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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: V B 174/05
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 90
AO § 93
AO § 97
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte in den Streitjahren 1997 bis 1999 als Übungsleiterin selbständig Aerobicstunden, Gymnastik- und Entspannungsübungen für verschiedene Sportvereine und Fitnessstudios durch. Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Steuererklärungen der Klägerin zunächst gefolgt war, stellte er anhand von Kontrollmitteilungen fest, dass die dort aufgeführten Beträge höher als die erklärten Entgelte waren. Das FA forderte daraufhin die Klägerin in zwei Schreiben "bzgl. der Erklärungen der Klägerin von 1997 bis 1999" auf, "zur Überprüfung des an Amtsstelle vorliegenden Kontrollmaterials" ihre Einnahmen für die Jahre 1997 bis 1999 getrennt nach Auftraggebern mitzuteilen. Als Rechtsgrundlage wurden die §§ 90, 93 und 97 der Abgabenordnung (AO) angegeben. Einen ausdrücklichen Hinweis nach § 93 Abs. 2 Satz 1 AO, dass die Auskünfte für die Besteuerung der Klägerin und nicht für die Besteuerung Dritter angefordert würden, enthielt das Schreiben nicht. Die Klägerin lehnte daraufhin eine umfassende Darlegung ihrer Einkünfte ab, weil sie "unspezifiziertem" Kontrollmaterial nicht auskunftspflichtig sei und weil die Angabe fehle, ob sich das Auskunftsverlangen auf die Klägerin oder auf Dritte beziehe.

Daraufhin erließ das FA am 1. Oktober 2002 eine Prüfungsanordnung, die von der Klägerin nicht angefochten wurde. Im Verlauf der Prüfung stellte sich heraus, dass die Klägerin die Entgelte nur unvollständig erklärt hatte, sodass das FA entsprechende Änderungsbescheide erließ. Einspruch und Klage, in der sich die Klägerin auf ein Verwertungsverbot wegen Nichtigkeit der Prüfungsanordnung berief, blieben ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus:

Die Auswertung der Prüfungsfeststellungen unterliege keinem Verwertungsverbot. Die Prüfungsanordnung sei nicht nichtig. Dies sei nur in Ausnahmefällen der Fall, wenn z.B. für die Anordnung keinerlei gesetzliche Grundlage oder Begründung gefunden werden könne, durch den Verwaltungsakt etwas Strafbares oder Sittenwidriges verlangt würde oder die Prüfungsanordnung unbestimmt sei. Ob sie rechtswidrig sei, könne dahinstehen, da die Klägerin die Prüfungsanordnung nicht angefochten habe. Zudem seien keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit zu erkennen. Die Umsätze seien auch nicht nach § 4 Nr. 26 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei, weil die Klägerin nicht ehrenamtlich tätig gewesen sei.

II. Die Revision war nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebende Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss außerdem in einem Revisionsverfahren klärungsfähig sein, weil es für die Entscheidung der Revision auf die Beantwortung der Rechtsfrage ankommt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

a) Als Rechtsfrage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung hat die Klägerin die Frage bezeichnet,

"ob die Finanzverwaltung berechtigt ist, nachdem sie einen Verfahrensweg eingeschlagen hat, der grundsätzlich rechtmäßig und gesetzeskonform ist, sie sich aber im Rahmen dessen gegen den Wortlaut des Gesetzes offenbar rechtswidrig verhält und der Steuerpflichtige sich dagegen wehrt, nunmehr zum reibungslosen Erreichen des von ihr angestrebten Zieles den Verfahrensweg abzubrechen und einen neuen, ganz anderen Weg einzuschlagen berechtigt ist".

Diese Ausführungen könnte der Senat allenfalls noch dahin gehend verstehen, dass als rechtsgrundsätzlich geklärt werden soll, ob die Anordnung einer Außenprüfung dann ermessensfehlerhaft ist, wenn der Zweck der Prüfung auch im Wege eines (weniger belastenden) rechtmäßigen Auskunftsersuchens erreicht werden kann (vgl. dazu Rüsken in Klein, AO, § 193 Rz 43) und ob ein Auskunftsersuchen deshalb rechtswidrig ist, weil in ihm der ausdrückliche Hinweis nach § 93 Abs. 2 Satz 1 AO fehlt. Diese Fragen wären aber in einem Revisionsverfahren nicht klärbar, weil nach den nicht mit einer begründeten Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen des FG die Prüfungsanordnung nicht mit Einspruch angefochten worden und damit bestandskräftig ist. Ein Verwertungsverbot von Prüfungsfeststellungen setzt aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) voraus, dass die Rechtswidrigkeit der Prüfung im Wege der Anfechtung der Prüfungsanordnung festgestellt worden ist (z.B. Urteil vom 21. April 1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649, m.w.N.).

b) Zwar können Prüfungsfolgebescheide ausnahmsweise dann unmittelbar angefochten werden, wenn die Prüfungsanordnung wegen schwerwiegender Mängel nichtig ist (BFH-Urteil vom 20. Februar 1990 IX R 83/88, BFHE 160, 391, BStBl II 1990, 789). Wie das FG jedoch zutreffend ausgeführt hat, liegen diese Voraussetzungen nicht vor.

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Zur Darlegung der Divergenz nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Beschlüsse vom 29. Mai 2006 V B 159/05, BFH/NV 2006, 1892; vom 3. November 2005 V B 9/04, BFH/NV 2006, 248) erforderlich, dass die Klägerin tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem Urteil der Vorinstanz herausgearbeitet hat, die zu tragenden Rechtssätzen von BFH-Entscheidungen in Widerspruch stehen. Dies ist nicht der Fall. Die Klägerin hat lediglich dargelegt, dass sich aus der Rechtsprechung anderer Gerichte (z.B. Urteil des FG Nürnberg vom 7. Februar 2002 VI 288/98) ergebe, dass das FA dann sein Auswahlermessen bei Anordnung einer Außenprüfung fehlerhaft ausgeübt habe, wenn die Anordnung auf ein unverhältnismäßiges, sachwidriges oder willkürliches Verhalten der Finanzbehörde zurückzuführen sei. Von dieser Rechtsauffassung ist auch die Vorinstanz ausgegangen. Das FG hat lediglich die Voraussetzungen für eine willkürliche Maßnahme im Einzelfall verneint, weil es davon ausging, dass das Auskunftsersuchen ersichtlich auch ohne ausdrücklichen Hinweis nach § 93 Abs. 2 Satz 1 AO auf die Klärung der steuerlichen Verhältnisse der Klägerin gerichtet war und daher nicht rechtswidrig war. Auch ist nicht erkennbar, weshalb eine Divergenz zum BFH-Urteil vom 4. November 2003 VII R 28/01 (BFHE 204, 15, BStBl II 2004, 1032) bestehen soll, wonach bei Bankenprüfungen nicht ohne Anlass die Verhältnisse Dritter festgestellt werden dürfen.



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