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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.10.1998
Aktenzeichen: V B 80/98
Rechtsgebiete: UStG, FGO


Vorschriften:

UStG § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
UStG § 24a Abs. 1
FGO § 105 Abs. 5
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 u. Nr. 3
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte im Streitjahr 1986 einen Tierzuchtbetrieb i.S. des § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (im folgenden nur: UStG). In dieser Besamungsstation für Rinder zog die Rechtsvorgängerin der Klägerin eigene Bullen für künstliche Tierbesamungen auf. Sie führte die Besamungen mit angestellten Tierärzten und Besamungstechnikern aus. Die sog. Besamungsgebühren waren in drei Preisklassen unterteilt und betrugen entsprechend dem genetischen Potential der Vererber ... DM, ... DM oder ... DM. Es handelte sich um Festpreise, die für die Erstbesamung sowie zwei Nachbesamungen, für die Spermabereitstellung und die Fahrtkosten des Besamungstechnikers erhoben wurden. Für Sonderbestellungen und Besamungen von Spitzenvererbern wurden zusätzliche Portionspreise berechnet. Mit der Gebühr wurden außerdem auch Leistungen der Rechtsvorgängerin der Klägerin für die Aufzucht der Bullen, die Zuchtauswahl, die Samengewinnung und die Lagerung des Samens abgegolten. In schriftlichen Hinweisen an die Leistungsempfänger wurden diese aufgefordert, "beim Besamungserfolg" mitzuhelfen.

Die Klägerin begehrte bei der Umsatzsteuerfestsetzung für 1986 die Kürzung der geschuldeten Steuer um 5 v.H. der Entgelte für die Lieferung von Gegenständen (§ 24a Abs. 1 UStG), weil sie die Besamung als Werklieferung beurteilte.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) lehnte dies in der Steuerfestsetzung für 1986 und in der Einspruchsentscheidung ab, weil er die künstliche Besamung von Rindern als sonstige Leistung und nicht als Lieferung ansah. Zur Begründung führte er in der Einspruchsentscheidung u.a. aus, die Leistung bei der Tierbesamung bestehe nicht vorrangig in der Übereignung des Samens, sondern in der Besamung mit dem Ziel der erfolgreichen Befruchtung.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage ab. Es folgte der Begründung des FA in der Einspruchsentscheidung (§ 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Ergänzend führte das FG u.a. aus, eine Änderung der rechtlichen Beurteilung der Besamungsleistung als sonstige Leistung gegenüber dieser rechtlichen Würdigung in dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Dezember 1971 V R 64/70 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1972, 190) sei wegen der tatsächlichen Entwicklung bis zum Streitjahr nicht notwendig. Die Klägerin erhalte das Entgelt für sämtliche Leistungen, die sie bei der Besamung für ihre Mitglieder erbringe, nicht nur für die Lieferung des Samens. Dafür sei im Streitfall auch kein Entgeltanteil abtrennbar. Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in dem Urteil vom 2. Mai 1996 Rs. C-231/94 - Faaborg-Gelting Linien A/S (Slg. 1996, I-2395, Umsatzsteuer-Rundschau 1996, 220) entschieden habe, komme es bei der Gesamtbetrachtung eines Vorgangs, bei dem Lieferung und Dienstleistung abgegrenzt werden müßten, auf den Wert des gelieferten Gegenstands nicht an.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und wegen Verfahrensfehlern (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, 3 FGO).

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Revision kann nur wegen klärungsbedürftiger und klärbarer Rechtsfragen zugelassen werden.

Die Rechtsgrundsätze zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen sind indessen allgemein (vgl. Urteile des BFH vom 23. Oktober 1997 V R 36/96, BFHE 185, 71, BStBl II 1998, 584, und vom 26. September 1991 V R 33/87, BFHE 166, 407, BStBl II 1992, 313) und für einen mit dem Streitfall vergleichbaren Sachverhalt geklärt. Nach den vom FG festgestellten Umständen ist die Leistung der Rechtsvorgängerin der Klägerin --übereinstimmend mit den vom BFH in HFR 1972, 190 dargelegten Grundsätzen-- als sonstige Leistung zu beurteilen.

Inhalt der erbrachten Leistungen war nicht die Übereignung des Samens, sondern die Besamung von Rindern mit dem Ziel der Befruchtung gewesen. Da die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu unentgeltlichen Nachbesamungen verpflichtet war, kann nicht die einmalige Lieferung von Samen, sondern das Ergebnis der Befruchtung Leistungsgegenstand gewesen sein. Die Nachbesamung durch dafür vorgebildete Besamungstechniker ist von vornherein vertraglich vereinbart und nicht als Mängelhaftung geschuldet worden. Die Klägerin hat außer dem nicht ausreichenden Hinweis auf das unterschiedliche gentechnische Potential keine nicht bereits geklärten rechtlich erheblichen Gesichtspunkte geltend gemacht.

2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen, weil die Beschwerde insoweit unzulässig ist. Gründe, die nach Ablauf der Beschwerdefrist geltend gemacht werden, dürfen bei der Prüfung der Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht berücksichtigt werden (BFH-Beschluß vom 16. Januar 1989 V B 4/88, BFH/NV 1989, 791; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 115 FGO Tz. 87).

Falls die Klägerin Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) durch das FG hat rügen wollen, hätte sie in der Beschwerde darlegen müssen, welche Tatsachenbehauptung aufklärungsbedürftig gewesen ist, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen das FG nicht ausgeschöpft hat, weshalb sie nicht selbst eine entsprechende Beweiserhebung beantragt hat oder weshalb sich dem FG die Beweiserhebung ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 28. Juli 1997 VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29, m.w.N.).

Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdeschrift nicht. Die Klägerin legt sinngemäß nur dar, das FG habe "den Beweis" (gemeint ist das Bullenverzeichnis 1986, auf dessen Inhalt sich die Klägerin für ihre Rechtsauffassung bezogen hatte) "zwar angesprochen, aber nicht schlüssig verwendet". Damit greift die Klägerin lediglich die Beweisergebnisse des FG an, die es durch die Würdigung der Beweismittel erlangt hat. Sie wendet sich gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung und rügt keinen Verfahrensfehler (vgl. BFH-Beschluß vom 7. Mai 1997 V B 123/96, BFH/NV 1998, 33).

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