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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.06.2000
Aktenzeichen: V B 21/00
Rechtsgebiete: HGB, FGO, BFHEntlG


Vorschriften:

HGB § 425 ff.
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) schloss am 17. Februar 1993 mit einem Zeitungsverlag einen "Auslieferungsvertrag". Danach übernahm er als selbständiger Kleinspediteur i.S. von § 425 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) die Auslieferung von Zeitungen an Zusteller. Der Vertrag wurde am 8. August 1995 erneuert. Über seine Leistungen rechnete er mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer ab.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte die Umsatzsteuer für 1994 und für das II. Quartal 1996 zunächst entsprechend den vom Kläger eingereichten Steuererklärungen fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, er sei nicht selbständig tätig und habe kein Gewerbe angemeldet. Mit der gleichen Begründung griff er die Umsatzsteuer-Voranmeldung für das II. Quartal 1997 an, die aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen ergangen war. Die Einsprüche wies das FA zurück.

Die Klagen gegen die Steuerfestsetzung für 1994 und für das II. Quartal 1996 (Aktenzeichen des Finanzgerichts --FG-- V 194/97) und gegen die Steuerfestsetzung für das II. Quartal 1997 (FG V 5/98) hatten keinen Erfolg. Das FG wies die Klagen als unbegründet ab, weil der Kläger nach dem Gesamtbild der Verhältnisse selbständig tätig geworden sei. Dazu zog es die Grundsätze aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Abgrenzung von selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit heran. Danach sei der Kläger als Unternehmer tätig geworden; denn er habe als selbständiger Kleinspediteur (§§ 425 ff. HGB) mit einem von ihm gestellten Fahrzeug Zeitungen gegen Entgelt ausgeliefert. Er habe ein Unternehmerrisiko getragen, weil er leistungsbezogen nach gefahrenen Kilometern bezahlt worden sei, und im Verhinderungsfall auf eigene Kosten einen geeigneten Vertreter habe beauftragen müssen. Er habe keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub gehabt. Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung habe er von seinem Vertragspartner nicht beanspruchen können. Bei der beruflichen Tätigkeit erlittene Schäden an seinem Fahrzeug habe er selbst ausgleichen müssen.

Mit den Beschwerden begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zur Begründung macht er u.a. geltend, es gebe in Deutschland viele Auslieferungsfahrer, für die noch nicht grundsätzlich geklärt sei, ob sie eine selbständige Tätigkeit ausübten.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision gegen die Vorentscheidungen zuzulassen.

Das FA ist den Beschwerden entgegengetreten.

2. Der Senat hält es wegen der übereinstimmenden Sachverhalte und der im Wesentlichen gleichen Begründungen für zweckmäßig, die Beschwerden wegen der Nichtzulassung der Revision gegen die Vorentscheidung (FG V 194/97) wegen Umsatzsteuer für 1994 und für das II. Quartal 1996 (V B 20/00) und gegen die Vorentscheidung (FG V 5/98) wegen Umsatzsteuer für das II. Quartal 1997 (V B 21/00) zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO).

3. Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig. Der Kläger hat Zulassungsgründe in der gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) innerhalb der dafür bestimmten Frist von einem Monat nach Zustellung der Urteile (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) nicht ordnungsgemäß dargelegt und nicht bezeichnet.

a) Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat der Kläger nicht dargelegt.

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt. Er muss darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit) und dass dem Revisionsgericht eine Klärung möglich ist (Klärbarkeit). Der Kläger muss außerdem die Bedeutsamkeit der Beantwortung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung für die Allgemeinheit substantiiert dartun. Dazu muss er erläutern, welche über den Streitfall hinausgehende Bedeutung eine Entscheidung über die nicht nur an den Besonderheiten des Streitfalls orientierten Rechtsfrage hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. März 1994 VII B 44/94, BFH/NV 1994, 812; vom 17. Februar 1993 II B 118/92, BFH/NV 1994, 123).

Diesen formellen Anforderungen genügen die Beschwerden nicht. In den Beschwerdebegründungen hat der Kläger keine abstrakten klärungsbedürftigen Rechtsfragen hervorgehoben. Dazu reicht der Hinweis nicht aus, der BFH habe noch kein Grundsatzurteil für Auslieferungsfahrer gefällt. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung, ob Auslieferungsfahrer selbständig i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980/1993 sind, ist nach den dafür entwickelten Grundsätzen, die das FG zutreffend herangezogen hat (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534 - Rundfunkermittler), zu treffen. Sie ist nicht nach Berufsgruppen, sondern danach zu entscheiden, ob die jeweilige berufliche Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse überwiegend Merkmale für eine Selbständigkeit aufweist. Wenn der Kläger dabei zu einer anderen Abwägung als das FG kommt, bringt er lediglich zum Ausdruck, dass er die Vorentscheidung für unzutreffend hält, legt damit aber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar. Im Übrigen sind die von ihm hervorgehobenen Weisungen des Zeitungsverlages, wann und wie er die Zeitungen habe ausliefern müssen, keine zwingenden Beweisanzeichen für eine nichtselbständige Tätigkeit, sondern füllen --wie das FG sinngemäß ausgeführt hat-- nur den Inhalt des Speditionsverhältnisses aus.

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

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