regte der Steuerberater an, die Klärung der Prüfungsfragen hinsichtlich der Privateinlagen dem Steuerfahnder zu überlassen. A leitete daraufhin ihre Feststellungen zu den Privateinlagen an den Steuerfahnder weiter.

Am 15. Mai 2008 erließ das FA gegenüber der Klägerin die Anordnung einer Außenprüfung für die Kalenderjahre 2002 bis 2005. Zu prüfen sind danach die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer. In der Prüfungsanordnung war als Prüferin A vorgesehen.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Die Klägerin wandte jeweils im Wesentlichen ein, A sei befangen (§ 83 der Abgabenordnung --AO--) und N sei aufgrund der erheblichen Differenzen zwischen ihm und A gesundheitlich schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Wegen Nichtzulassung der Revision legte die Klägerin am 7. Januar 2009 Beschwerde ein.

Am 26. Februar 2009 stellte die Klägerin beim Bundesfinanzhof (BFH) den Antrag "auf Erlass einer einstweiligen Anordnung" und beantragte sinngemäß, die Vollziehung der Prüfungsanordnung in Gestalt der Einspruchsentscheidung, soweit darin die Prüferin bestimmt werde, auszusetzen.

II.

Der Antrag der Klägerin hat keinen Erfolg.

1.

Er ist nicht als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 114 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), sondern als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung --AdV-- (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO) auszulegen. Denn eine einstweilige Anordnung ist nicht statthaft, wenn --wie im Streitfall-- eine AdV in Betracht kommt (§ 114 Abs. 5 FGO).

2.

Gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

a)

Wird der Antrag auf AdV --wie im vorliegenden Fall-- während der Anhängigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH gestellt, so können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes nur dann bestehen, wenn ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu rechnen ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 23. Januar 2004 IV S 19/03, BFH/NV 2004, 793, und vom 13. Oktober 2005 X S 14/05, BFH/NV 2006, 114).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird voraussichtlich erfolglos sein.

aa)

Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 3. März 2006 V B 80/05, BFH/NV 2006, 1250, m.w.N.). Sie muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein (BFH-Beschluss vom 19. Juli 2007 V B 222/06, BFHE 217, 310, BStBl II 2008, 163, m.w.N.).

Eine Rechtsfrage ist u.a. nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung dieser Frage geboten erscheinen lassen (BFH-Beschlüsse vom 4. Mai 1999 IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587; vom 29. März 2005 XI B 242/03, BFH/NV 2005, 1236).

Diese Voraussetzungen müssen dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

(1)

Die Klägerin misst der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob die "Konkretisierungen des Inhaltes der Prüfungsanordnung gem. § 197 Abs. 1 Satz 1 AO ... wesentliche mit Innen- und Außenwirkung behaftete Einzelfallregelungen und Bestandteile der Prüfungsanordnung gem. § 196 AO mit den rechtlichen Wirkungen eines Verwaltungsaktes" sind. Zumindest stelle "bei einer Wiederholungsprüfung die wiederholte Bestimmung und Bekanntmachung des oder der Prüfer im Verhältnis zum Steuerpflichtigen einen Verwaltungsakt gem. § 118 Abs. 1 AO" dar.

(2)

In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass gegen die Bestimmung des Betriebsprüfers kein Rechtsbehelf gegeben ist (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1994 VII R 46/94, BFH/NV 1995, 758, unter II.b der Gründe). Diese Auffassung stimmt mit der Rechtsprechung des BFH zu § 83 AO überein, wonach die Entscheidung des Behördenleiters über das Gesuch auf Ablehnung eines Verfahrensbeteiligten kein Verwaltungsakt ist, der mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann (Senatsbeschluss vom 7. Mai 1981 IV B 60/80, BFHE 133, 340, BStBl II 1981, 634).

Es sind keine neuen Gesichtspunkte ersichtlich, die eine erneute Entscheidung des BFH geboten erscheinen lassen. Der BFH hat sich bereits mit dem Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt, dass dem Steuerpflichtigen nach § 197 Abs. 1 AO außer der nach § 196 AO als Verwaltungsakt ergangenen Prüfungsanordnung auch die Namen der Prüfer bekanntzugeben sind. Aus dieser Verpflichtung für das FA folgt nicht, dass die Bestimmung der Prüfer ein Verwaltungsakt ist. Denn diese Vorschrift sagt nichts über die Rechtsnatur der dem Beteiligten bekanntzugebenden Entscheidung des FA über die Person der beauftragten Prüfer aus (BFH-Urteil in BFH/NV 1995, 758, unter II.b der Gründe).

Ferner hat der erkennende Senat ausgeführt, dass der Gesetzgeber verselbständigte Ablehnungsstreitigkeiten bewusst ausschließen wollte. Diese Absicht hat dadurch ihren Niederschlag im Gesetz gefunden, dass lediglich für Ausschussmitglieder in § 84 AO ein Ablehnungsrecht vorgesehen ist. Auch nach dieser Vorschrift kann die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch jedoch nur zusammen mit der Endentscheidung des Ausschusses angefochten werden (BFH-Beschluss vom 29. April 2002 IV B 2/02, BFHE 198, 310, BStBl II 2002, 507, m.w.N.).

(3)

Diese Grundsätze gelten in der Regel auch für den Fall, dass ein Amtsträger erneut als Prüfer benannt wird. Zwar hat der erkennende Senat für ernstlich zweifelhaft gehalten, ob nicht dem Steuerpflichtigen ein Recht auf gerichtliche Überprüfung der Festlegung des Außenprüfers zusteht, wenn --über die bloße Besorgnis der Befangenheit hinaus-- zu befürchten ist, dass der Prüfer Rechte des Steuerpflichtigen verletzen wird, ohne dass diese Rechtsverletzung durch spätere Rechtsbehelfe rückgängig gemacht werden könnte (BFH-Beschluss in BFHE 198, 310, BStBl II 2002, 507).

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen derartige Umstände hier nicht vor; diese Rechtsfrage ist also in einem Revisionsverfahren nicht klärbar.

Allein die unmittelbaren Auswirkungen der Prüfung auf die Einkommensteuer von N und "sachliche Differenzen" zwischen N und der Prüferin A reichen hierfür nicht aus.

Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen, die den Senat im Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 2 FGO binden würden, erstattete die A keine "unberechtigten Strafanzeigen" gegen N.

Ferner hat die A zu Recht die Prüfungsfeststellungen zu den Privateinlagen des N an die Bußgeld- und Strafsachenstelle weitergeleitet. Denn jedenfalls diente die Weitergabe an die Steuerfahndungsstelle der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Steuerstraftat (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b AO). Das Steuerstrafverfahren betraf nämlich auch das Kapitalvermögen sowie die Kapitalerträge des N und seine Privateinlagen stammten nach seinen eigenen Angaben aus Erträgen von Wertpapierverkäufen. Zudem war A auch nicht verpflichtet, N die Weiterleitung mitzuteilen.

Schließlich rechtfertigt die gesundheitliche Belastung, die sich nach Angaben der Klägerin für N aus dem Kontakt mit der A ergibt, keine andere Beurteilung. Denn N ist kein Geschäftsführer der Klägerin. Ferner kann N den Kontakt zu A vermeiden, indem sich die Klägerin --wie in den bisherigen Prüfungen geschehen-- durch ihren Steuerberater oder instruierte Dritte vertreten lässt. Dass --wie die Klägerin im Rahmen der Begründung ihres Antrages auf AdV vorträgt-- weder der Geschäftsführer noch die derzeitige Buchhalterin Angaben über die Vorgänge im Prüfungszeitraum machen können, ist vom FG nicht festgestellt worden und könnte daher im Rahmen eines Revisionsverfahrens nicht berücksichtigt werden (§ 118 Abs. 2 FGO). Darüber hinaus ist auch in diesem Fall möglich, dass die Anfragen von A über einen Dritten an N weitergeleitet und von diesem über einen Dritten beantwortet werden.

bb)

Demnach ist die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) zuzulassen. Denn auch dieser Zulassungsgrund setzt eine klärungsbedürftige Rechtsfrage voraus (BFH-Beschlüsse vom 15. Dezember 2004 X B 48/04, BFH/NV 2005, 698, unter 2. der Gründe; vom 27. März 2006 VIII B 21/05, BFH/NV 2006, 1256, unter 1.a der Gründe, m.w.N.). Indes ist aus den dargelegten Gründen die von der Klägerin aufgeworfene Frage bereits geklärt, ob die "Befangenheit von gem. §§ 196, 197 Abs. 1 Satz 1 AO vom Finanzamt bestimmter Prüfer ... vor Prüfungsbeginn im Rahmen eines Einspruchsverfahrens nachprüfbar" ist.

b)

Aus den Ausführungen folgt, dass auch keine AdV wegen einer unbilligen Härte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 FGO i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO) in Betracht kommt.

Ende der Entscheidung

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