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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.03.2006
Aktenzeichen: V B 181/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb in den Jahren 1998 bis Ende Mai 2000 ein Bordell. Aufgrund einer Prüfung durch die Steuerfahndung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, dass die Klägerin im Streitjahr 2000 Kreditkarten- und Barumsätze nicht erklärt hatte. Da die Klägerin keine Umsatzsteuererklärung für 2000 abgegeben hatte, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, das FA habe auch die Leistungen aus der Prostitution zu Recht der Klägerin und nicht den einzelnen Prostituierten zugerechnet. Die Klägerin sei gegenüber den Freiern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung aufgetreten. Die Klägerin habe auch für den reibungslosen Ablauf im Club gesorgt und das erforderliche Personal einschließlich der in den einzelnen Räumen tätigen Prostituierten organisiert. Die Klägerin habe die Zimmer bereitgehalten und durch einen Wirtschafter und einen Hausmeister für einen störungsfreien Betriebsablauf gesorgt. Um Kreditkartenzahlungen zu ermöglichen habe sie ein entsprechendes Lesegerät bereitgehalten. Die Prostituierten hätten über kein eigenes Telefon verfügt und in der Presse und Öffentlichkeit sei ausschließlich die Klägerin in Erscheinung getreten. Unter diesen Umständen seien die Prostitutionsumsätze der Klägerin auch dann zuzurechnen, wenn die Zahlung --wie die Klägerin vorgetragen habe-- unmittelbar an die Prostituierten erfolgt sei.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision aus den in § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Zulassungsgründen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Die Klägerin hat keine grundsätzliche Bedeutung der Sache, insbesondere nicht deren Entscheidungserheblichkeit und Bedeutung für die Allgemeinheit dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BFH-Beschluss vom 7. August 2002 I B 151/01, BFH/NV 2003, 60, mit Nachweisen). Die grundsätzliche Bedeutung muss im Hinblick auf eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, deren Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, gegeben sein. Daran fehlt es im Streitfall. Es ist keine klärungsbedürftige Rechtsfrage ersichtlich. Die Grundsätze, nach denen zu beurteilen ist, ob eine Leistung dem unmittelbar Handelndem oder dem Unternehmer, in dessen Unternehmen er eingegliedert ist, zuzurechnen ist, sind geklärt (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 1992 V R 41/87, BFH/NV 1993, 282; BFH-Beschlüsse vom 20. Februar 2001 V B 191/00, BFH/NV 2001, 1152; vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Diese Grundsätze gelten allgemein, also auch für das Verhältnis zwischen Prostituierten und den Betreibern von Bordellen, in denen sie ihre Tätigkeit ausüben (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 6. Oktober 1989 3 StR 80/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1990, 582; BFH-Urteil vom 21. Februar 1991, V R 11/91, BFH/NV 1991, 844).

2. Die Klägerin rügt zu Unrecht eine Abweichung der Entscheidung des FG vom Urteil des BFH vom 2. Dezember 1998 X R 83/96 (BFHE 188, 01, BStBl II 1999, 534) zur Unternehmereigenschaft eines sog. Rundfunkermittlers. Denn im Streitfall hätten die Prostituierten ein Verlustrisiko getragen, wenn Kunden ausblieben, die Zimmermiete aber gleichwohl zu zahlen gewesen sei. Auf eine --von der Klägerin geltend gemachte-- abweichende Beurteilung eines "Verlustrisikos" der Prostituierten "in Form bezahlter Eintrittsgelder bzw. Zimmermieten, ... wenn keine Kundschaft kam", kommt es im Streitfall nicht an; denn das FG kam nach Würdigung der Gesamtumstände des Falles zum Ergebnis, dass sämtliche Leistungen im Bordell im Namen und für Rechnung der Klägerin ausgeführt wurden. Soweit sie geltend macht, das FG habe den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt, rechtfertigt das nicht die Zulassung der Revision, weil eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen hierfür nicht ausreicht (BFH-Beschluss vom 4. August 1993 II B 175/92, BFH/NV 1994, 718).

3. Die Klägerin rügt auch zu Unrecht eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht seitens des FG (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Klägerin hätte nicht nur vortragen müssen, was das FG noch hätte ermitteln müssen, sondern auch, weshalb das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann (BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 1994 IV S 2/93, BFH/NV 1995, 118; vom 29. November 2000 I B 8/00, BFH/NV 2001, 624). Das ist nicht geschehen.

4. Die Entscheidung des FG ist auch nicht willkürlich. Willkür liegt nur vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird. Das ist erst der Fall, wenn der Richterspruch unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich der Schluss aufdrängt, er beruhe auf sachfremden Erwägungen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Mai 1984 1 BvR 967/83, BVerfGE 67, 90). Hierfür bieten weder der Vortrag der Klägerin noch die Akten einen Anhaltspunkt.

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