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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.12.2004
Aktenzeichen: V B 32/03
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 233a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb ein Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von ...artikeln Im Streitjahr 1993 übertrug sie sämtliche "aktive Wirtschaftsgüter" mit Ausnahme der Grundstücke zum Buchwert auf eine GmbH und erteilte hierüber eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer. Dieser Umsatz wurde weder von der GmbH noch von der Klägerin in ihren Umsatzsteuererklärungen berücksichtigt.

Die Betriebsgrundstücke brachte die Klägerin im Streitjahr 1993 in eine neu gegründete Objektverwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein. Als Gegenleistung wurde eine Schuldenübernahme sowie die Überlassung von Gesellschaftsrechten vereinbart. Über den Verkauf der Grundstücke erteilte die Klägerin eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis. Auch diese Umsätze wurden weder von der Klägerin noch von der GbR in ihren Umsatzsteuererklärungen erfasst.

Die Umsatzsteuer der Klägerin für das Streitjahr 1993 wurde erklärungsgemäß festgesetzt.

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Ansicht, dass die Umsatzsteuer für den Verkauf der "aktiven Wirtschaftsgüter" unter Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage zu ermitteln sei, die auch die stillen Reserven und den Firmenwert umfasse. Außerdem sei eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung der Grundstücke an die GbR erfolgt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ im Jahre 1999 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 1993. Auf den Nachzahlungsbetrag in Höhe von ... DM wurden Nachforderungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) in Höhe von ... DM festgesetzt.

Den Antrag der Klägerin auf Erlass der Nachzahlungszinsen lehnte das FA mit Bescheid vom ... ab. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet abwies. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, eine im Streitfall allein in Betracht kommende sachliche Unbilligkeit liege nicht vor. Die Klägerin habe in Höhe der nachträglich festgesetzten Beträge einen Liquiditätsvorteil gehabt, weil die Umsatzsteuer insoweit erst im Jahre 1999 habe festgesetzt werden können und entsprechend später bezahlt worden sei. Die Verzinsung sei auch nicht deswegen unbillig, weil die Klägerin von einer sog. Null-Situation ausgegangen sei. Sie habe angenommen, dass keine Umsatzversteuerung durch den Leistenden erfolge und der Vorsteuerabzug aufgrund interner Verrechnung nicht vorgenommen werde. Da die Zinsregelung des § 233a AO 1977 jedoch darauf abziele, Vorteile abzuschöpfen, die der Steuerpflichtige erzielt habe, komme es auf das Vorliegen eines Vorteils auf Seiten des Steuerpflichtigen an, nicht dagegen darauf, wann der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug in Anspruch nehme.

Mit der Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision. Sie macht geltend, die Fortbildung des Rechts erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH). Außerdem sei die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung. Zudem rügt sie das Vorliegen eines Verfahrensmangels.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach Ansicht der Klägerin muss höchstrichterlich geklärt werden, ob ein Liquiditätsvorteil i.S. des § 233a AO 1977 gegeben ist, "wenn nachträglich Besteuerungsgrundlagen erfasst werden, die beim Vertragsabschluss vom Steuerpflichtigen nicht als Leistungsaustausch gewollt worden sind".

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage handeln. Eine Rechtsfrage ist dann nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH beantwortet werden kann und keine neuen rechtlichen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, z.B. Rechtsprechungsnachweise Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 28, m.w.N.).

Durch die Rechtsprechung ist geklärt,

- dass die Verzinsung der nachträglich festgesetzten Umsatzsteuer nicht deshalb sachlich unbillig ist, weil der Leistende von einer sog. Null-Situation (keine Umsatzversteuerung durch den Leistenden, kein Vorsteuerabzug des Empfängers) ausgegangen war (BFH-Beschluss vom 18. September 2001 V B 205/00, BFH/NV 2002, 307). Ob die Nachforderung aufgrund einer Außenprüfung erfolgt, ist ebenso unerheblich wie die Frage, aus welchem Grund nachträglich Besteuerungsgrundlagen erfasst werden.

Geklärt ist weiter,

- dass die Zinsregelung des § 233a AO 1977 --im Falle der Steuernachforderung-- darauf abzielt, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden und die Festsetzung der Zinsen nach § 233a AO 1977 grundsätzlich rechtmäßig ist, wenn der Schuldner der Steuernachforderung deswegen Liquiditätsvorteile gehabt hat, weil er von der Zahlung der geschuldeten Steuer vorerst --wegen unzutreffender Steuerfestsetzung-- "freigestellt" war (BFH-Urteile vom 19. Dezember 2002 V R 66/00, BFH/NV 2003, 591; vom 16. August 2001 V R 72/00, BFH/NV 2002, 545), und

- dass grundsätzlich unbeachtlich ist, ob der Steuerpflichtige die möglichen Zinsvorteile tatsächlich gezogen hat (BFH-Urteile vom 23. Oktober 2003 V R 2/02, BFHE 203, 410, BStBl II 2004, 39; vom 15. Oktober 1998 IV R 69/97, BFHE 187, 198).

Daraus folgt, dass für eine Zulassung der Revision zur Rechtsfortbildung hinsichtlich der Verzinsung in Fällen der vorliegenden Art (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) kein Anlass besteht.

2. Das Vorliegen eines Verfahrensfehlers hat die Klägerin nicht schlüssig gerügt.

Die Darlegung eines Verfahrensmangels erfordert die genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, und den schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (vgl. Gräber/ Ruban, a.a.O, § 116 Rz. 49, § 120 Rz. 67, mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Das Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz, "das FG habe die Verlautbarungen des vertragsgestaltenden Rechtsanwalts nicht berücksichtigt, dass der Firmenwert als Kaufgegenstand bei Vertragsabschluss nicht vereinbart worden sei, obwohl diese Tatsache aus der Aktenlage eindeutig hervorgegangen sei", genügt diesen Anforderungen nicht. Insbesondere fehlt es an Ausführungen dazu, weshalb die Entscheidung des FG, ausgehend von dessen materieller Rechtsauffassung, im Falle der Berücksichtigung der entsprechenden Tatsachen anders ausgefallen wäre.

Ende der Entscheidung

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