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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.09.2006
Aktenzeichen: V B 99/05
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 41
FGO § 94
FGO § 96 Abs. 1
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
FGO § 133a
ZPO § 164 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) und ihre beiden Brüder (B. und E.O.) waren je zu einem Drittel Miteigentümer eines Hauses in M. Nach den Feststellungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) wurden die in diesem Haus befindlichen Wohnungen ab 1. Oktober 1998 bzw. 1. Januar 1999 unter Verzicht auf die Steuerbefreiung umsatzsteuerpflichtig vermietet. Die entsprechenden Umsatzsteuererklärungen bzw. -voranmeldungen gab E.O. beim FA ab; da dieses von den Steuererklärungen nicht abwich, ergingen keine Steuerbescheide. Gegen die als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung geltenden Steueranmeldungen (§ 168 Satz 1 der Abgabenordnung --AO 1977--) legte die Klägerin Einspruch ein mit der Begründung, sie sei nicht Mitunternehmerin. Das FA verwarf die Einsprüche als unzulässig, weil die Klägerin im eigenen Namen für die Grundstücksgemeinschaft nicht einspruchsbefugt sei. Mit der hiergegen erhobenen Klage beantragte die Klägerin zunächst, die Einspruchsentscheidung über die Umsatzsteuer 1998 bis 2000 (isoliert) aufzuheben, da das FA eine Sachentscheidung zu Unrecht abgelehnt habe, hilfsweise und vorsorglich, gemäß § 41 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Unwirksamkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen festzustellen; mit Schriftsatz vom 20. April 2005 schrieb die Klägerin an das Finanzgericht (FG): "...; ein entsprechender Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit war ohnehin bereits gestellt worden und wird als nunmehriger Antrag aufrechterhalten". Im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens hat die Klägerin die Klage betreffend Umsatzsteuer 1998 zurückgenommen.

Das FG wies die Klage ab und ließ die Revision nicht zu. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde (V B 99/05).

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2005 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 6. Juli 2005 die Berichtigung des Protokolls über den Erörterungstermin vom 5. November 2004; diesen Antrag lehnte das FG mit Beschluss vom 13. Juli 2005 ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 19. Juli 2005 (V B 121/05).

II. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde (V B 99/05) hat keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die Klägerin hat ihre Beschwerde ausschließlich auf Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gestützt; die behaupteten Mängel liegen indes nicht vor:

a) Keinen Erfolg hat die Beschwerde, soweit die Klägerin Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) bzw. einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 FGO (Bindung an das Klagebegehren bzw. Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten) geltend macht, indem das FG in erster Linie auf der Grundlage des ursprünglichen Klageantrages --isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung-- entschieden habe, obwohl der Klageantrag mit Schreiben vom 20. April 2005 auf die Feststellung der Nichtigkeit der Steuerfestsetzungen abgeändert worden sei. Abgesehen davon, dass die Formulierung in diesem Schreiben ("... aufrechterhalten ...") auch die Auslegung zulässt, dass die Nichtigkeitsfeststellung nach wie vor nur hilfsweise beantragt wird, kann die Entscheidung des FG auch nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf dem Festhalten am ursprünglichen Klageantrag "beruhen", weil sich das FG auch mit der Frage der Nichtigkeitsfeststellung auseinander gesetzt hat. Dass es dabei eine andere als die von der Klägerin gewünschte Rechtsauffassung vertreten hat, stellt keinen Verfahrensmangel dar.

b) Das FG hat die Ausführungen der Klägerin zur Nichtigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen erkennbar zur Kenntnis genommen und lediglich eine andere rechtliche Würdigung als die Klägerin in ihrem Vortrag vorgenommen; hierin liegt keine Verletzung rechtlichen Gehörs.

c) Weiterhin rügt die Klägerin einen Verstoß gegen § 96 Abs. 2 FGO (rechtliches Gehör) dadurch, dass das FG nicht für die vollständige Vorlage der Akten des FA gesorgt habe (§ 71 Abs. 2 FGO). Insoweit hätte die Klägerin aber in der Beschwerdebegründung konkret darlegen müssen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO), dass und inwiefern die Akten unvollständig gewesen sein sollen und weshalb die Entscheidung des FG hierauf beruhe. Dies ist nicht geschehen.

d) Ebenfalls nicht dargelegt wurde, weshalb die Entscheidung des FG darauf beruhen solle, dass der von der Klägerin behauptete Widerstreit der Steuerbescheide der Finanzämter D und K vom FG nicht aufgeklärt wurde.

e) Auch soweit die Klägerin einen Verstoß gegen die Sachverhaltsermittlungspflicht des FG rügt, als es die Klärung der Frage unterlassen habe, wer tatsächlich Steuerschuldner sei --die Gemeinschaft oder E.O.--, hat die Beschwerde keinen Erfolg. Denn in keinem Fall konnte die Klägerin als nicht betroffene Adressatin des Bescheides --der als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkenden Steueranmeldung-- dessen Nichtigkeit geltend machen. Ob das FG die Frage der Steuerschuldnerschaft richtig beurteilt hat oder --wie die Klägerin meint-- nicht, ist innerhalb der Nichtzulassungsbeschwerde unerheblich, weil eine etwaige fehlerhafte Beurteilung einer Rechtsfrage nicht als Verfahrensmangel gerügt werden kann.

f) Verstöße gegen das Gebot der Willkürfreiheit und des fairen Verfahrens sind nicht hinreichend dargelegt und nicht erkennbar; insbesondere kann ein diesbezüglicher Verfahrensmangel nicht darin gesehen werden, dass die ursprünglich vom Berichterstatter vertretene Meinung wieder aufgegeben wird bzw. vom Senat mehrheitlich nicht geteilt wird.

g) Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.

2. Die Beschwerde gegen den Beschluss über die Ablehnung des Antrages auf Berichtigung des Protokolls über den Erörterungstermin vom 5. November 2004 (V B 121/05) ist nicht statthaft, weil die Protokollberichtigung als sog. unvertretbare Handlung nur durch den Instanzrichter erfolgen kann (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 1. April 2003 X B 16/03, BFH/NV 2003, 1079); die Beschwerde war deshalb als unzulässig zu verwerfen. Es greift hiervon auch nicht etwa eine Ausnahme deshalb ein, weil das FG den --nach § 94 FGO i.V.m. § 164 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) jederzeit möglichen-- Protokollberichtigungsantrag fälschlicherweise als Protokollergänzungsantrag behandelt hätte, der nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden kann (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Denn das FG hat den Berichtigungsantrag inhaltlich ausdrücklich deshalb abgelehnt, weil das Protokoll alle wesentlichen Äußerungen der Beteiligten und des Berichterstatters enthalte und den Ablauf des Erörterungstermins korrekt wiedergebe. Ersichtlich hat das FG auf einen Antrag zur Protokollergänzung nur insoweit abgestellt, als ein derartiger Antrag im Berichtigungsantrag mit enthalten sein könnte.

Im Übrigen ist auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Protokollberichtigung entfallen, weil das FG-Urteil durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde (s.o. II. 1.) rechtskräftig geworden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 5. September 2001 XI B 41/01, BFH/NV 2002, 206). Auf die Frage, ob gegen die Ablehnung der Protokollberichtigung durch das FG die Anhörungsrüge nach § 133a FGO beim FG erhoben werden könnte, kommt es im Verfahren vor dem BFH nicht an.

Ende der Entscheidung

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