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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.03.2004
Aktenzeichen: IX R 68/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 22 Nr. 3
Ein Versicherungsnehmer erbringt keine Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG, wenn er es durch eine Vereinbarung mit einem Versicherungsvertreter (lediglich) erreicht, dass dieser einen Teil seiner Provision an ihn weiterleitet (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 27. Mai 1998 X R 94/96, BFHE 186, 259, BStBl II 1998, 619).
Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte in den Streitjahren (1996 und 1997) Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung, nichtselbständiger Arbeit und Kapitalvermögen. Er schloss in den Streitjahren --vermittelt durch Versicherungsvertreter-- jeweils einen privaten Versicherungsvertrag ab. Dafür standen den Versicherungsvertretern Provisionsansprüche gegen die Versicherungsunternehmen zu. Sie verpflichteten sich gegenüber dem Kläger, ihre Provisionen teilweise an ihn weiterzuleiten. Dies war Voraussetzung für den Abschluss der Versicherungsverträge. Der Kläger erhielt 1996 einen Provisionsanteil von 13 000 DM und 1997 einen solchen in Höhe von 180 000 DM. Er behandelte diese Zuflüsse in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre als nicht steuerbare Einnahmen. Dementsprechend wurde der Kläger zunächst veranlagt.

Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Sachverhalt überprüft hatte, änderte er die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) und unterwarf die dem Kläger überlassenen Provisionsanteile der Versicherungsvertreter als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Besteuerung. Dabei handele es sich um sog. Eigenprovisionen, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) als sonstige Einkünfte zu versteuern seien.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) beurteilte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 158 veröffentlichten Urteil die Provisionsanteile des Klägers als nicht nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar.

Mit der hiergegen eingelegten Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Mit zutreffenden Erwägungen hat das FG die dem Kläger in den Streitjahren zugeflossenen Provisionsanteile nicht als nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbare Einkünfte aus Leistungen erfasst.

1. Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen. Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Entgelts willen erbracht wird; ausgenommen sind --hier allerdings nicht bedeutsam-- Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich (ständige Rechtsprechung; BFH-Urteil vom 18. Dezember 2001 IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643, m.w.N.; so bereits BFH-Urteil vom 23. Juni 1964 GrS 1/64 S, BFHE 80, 73, BStBl III 1964, 500; vgl. auch Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., § 22 Rz. 131, m.w.N.).

a) Im Streitfall liegt keine steuerbare Leistung in diesem Sinne vor. Nicht der Kläger hat Vermittlungsleistungen erbracht, sondern allein die Versicherungsvertreter. Der Kläger hat lediglich einen Teil des Geldes von den Versicherungsvertretern zurückbekommen, das er über die Versicherungsprämien wirtschaftlich trägt. Er hatte sich aber nicht seinerseits verpflichtet, als Vermittler aktiv tätig zu werden.

aa) Allerdings hat der BFH eine steuerbare Leistung auch in einem Verhalten gesehen, das es einem anderen ermöglicht, einen Versicherungsvertrag abzuschließen und dadurch einen Provisionsanspruch zu erwerben (BFH-Urteil vom 27. Mai 1998 X R 94/96, BFHE 186, 259, BStBl II 1998, 619; so auch H 168a der Einkommensteuer-Richtlinien; Leisner, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 22 Rdnr. D 144 --Stand Juni 2003--; P. Fischer in Kirchhof, KompaktKommentar zum Einkommensteuergesetz, 3. Aufl., § 22 Rz. 34; so wohl auch Jansen in Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 22 EStG, Anm. 400 --Stand März 2000--; a.A. Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 22 EStG Rz. 158, Stichwort "Vermittlungen"; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 22 Rz. 150, Stichwort "Vermittlungsprovisionen"; Kithier, Deutsches Steuerrecht 2003, S. 19 f.). Indessen muss ein derartiges Verhalten eingebettet sein in eine Vermittlungstätigkeit des Steuerpflichtigen, die unter dieser Voraussetzung auch dann steuerbar sein kann, wenn sog. Eigenverträge vermittelt werden (so BFH in BFHE 186, 259, BStBl II 1998, 619).

bb) Eine Vermittlungsleistung erbringt nicht, wer es --wie im Streitfall der Kläger-- durch eine Vereinbarung mit dem Versicherungsvertreter lediglich erreicht, dass dieser einen Teil seiner Provision an ihn weiterleitet. In diesem Fall führt nämlich nur der Versicherungsvertreter Vermittlungsleistungen aus. Nur er tritt an die Versicherungsgesellschaft heran, um die Abschlüsse der Versicherungsverträge vorzubereiten. Der Versicherungsnehmer --hier der Kläger-- seinerseits vermittelt sich auf Grund einer derartigen Vereinbarung nicht etwa selbst. Er tritt auch an den Vertreter nicht mit einem solchen Begehren heran. Sein Verhalten erschöpft sich in der Annahme einer ihm angebotenen Leistung. Zwar vereinbart er mit dem Versicherungsvertreter, für ihn als Vermittler tätig zu werden und einen Versicherungsvertrag abzuschließen. Das hierin liegende Verhalten bildet aber nicht selbst eine Vermittlungsleistung, die unter § 22 Nr. 3 EStG zu subsumieren wäre, sondern lediglich eine auf den Abschluss eines Vermittlungsvertrags gerichtete Willenserklärung. Gegenstand dieses Vertrages ist die Leistung eines anderen, des Vermittlers. Allein die Verschaffung der Möglichkeit, "einen Provisionsanspruch zu erwerben", ist kein steuerrechtlich bedeutsames Verhalten i.S. von § 22 Nr. 3 EStG, sondern Folge der auf die Vermittlungsleistung der Versicherungsvertreter gerichteten Vereinbarung. Darin liegt auch keine Leistung durch Dulden oder Unterlassen (vgl. dazu Leisner, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 22 Rdnr. D 101, m.w.N. aus der Rechtsprechung), sondern seinem wirtschaftlichen Gehalt nach die Regelung der Gegenleistung (des Preises) für die abzuschließende Versicherung.

b) Die dem Kläger ausgezahlten Provisionsanteile mindern den Preis der Versicherung. Der Kläger hat es durch Vereinbarungen mit den Versicherungsvertretern erreicht, die Versicherungen günstiger abzuschließen. Das ist der wirtschaftliche Hintergrund seines Verhaltens.

aa) In dieser Weise hat der Senat --wie das FG zu Recht hervorhebt-- auch zu Provisionsnachlässen durch Eigenkapitalvermittler entschieden, die nach dem BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 IX R 20/98 (BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796) die Anschaffungskosten der Immobilie mindern. Zu einem Rückfluss in diesem Sinne kommt es dann, wenn die Rückzahlung keine besondere Leistungen entgelten soll und lediglich mit der Beteiligung am geschlossenen Fonds zusammenhängt. So verhielt es sich bei den sog. "Kick-Back-Zahlungen" (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 IX R 21/01, BFH/NV 2002, 913; zum Begriff FG Berlin, Urteil vom 17. Januar 2001 6 K 6186/98, EFG 2001, 617); denn dort zahlte der Eigenkapitalvermittler, der die --als Anschaffungskosten der Immobilie zu wertende-- Provision vereinnahmte, einen Teil an diesen zurück, ohne dass ein Zusammenhang mit einer besonderen Leistung des Gesellschafters dem Vermittler gegenüber festgestellt war.

bb) So verhält es sich auch bei den Provisionsrückzahlungen im Streitfall; denn hier handelt es sich um einen Rückfluss von Aufwendungen zum Erwerb der Versicherung in Gestalt von Provisionen. Zwar zahlt nicht der Versicherungsnehmer --hier der Kläger--, sondern das Versicherungsunternehmen Provisionen an die Vertreter. Der Versicherungsnehmer trägt diese Provisionen wirtschaftlich aber über die Prämien, die er an das Versicherungsunternehmen entrichten muss. Eine Beteiligung an den Provisionen mindert seinen Aufwand für die Versicherung.

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