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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 30.01.2003
Aktenzeichen: V R 13/02
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 10 Buchst. b
UStG § 10 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt ein Autohaus mit Kfz-Handel und Reparaturwerkstatt. In den Streitjahren 1992 bis 1994 bot der Kläger beim Verkauf von Gebrauchtwagen den Käufern eine Garantie für bestimmte Bauteile an, wobei die CG Garantie-Versicherungs-AG (CG) Versicherungsschutz gewährte. Die Käufer, die die Garantie in Anspruch nahmen, konnten die erforderlichen Reparaturen beim Kläger oder bei einer vom Hersteller anerkannten Werkstätte durchführen lassen. In §§ 1 und 6 der in den Streitjahren geltenden "Garantiebedingungen" hieß es:

"§ 1 Inhalt der Garantie

1. Der Verkäufer/Garantiegeber gibt dem Käufer eine Garantie, die die Funktionsfähigkeit der ... Baugruppen ... umfaßt. Diese Garantie ist durch die CG versichert.

2. Aus der Garantie wird Entschädigung geleistet, wenn eines der garantierten Teile ... seine Funktionsfähigkeit verliert und dadurch eine Reparatur erforderlich wird.

§ 6 Schadensregulierung, Eintrittspflicht

1. Die CG übernimmt für den Verkäufer/Garantiegeber im Garantiefall die Schadensregulierung. Der CG ist eine Reparaturrechnung, aus der die ausgeführten Arbeiten, ... ersichtlich sein müssen, einzureichen.

2. Ansprüche aus der geleisteten Garantie sind vom Käufer/Garantienehmer ausschließlich und unmittelbar gegenüber der CG geltend zu machen."

Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 1992 bis 1994 wurde u.a. festgestellt, dass die für die Verschaffung von Versicherungsschutz nach dem sog. CG-Car-Garantiemodell vereinnahmten Erlöse in Höhe von 18 364,57 DM (1992), 13 723,82 DM (1993), und 21 331,56 DM (1994) umsatzsteuerfrei behandelt worden waren.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) hielt dies für unzutreffend und erhöhte die steuerpflichtigen Umsätze um die jeweiligen Netto-Beträge, was zu einer Erhöhung der Umsatzsteuer um 2 255,26 DM (1992), 1 789,95 DM (1993) und 2 782,20 DM (1994) führte.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gegen diese Bescheide statt und setzte die Umsatzsteuer um die zuvor genannten Beträge herab. Es meinte, es liege eine steuerfreie Verschaffung von Versicherungsschutz vor; diese sei keine bloße Nebenleistung zur steuerpflichtigen Lieferung der Gebraucht- und Neuwagen (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2002, 644).

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts; es hält die Garantieleistung des Klägers nach wie vor für eine steuerpflichtige Nebenleistung zum Verkauf der Kraftfahrzeuge.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

II. Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht angenommen, dass der Kläger seinen Kunden Versicherungsschutz verschafft hat und dass diese Leistung steuerfrei ist.

1. Nach § 4 Nr. 10 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 (UStG) sind die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird, steuerfrei.

Die Verschaffung eines Versicherungsschutzes liegt vor, wenn der Unternehmer mit einem Versicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag zugunsten eines Dritten abschließt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Oktober 2002 V R 67/01, BFH/NV 2003, 130, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2002, 2169).

Im Streitfall hatte der Kläger zugunsten der Kunden, die dies wünschten, mit der CG einen Versicherungsvertrag abgeschlossen. Der Kläger war Versicherungsnehmer, die aus dem Versicherungsvertrag resultierenden Ansprüche auf Schadensregulierung konnten die Kunden unmittelbar gegenüber der CG geltend machen. Gegenstand der Versicherung waren in der Person der Gebrauchtwagenkäufer eingetretene Schäden (vgl. BFH-Urteil in DStR 2002, 2169).

2. Das FG hat auch zu Recht eine unselbständige Nebenleistung zur Veräußerung der Gebrauchtwagen verneint.

Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen; entscheidend ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96, CPP, Slg. 1999, I-973; BFH-Urteile vom 31. Mai 2001 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658, und in DStR 2002, 2169).

Die Verschaffung des Versicherungsschutzes hat neben der Fahrzeuglieferung einen eigenen Zweck; sie hat ähnlich wie eine Kaskoversicherung den Zweck, das erworbene Fahrzeug gegen Schäden zu versichern. Sie stellt nicht (lediglich) das Mittel dar, um die Hauptleistung des Leistenden --die Fahrzeuglieferung-- unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Dem entspricht auch die Sicht des Durchschnittsverbrauchers; für ihn macht es einen Unterschied, ob er lediglich einen Gebrauchtwagen kauft und dabei allenfalls Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Gebrauchtwagenverkäufer erhält, oder ob er zusätzlich zum Kaufpreis noch eine Zahlung für den Erwerb von Versicherungsansprüchen gegenüber einem Versicherer leistet.

Durch die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG soll eine doppelte Belastung des Versicherten mit Versicherungssteuer und Umsatzsteuer vermieden werden (BFH-Urteil in DStR 2002, 2169, m.w.N.). Da die von dem Kläger für die Verschaffung des Versicherungsschutzes erhaltenen Entgelte die Versicherungsprämie und damit auch die darin enthaltene Versicherungssteuer umfassen, sind auch seine Kunden mit der Versicherungssteuer belastet. Es würde deshalb dem Sinn des § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG widersprechen, wenn die Verschaffung des Versicherungsschutzes zusätzlich umsatzsteuerpflichtig wäre. Dies gilt umso mehr, als die Reparaturleistungen im Versicherungsfall, die von der CG bezahlt werden, ihrerseits umsatzsteuerpflichtig sind; die Zahlungen der CG sind Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG (vgl. BFH-Urteil in DStR 2002, 2169).

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