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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.11.2003
Aktenzeichen: V B 104/02
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 73
FGO § 96
FGO § 102
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
FGO § 119
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war bis zum 12. April 1994 Organgesellschaft der A-GmbH. Weil die Klägerin vom Bestehen des erwähnten Organschaftsverhältnisses (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- 1991/1993) ausging, hatte sie keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben. Die A-GmbH schuldete Umsatzsteuer für 1992 bis September 1997 und Zinsen und Zuschläge davon von insgesamt ... DM.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nahm die Klägerin als Organgesellschaft der A-GmbH nach § 73 der Abgabenordnung (AO 1977) für Umsatzsteuer 1992 bis September 1997 sowie für Nebenleistungen (Zinsen zur Umsatzsteuer 1992, Verspätungs- und Säumniszuschläge) durch Haftungsbescheid vom 26. November 1997 in Anspruch. Es ermäßigte die Haftungsschuld im Einspruchsverfahren durch Bescheid vom 1. Juli 1998 auf ... DM.

Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurück. Es führte zur Begründung u.a. aus, die Klägerin hafte nach § 73 AO 1977 für die während des Bestehens der Organschaft (bis 12. April 1994) im Organkreis entstandenen Umsatzsteuerschulden. Sie hafte nicht nur für die durch eigene Tätigkeit verursachten Steuern, sondern auch für Steuern, die im Betrieb des Organträgers oder einer anderen Organgesellschaft begründet worden seien. Da während des Bestehens der Organschaft von 1992 bis März 1994 Umsatzsteuer (einschließlich Zinsen) in Höhe von insgesamt ... DM entstanden seien, sei die Inanspruchnahme der Klägerin in Höhe von ... DM gerechtfertigt.

Das sei auch der Fall, wenn die Haftung der Organgesellschaft auf die Umsatzsteuern begrenzt sei, die von ihr wirtschaftlich verursacht worden seien; denn diese Begrenzung gelte nicht, wenn der Organgesellschaft so erhebliche Vermögenswerte von dem Organträger oder einer anderen Organgesellschaft übertragen worden seien, dass eine Haftung nur mit dem wirtschaftlich selbst verursachten Steuerbetrag in einem Missverhältnis zu den haftenden Vermögenswerten stehen würde. Im Streitfall seien zwischen den einzelnen Organgesellschaften Vermögenswerte beliebig verschoben worden, so dass eine Trennung der Vermögenssphären nicht mehr vorgenommen werden könne.

Der bis 1993 nach dem Gesellschaftsvertrag und danach faktisch für die Klägerin tätige Geschäftsführer M habe alle geschäftlichen Aktivitäten sämtlicher Organgesellschaften abgewickelt. Er habe über die Konten der Klägerin verfügt.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision aus den in § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bezeichneten Gründen.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keine zur Zulassung der Revision ausreichenden Gründe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO) dargelegt.

1. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Sache grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muss in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftig und auch klärbar sein (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juli 2000 XI B 122/99, BFH/NV 2000, 1495; vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51).

Die von der Klägerin sinngemäß als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage stellt sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht. Die Klägerin meint, das FG habe in seiner Hilfsbegründung auf Vermögensverschiebungen nach Beendigung der Organschaft abgestellt.

Dies lässt sich der Vorentscheidung aber nicht entnehmen. Das FG geht ausdrücklich nur von einer Haftung für die während des Bestehens der Organschaft begründeten Ansprüche wegen Umsatzsteuer aus. Eine Begrenzung der Haftung hatte das FG abgelehnt, weil nach seinen Feststellungen eine Trennung der Vermögenssphären der Organteile nicht mehr möglich war und für das FG erwiesen war, dass der Geschäftsführer M Vermögenswerte auf die Klägerin verschoben hatte. Die Bezugnahme auf die Feststellungen des Umsatzsteuer-Sonderprüfers dienten dem FG nur zur Bekräftigung seiner eigenen Feststellungen, die eindeutig den Zeitraum des Bestehens der Organschaft betrafen.

2. Schließlich ist die Revision auch nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem die Revision beruhen kann, zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

a) Die Klägerin hat die Anforderungen an eine schlüssige Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht erfüllt (vgl. dazu Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Rz. 191, § 119 FGO Rz. 82 ff., § 96 FGO Rz. 305 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH). Sie hat nicht dargelegt, was sie bei der von ihr für erforderlich erachteten Gewährung des rechtlichen Gehörs noch hätte vortragen wollen. Dies hat sie erst einem Vortrag im Revisionsverfahren vorbehalten.

Die gerügte Versagung des rechtlichen Gehörs liegt außerdem nicht vor. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem FG am 19. März 2002 hat das FG den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert. Der Streitstoff war der Klägerin darüber hinaus, soweit es um die Vermögensverlagerungen ging, seit der Einspruchsentscheidung des FA vom 1. Juli 1998 (S. 10 ff.) bekannt. Durch die Entscheidung des FG vom 17. Oktober 2001 im Aussetzungsverfahren war ihr bekannt, dass das FG der im Klageverfahren beantragten Aufhebung des angefochtenen Haftungsbescheids bisher nicht gefolgt war.

b) Der dem FG von der Klägerin vorgehaltene Ermessensfehlgebrauch ist kein Verfahrensfehler. Das FG hätte --wenn es den Fehler gemacht hätte-- keine Vorschrift über das Verfahren fehlerhaft angewendet, sondern seine Befugnisse bei der Prüfung von Ermessensentscheidungen (§ 102 FGO) verletzt. Ein solcher sachlicher Fehler ist aber nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO kein Grund für die Zulassung der Revision.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

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