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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.05.2000
Aktenzeichen: V B 25/00
Rechtsgebiete: UStG, BewG, AO 1977, BFHEntlG


Vorschriften:

UStG § 24 Abs. 4 Satz 1
UStG § 24
UStG § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
BewG § 51
AO 1977 § 110 Abs. 1
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist von Beruf Techniker. Mit Kaufvertrag vom 20. Juni 1990 erwarb er für 1 Mio. DM einen landwirtschaftlichen Betrieb, der mit Ausnahme des spätestens am 1. Mai 1991 zu übergebenden Wohnhauses dem Kläger am 1. Oktober 1990 übergeben wurde. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wandte sich am 30. Januar 1991 an den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) und beantragte eine neue Steuernummer unter Hinweis auf den Erwerb des landwirtschaftlichen Anwesens, auf dem der Kläger --der bereits in der Vergangenheit mit der Pferdezucht begonnen habe und Mitglied des ... Zuchtverbandes sei-- eine Pferdezucht auf vollberuflicher Basis betreiben werde. Entsprechend dem Bau- und Abbruchgesuch vom 5. Juni 1991 und der Baugenehmigung vom 13. September 1991 wurde im Jahr 1991 das Anwesen teilweise abgebrochen und gleichzeitig mit dem Neubau von Koppeln und Stallungen begonnen und aufgrund weiterer Baugenehmigungen von Februar 1992 und der Folgejahre das gesamte Anwesen umgestaltet und erweitert. Das Einzelunternehmen des Klägers firmierte dabei als "A".

Am 6. November 1991 beantragte der Kläger beim FA die Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und für die Entrichtung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen gemäß § 46 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) und gab eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für das III. Quartal 1991 mit einer Zahllast von 0 DM ab. In seiner Umsatzsteuererklärung für 1990 vom 7. September 1992 für das "A im Bau" gab der Kläger die Umsätze mit 0 DM und Vorsteuern in Höhe von ... DM an.

Das FA setzte im Umsatzsteuerbescheid für 1990 die Umsatzsteuer auf 0 DM fest. In der Umsatzsteuer-Voranmeldung III/91 sei zwar zugleich eine Erklärung nach § 24 Abs. 4 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu sehen; für 1990 sei jedoch noch § 24 UStG anzuwenden, da der Kläger die Optionsfrist nach § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG nicht eingehalten habe.

Mit seinem Einspruch machte der Kläger geltend, wegen landwirtschafts- und baurechtlicher Hemmnisse habe er erst Mitte des Jahres 1991 anfangen können, den Gestütsbetrieb seinem Gesamtkonzept entsprechend umzugestalten; er habe deshalb nicht früher für die Regelbesteuerung optieren können. Im Übrigen sei § 24 UStG schon deshalb im Streitjahr 1990 nicht anwendbar, da kein landwirtschaftlicher Betrieb vorgelegen habe, sondern Vermietung und Verpachtung. Ohne die Stellung eines "privilegierten Landwirts" hätte der Bauernhof wieder mit Verlust verkauft werden müssen; er sei zunächst nur "Vorratsvermögen" gewesen.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus: Bei dem Einzelunternehmen des Klägers handle es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb i.S. von § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG, denn jedenfalls im Streitjahr lägen die flächenmäßigen Voraussetzungen des § 51 des Bewertungsgesetzes (BewG) vor. Entgegen der Auffassung des Klägers habe die unternehmerische Tätigkeit bereits im Streitjahr begonnen, denn auch Vorbereitungshandlungen wie im Streitfall der Grundstückskauf mit dem ausdrücklich erklärten Ziel, eine Pferdezucht zu beginnen, zählten dazu. Auch der erfolglose Unternehmer, bei dem es später nicht oder nicht nachhaltig zur Ausführung entgeltlicher Leistungen komme, behalte die ursprüngliche Unternehmereigenschaft.

Der Kläger habe die Frist für die Option der Regelbesteuerung nach § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG versäumt; Wiedereinsetzungsgründe gemäß § 110 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) seien weder vorgetragen noch offenkundig und im Übrigen die Wiedereinsetzung durch Zeitablauf ausgeschlossen (§ 110 Abs. 3 AO 1977).

Verfassungsrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Bedenken an der Vorschrift des § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG bestünden nicht.

Führe die von Verfassungs wegen zulässige Typisierung im Einzelfall --wie der Kläger meine-- zu sachwidrigen Ergebnissen, sei nicht die Vorschrift verfassungswidrig, sondern sei einer solchen Sachwidrigkeit durch einen --ebenfalls gesetzlich vorgesehenen-- (teilweisen) Erlass Rechnung zu tragen; hierüber sei nicht im Steuerfestsetzungs-, sondern im Billigkeitsverfahren zu entscheiden.

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) muss --abgesehen von dem Ausnahmefall ihrer Offenkundigkeit-- schlüssig dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Diesem Erfordernis genügt die Beschwerdeschrift nicht, soweit sie die Frage des "Beginns der Unternehmertätigkeit" thematisiert. Es fehlt insbesondere eine nähere Darlegung des Klägers darüber, warum die Frage, zu welchem Zeitpunkt die unternehmerische Tätigkeit --hier der landwirtschaftliche Betrieb einer Pferdezucht-- beginnt, einer erneuten Klärung bedarf. Hierzu hätte es insbesondere einer Auseinandersetzung mit der umfänglichen neueren und von der Vorinstanz herangezogenen und befürworteten Rechtsprechung bedurft, wonach zur unternehmerischen Tätigkeit bereits Vorbereitungshandlungen gehören und es nicht darauf ankommt, ob in dem maßgebenden Kalenderjahr bereits Umsätze getätigt wurden (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhof --BFH-- vom 17. September 1998 V R 28/98, BFHE 187, 67, BStBl II 1999, 146, m.w.N. der BFH-Rechtsprechung und der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften --EuGH--). Der Kläger beschränkt sich insoweit im Wesentlichen auf die Darlegung, bei der Landwirtschaft, insbesondere bei der Pferdezucht, die typischerweise eine Tätigkeit im Hobbybereich sei, müssten andere Grundsätze gelten, ohne sich mit den Überlegungen der vorhandenen Rechtsprechung zur Frage des Beginns der Unternehmertätigkeit auseinander zu setzen.

2. Auch soweit sich der Kläger gegen die Regelung der Optionsfrist in § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG wendet, hat er keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.

a) Wie der erkennende Senat bereits im Urteil vom 23. April 1998 V R 64/96 (BFHE 185, 321, BStBl II 1998, 494) ausgeführt hat, sieht die Sechste Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) in Art. 25 für die --grundsätzlich zulässigen Pauschalregelungen für landwirtschaftliche Erzeuger-- in Abs. 10 des Art. 25 lediglich vor, dass "jeder Pauschallandwirt ... nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten und Voraussetzungen das Recht (hat), für die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder ggf. der vereinfachten Regelung nach Art. 24 Abs. 1 zu optieren" und überlässt die Einzelheiten danach ausdrücklich den Mitgliedstaaten. Es ist nicht erkennbar, welche gemeinschaftsrechtlichen Bedenken nach Ansicht des Klägers gegen die Optionsregelung bestehen sollen.

b) Nach dem Beschwerdevortrag des Klägers bestehen verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Optionsfrist, weil andere Optionsrechte --"sowohl die Optionsentscheidung zwischen steuerbefreiten und steuerpflichtigen Umsätzen (z.B. bei Vermietung und Verpachtung), wie auch die Optionserklärungen zwischen Kleinunternehmern und Regelbesteuerten"-- bis zur Bestandskraft der Veranlagung erklärt werden könnten, während "ausgerechnet bei der Landwirtschaft" eine kürzere Optionsfrist gelte. Er sieht einen "Systembruch" darin, dass einerseits die "Landwirte faktisch durch die Grundsätze der Durchschnittsbesteuerung quasi zu 'Nicht'unternehmern gemacht werden", andererseits aber, obwohl die Landwirtschaft mit "unglaublichen Milliardenbeträgen" subventioniert werde, der Landwirt sich schon kurz nach Ablauf des Kalenderjahres entscheiden müsse, ob die Pauschalbesteuerung für ihn ausnahmsweise wegen hoher Investitionen günstiger wäre.

Abgesehen davon, dass der Kläger nicht dargelegt hat, gegen welche Norm der Verfassung die Regelung der Optionsfrist verstoßen soll, ist mit allgemein gehaltenen rechts- und ordnungspolitischen Ausführungen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt. Soweit der Kläger die Besonderheiten des vorliegenden Falles betont, hätte er sich im Übrigen auch mit der --vom FG im angefochtenen Urteil ausdrücklich angesprochenen-- ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auseinandersetzen müssen, wonach sich der Gesetzgeber --auch unter Berücksichtigung des Art. 3 des Grundgesetzes-- grundsätzlich am Regelfall orientieren darf und nicht gehalten ist, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BStBl II 1997, 518, unter I. 1. der Entscheidungsgründe). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf 1. c) der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Von der Bekanntgabe einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

Ende der Entscheidung

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