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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 28.03.2007
Aktenzeichen: IX R 46/05
Rechtsgebiete: EStG, ErbbauV


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 2
EStG § 9 Abs. 1 Satz 1
ErbbauV § 27 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --eine Grundstücksgemeinschaft-- bestellte 1951 an ihrem Grundstück ein Erbbaurecht auf 50 Jahre. Nach dem Erbbaurechtsvertrag sollten mit Beendigung des Erbbaurechts die von den Erbbauberechtigten errichteten Gebäude und Anlagen in das Eigentum der Klägerin übergehen und zwar gegen Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 2/3 ihres Wertes. Dieser Wert sollte durch vier Sachverständige ermittelt werden, wobei die Kosten von zwei Sachverständigen die Klägerin zu bezahlen hatte, die Kosten der weiteren zwei Sachverständigen die Erbbauberechtigten. Danach entstanden der Klägerin im Streitjahr (2002) 15 263,81 € an Gutachterkosten. In ihrer Feststellungserklärung 2002 machte die Klägerin diese Gutachterkosten als Werbungskosten geltend. Im Feststellungsbescheid vom 19. September 2003 wurden sie mangels Zusammenhangs mit der Einkünfteerzielung nicht anerkannt. Der hiergegen eingelegte Einspruch der Klägerin wurde mit Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2004 als unbegründet zurückgewiesen, da die Aufwendungen der Klägerin nicht mehr zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gedient hätten, nachdem das Erbbaurechtsverhältnis beendet gewesen sei. Es handle sich um einen die Vermögensebene betreffenden Vorgang.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, der Erbbaurechtsvertrag wäre ohne diese Sachverständigen-Klausel mit Aussicht auf Entschädigung für die Erbbaurechtsberechtigten nicht beurkundet worden. Die Klausel sei wesentliche Gegenleistung zur Erzielung von Einnahmen aus Erbbauzinsen gewesen. Die Sachverständigengutachten hätten auch dazu gedient, zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen das Gebäude weiter zu vermieten gewesen sei. Wären die Gutachten zu Brandschutz und Statik nicht so vernichtend ausgefallen, wäre das Gebäude weiter vermietet worden. Eine Weitervermietungsabsicht habe bestanden und bestehe nach wie vor.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- sowie Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--).

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den Feststellungsbescheid vom 19. September 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2004 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um 15 263,81 € gemindert werden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. 1. Die Klage ist als solche der Grundstücksgemeinschaft als Klägerin anzusehen. Insoweit ist das Rubrum dieses Verfahrens zu berichtigen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Januar 2005 IX R 11/04, BFH/NV 2005, 1045, m.w.N.).

2. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die streitigen Kosten für eingeholte Bausachverständigengutachten nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.

3. Die von der Klägerin getragenen Sachverständigenkosten stellen keine nachträglichen Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) im Zusammenhang mit ihrer Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) dar.

a) Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung liegen vor, wenn die jeweiligen Aufwendungen objektiv in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit stehen und subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung ausgeführt wurden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. März 2003 IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043, unter II 1 c der Gründe, m.w.N.). Lediglich bei noch auf die Vermietungszeit entfallenden Aufwendungen ist dabei typisierend anzunehmen, dass sie der Einkünfteerzielung dienen und die dadurch entstandenen Aufwendungen grundsätzlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 15/96, BFHE 193, 318, BStBl II 2001, 787). Solange der Vermieter dem Mieter die Nutzung der Mietsache entgeltlich überlässt, d.h. in der Regel bis zum Ende des Mietverhältnisses, dauert seine Vermietungstätigkeit an. Aufwendungen, die danach anfallen, werden regelmäßig mit Rücksicht auf die künftige Verwendung getätigt und sind mithin nicht mehr durch die frühere Vermietung veranlasst (BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 1043, unter II 1 c, m.w.N.). Nicht um Werbungskosten handelt es sich bei Aufwendungen, die der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auf das Mietobjekt oder sein sonstiges Privatvermögen tätigt.

b) Bei den streitigen Gutachterkosten handelt es sich nicht um Werbungskosten der Klägerin.

aa) Die Gutachterkosten sind der Klägerin nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Überlassung des Grundstücks auf der Grundlage des Erbbaurechtsvertrages (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. September 2006 IX R 17/04, BFH/NV 2007, 131) entstanden, sondern im Zusammenhang mit der Erlangung einer Wertsteigerung des Grundstücks in Gestalt des von den Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes.

Denn im Rahmen des für die Dauer des Erbbaurechts bestehenden Leistungsaustauschs liegt die Leistung des Erbbauverpflichteten in der Duldung der Nutzung des Grundstücks und zwar ohne die auf dem Grundstück stehenden Gebäude. Unabhängig davon, ob ein auf dem Grundstück stehendes Gebäude bei Bestellung des Erbbaurechts bereits vorhanden ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19. Januar 1982 VIII R 102/78, BFHE 135, 434, BStBl II 1982, 533) oder --wie im Streitfall-- von dem Erbbauberechtigten errichtet wird, ist der Erbbauberechtigte zivilrechtlich Eigentümer des Gebäudes oder erlangt zumindest eine dem Eigentümer ähnliche Stellung (§ 12 Abs. 1 der Verordnung über das Erbbaurecht --ErbbauV--). Ist vereinbart, dass das vom Erbbauberechtigten errichtete Gebäude entschädigungslos übergehen soll, erzielt der Erbbauverpflichtete eine Einnahme aus der Nutzungsüberlassung. Dem gleich zu behandeln ist die im Verzicht auf die in § 27 Abs. 1 ErbbauV vorgesehene Entschädigung liegende Leistung des Erbbauberechtigten (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2003 IV R 42/02, BFHE 204, 223, BStBl II 2004, 353, unter 1 a und b der Gründe, m.w.N.).

Daraus folgt, dass das Gebäude für den Erbbauverpflichteten einen außerhalb der steuerpflichtigen Nutzungsüberlassung am Grundstück stehenden Vermögenswert darstellt. Die durch das Gebäude bewirkte Wertentwicklung des Grundstücks selbst gehört der nicht steuerbaren privaten Vermögenssphäre der Kläger an. Dies entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG angelegten Einkünftedualismus als systemprägendes Merkmal der geltenden Einkommensbesteuerung. Die Entschädigungsleistung der Klägerin nach Maßgabe des Erbbaurechtsvertrages ist Entgelt für die Erlangung des Eigentums an dem von den Erbbauberechtigten errichteten Gebäude. Die Gutachterkosten dienen lt. Erbbaurechtsvertrag der Ermittlung der Höhe der Entschädigung. Wirtschaftlich betrachtet ist dies der Ermittlung des Kaufpreises für ein Gebäude vergleichbar.

bb) Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, dass es unter Umständen zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geführt hätte, wenn die Erbbauberechtigten die Gutachterkosten statt ihrer getragen hätten. Insoweit sind nicht quasi spiegelbildlich Werbungskosten des Erbbauverpflichteten anzusetzen, wenn er selbst die entsprechenden Aufwendungen zur Vermehrung seines privaten Vermögens tätigt. Vielmehr ist im Streitfall von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erlangung neuen Privatvermögens (Anschaffungskosten für die Gebäude i.S. von § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) auszugehen.

Die Entschädigung für das Gebäude wurde auch nicht lediglich ermittelt, um das Erbbaurecht letztlich abzuwickeln, selbst wenn das auf die Erbbauverpflichteten übergegangene Gebäude zu keiner Wertsteigerung des Grundstücks geführt haben sollte. Denn auch eine letzte Abwicklungsmaßnahme zur Beendigung des Erbbaurechts kann lediglich den Gegenstand dieses Erbbaurechts, nämlich das Grundstück betreffen. Hinsichtlich des Gebäudes bestand keine Nutzungsüberlassung seitens der Klägerin.

4. Bei den streitigen Gutachterkosten handelt es sich auch nicht um vorab entstandene Werbungskosten im Hinblick auf eine spätere Vermietung des streitbefangenen Grundstücks.

a) Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 EStG) können zwar schon anfallen, wenn mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher vorab entstandenen Werbungskosten ist, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (BFH-Beschluss des Großen Senats vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, unter C III 2 a). Ein solcher Zusammenhang ist gegeben, wenn sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, Einkünfte aus einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst und nicht wieder aufgegeben hat (vgl. BFH-Urteile vom 14. Mai 2003 XI R 8/02, BFH/NV 2003, 1315, unter II A 2 a; vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477). Die Absicht der Einkünfteerzielung fehlt, wenn der Steuerpflichtige sich noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück selbst nutzen, langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen will (vgl. BFH-Urteil vom 25. März 2003 IX R 21/99, BFH/NV 2003, 1168).

b) Im Streitfall erfolgte die Prüfung der Verwendungsfähigkeit der Gebäudlichkeiten auf der Grundlage einer entsprechenden Verpflichtung aus dem Erbbaurechtsverhältnis. Dieser Veranlassungszusammenhang wurde auch nicht im Sinne einer neuen Veranlassung durch eine zukünftige Vermietungstätigkeit überlagert (vgl. zum Fortwirken eines Veranlassungszusammenhangs BFH-Urteil vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258).

Hierfür genügt insbesondere nicht schon die von der Klägerin vorgetragene und vom FG unterstellte Weitervermietungsabsicht. Nach den den Senat bindenden finanzgerichtlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) ist das Gebäude derzeit nicht vermietbar. Allein daraus, dass durch die im Zuge der Gebäudeübertragung nach Abschluss des Erbbaurechtsverhältnisses erfolgte Sachverständigenprüfung die Klägerin die für eine weitere Vermietung erforderliche Kenntnis der Verwendungsfähigkeit des Gebäudes erlangt hat, ergibt sich noch nicht der erforderliche Veranlassungszusammenhang zwischen den Gutachterkosten und einer etwaigen späteren Vermietung.

Ende der Entscheidung

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