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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 06.11.2001
Aktenzeichen: IX R 44/99
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 4
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 5
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, waren bis zum Jahre 1993 Eigentümer einer Ferienwohnung in X auf der Insel Z. In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres (1991) machten die Kläger einen --durch Gegenüberstellen der Einnahmen (12 110 DM) und der (gesamten) Aufwendungen (64 400 DM) ermittelten-- Werbungskostenüberschuss geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ die Werbungskosten nur mit dem auf die Vermietungstage im Streitjahr entfallenden Anteil (83/365) zum Abzug zu.

Die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Kläger geltend machten, die Ferienwohnung sei der Kurverwaltung in Y auf Z zur ganzjährigen Vermietung übergeben und im Streitjahr nur an 21 Tagen selbst genutzt worden, blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, nach der gewählten vertraglichen Gestaltung sei trotz der Vermietung durch die Kurverwaltung die Entscheidung über den Abschluss eines Mietvertrages den Klägern vorbehalten gewesen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien daher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur für die Zeit der Vermietung an Feriengäste anzusetzen und die Leerstandszeiten der Ferienwohnung der Selbstnutzung durch die Kläger zuzurechnen.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und materiellen Rechts (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten in Höhe von 49 300 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht die Leerstandszeiten der Ferienwohnung voll der Selbstnutzung durch die Kläger zugerechnet. Im Übrigen reichen die bisherigen Feststellungen des FG nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend über die zutreffende Zurechnung der Leerstandszeiten und damit die Aufteilung der Werbungskosten sowie --insbesondere-- darüber zu entscheiden, ob die Kläger die Ferienwohnung mit Überschusserzielungsabsicht vermietet haben.

1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des BFH im Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f. unter C. IV. 3. c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.

a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676 unter II. 2.); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss in BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f. unter C. IV. 3. c aa (2)). Die Überschusserzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).

b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch bei Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt --wie der Senat in seinem Urteil IX R 97/00 vom 6.11.2001 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat-- unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermieten. Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass durch die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte keine Selbstnutzung sind.

c) Dagegen ist nach dem Urteil IX R 97/00 bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob die Steuerpflichtigen mit oder ohne Überschusserzielungsabsicht vermietet haben, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Im Rahmen dieser Prognose sind, wenn eine Selbstnutzung jederzeit möglich ist, die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe des Urteils IX R 97/00.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Kläger bereits beim Erwerb der Ferienwohnung ernsthaft in Betracht gezogen haben, diese wieder zu veräußern. Ist hiervon auszugehen, wäre für die Feststellung der Überschusserzielungsabsicht von einem auf die tatsächliche Zeit der Vermögensnutzung beschränkten Prognosezeitraum auszugehen.

War dagegen die Veräußerung der Ferienwohnung beim Erwerb noch nicht ernsthaft in Betracht gezogen, wäre im Streitjahr vom Entschluss zur Dauernutzung auszugehen. Da die Kläger nach den mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) die Ferienwohnung im Streitjahr an 21 Tagen selbst genutzt haben, müsste das FG (nach entsprechender Aufteilung der auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen) durch eine unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmende Prognose feststellen, ob in einem Zeitraum von 30 Jahren aus der Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss hätte erzielt werden können.

Ende der Entscheidung

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