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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.05.2002
Aktenzeichen: IX B 210/01
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 134
ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) betreibt gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Wiederaufnahme eines Klageverfahrens vor dem Finanzgericht (FG), das sie ursprünglich gemeinsam mit ihrem Ehemann, der mit ihr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wird, wegen Einkommensteuer 1978 bis 1986 angestrengt hatte (Az. VI 5897/89 E). Mit Beschluss vom 5. November 1990 hatte das FG das Verfahren der Antragstellerin wegen eines laufenden Entmündigungsverfahrens abgetrennt (neues Az. VI 6523/90 E) und mit Urteil vom 6. November 1990 die Klage ihres Ehemannes abgewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ihres Ehemannes wurde vom Bundesfinanzhof (BFH) als unzulässig verworfen (Beschluss vom 29. Oktober 1991 IX B 25/91).

Das FG hat den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig abgelehnt, weil die Antragstellerin nicht Beteiligte des Klageverfahrens VI 5897/89 E gewesen war.

Mit der Beschwerde trägt die Antragstellerin vor, § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 134 FGO sei jedenfalls entsprechend anzuwenden, weil das FG ihr Verfahren zu Unrecht abgetrennt habe. Sie und ihr Ehemann seien notwendige Streitgenossen, gegen die nur eine einheitliche Entscheidung hätte ergehen dürfen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den ablehnenden Beschluss des FG aufzuheben und die Wiederaufnahme des Verfahrens VI 5897/89 E vor dem FG zuzulassen.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht eine Wiederaufnahme des Klageverfahrens VI 5897/89 E gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 134 FGO durch die Antragstellerin für unzulässig gehalten, weil die Antragstellerin nach der Abtrennung ihres Verfahrens nicht Beteiligte dieses Klageverfahrens war. Nach dem Wortlaut des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO setzt diese Vorschrift voraus, dass "eine Partei" im Vorprozess nicht nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten war. Die Beteiligten des Wiederaufnahmeverfahrens sind grundsätzlich identisch mit denen des Vorprozesses, weil das Wiederaufnahmeverfahren prozessual als Fortsetzung des Vorprozesses anzusehen ist (Beschluss des BFH vom 27. Oktober 1992 VII R 71/92, BFH/NV 1993, 314).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 134 FGO nicht in Betracht. Zwar hat der Bundesgerichtshof (BGH) den absoluten Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Vertretung, der mit dem Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO übereinstimmt, in entsprechender Gesetzesanwendung auch dann als erfüllt angesehen, wenn das Gericht eine kraft Gesetzes am Prozess beteiligte Behörde zu Unrecht nicht hinzugezogen hatte (Beschluss des BGH vom 28. Juni 1983 KVR 7/82, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1984, 494; BGH-Urteil vom 11. Juni 1992 III ZR 102/91, NJW 1992, 2636). Diese Rechtsprechung führt jedoch im Streitfall zu keiner anderen Beurteilung. Abgesehen davon, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BFH im Prozess wegen Einkommensteuer eines Ehegatten der mit diesem zusammen veranlagte andere Ehegatte nicht notwendig beigeladen werden muss (Beschluss des BFH vom 20. Januar 1972 I B 51/68, BFHE 104, 45, BStBl II 1972, 287; BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 I R 114/98, BFH/NV 2000, 1243), ist eine entsprechende Anwendung des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nach dem Zweck dieser Vorschrift hier ohnehin nicht geboten. Zielsetzung dieser Vorschrift ist es, einem Prozessbeteiligten die nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs zu garantieren, der zuvor im Prozess aus von ihm nicht zu vertretenden Umständen gehindert war, sich zu äußern (BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 15-16/97, BFHE 188, 1, BStBl II 1999, 412). Die Antragstellerin hatte indessen Gelegenheit, sich im Vorprozess zu äußern. Bis zur Abtrennung ihres Verfahrens hatte sie als Klägerin des Verfahrens VI 5897/89 E ohnehin ein eigenes Äußerungsrecht. Nach der Abtrennung hatte sie als Klägerin des unter dem Az. VI 6523/90 E geführten allein sie betreffenden Klageverfahrens wegen desselben Streitgegenstands (Einkommensteuer 1978 bis 1986) ebenfalls Gelegenheit zur Äußerung, und zwar entweder persönlich oder aber, soweit ein gesetzlicher Vertreter bestellt war, durch diesen.

Ende der Entscheidung

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