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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 03.12.1998
Aktenzeichen: V R 48/98
Rechtsgebiete: UStG 1980


Vorschriften:

UStG 1980 § 15 Abs. 1 Nr. 1
UStG 1980 § 24 Abs. 1
UStG 1980 § 2
BUNDESFINANZHOF

Ein Unternehmer bezieht Bauleistungen für die Errichtung einer Lagerhalle auf einem vorher landwirtschaftlich genutzten Grundstück nicht im Rahmen seines der Durchschnittsatzbesteuerung unterliegenden landwirtschaftlichen Betriebes, wenn die Halle --wie geplant-- an einen außerlandwirtschaftlichen Unternehmer vermietet wird.

UStG 1980 § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 1, 2

Urteil vom 3. Dezember 1998 - V R 48/98 -

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1998, 1703)


Gründe

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Landwirt. Seine Umsätze aus landwirtschaftlicher Tätigkeit wurden in den Streitjahren 1989 und 1990 nach Durchschnittsätzen (§ 24 des Umsatzsteuergesetzes 1980 --UStG--) besteuert. Von 1989 bis Februar 1991 errichtete er auf einer zu seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörenden Ackerfläche eine Lagerhalle für Maschinen. In seinem Bauantrag hatte er das Vorhaben als "Bau einer Lagerhalle für Maschinen" beschrieben. Er vermietete sie nach Fertigstellung an einen Unternehmer mit regelbesteuerten Umsätzen (das Finanzgericht --FG-- bezeichnet ihn als "außerlandwirtschaftlichen Unternehmer") und verzichtete auf die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung.

Der Kläger gab für die Besteuerungszeiträume der Herstellung der Lagerhalle 1989 und 1990 Umsatzsteuererklärungen ab, in denen er für eine mit "Errichtung und Vermietung einer Lagerhalle" bezeichnete Tätigkeit noch keine Umsätze, sondern nur Vorsteuerbeträge von 420 DM (für 1989) und 24 509 DM (für 1990) anmeldete.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stimmte den Steueranmeldungen nicht zu, sondern setzte die Umsatzsteuer für die bezeichneten Streitjahre auf jeweils 0 DM fest. Zur Begründung legte das FA dar, daß die Vermietung der Lagerhalle als Hilfsgeschäft des landwirtschaftlichen Betriebes der Durchschnittsatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliege.

Auf die dagegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage setzte das FG die Umsatzsteuer antragsgemäß fest. Es führte zur Begründung sinngemäß u.a. aus, die Vermietung einzelner bisher landwirtschaftlich genutzter Flächen sei jedenfalls dann keine landwirtschaftliche Tätigkeit mehr, wenn die Vermietung in keinem Zusammenhang mit der Landwirtschaft stehe, weil der Boden nicht mehr zur Erzeugung pflanzlicher oder tierischer Produkte diene.

Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung von § 24 Abs. 1 UStG. Die Vermietung einer Lagerhalle auf zum landwirtschaftlichen Vermögen gehörendem Grund und Boden sei ein Hilfsbetrieb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes und unterliege damit der Durchschnittsatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietung sei nicht möglich (§ 24 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger ist der Revision entgegentreten.

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, daß der Kläger die ihm berechneten Steuern für Bauleistungen zur Errichtung einer Lagerhalle für Maschinen als Vorsteuerbeträge abziehen darf.

1. Der Unternehmer kann die ihm in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).

Diese Voraussetzungen sind --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- im Streitfall gegeben. Die Errichtung --wie auch die anschließende Vermietung-- der Halle führte der Kläger nicht im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes i.S. von § 24 UStG aus. Vielmehr bezog er die Bauleistungen zur Vorbereitung der Grundstücksvermietung außerhalb seines pauschal besteuerten landwirtschaftlichen Betriebes.

Der Kläger war dadurch, daß er die Lagerhalle auf einem zuvor landwirtschaftlich genutzten Grundstück errichtete, nicht darauf festgelegt, die Bauleistungen für seinen landwirtschaftlichen Betrieb zu beziehen.

Dadurch, daß der Kläger in seinen Steueranmeldungen die ihm berechnete Umsatzsteuer für die Lagerhalle als Vorsteuer abzog, brachte er zum Ausdruck, daß er die Bauleistungen für Zwecke der von vornherein geplanten Vermietung der Halle an einen außerlandwirtschaftlichen Unternehmer bezog.

Dem entsprachen auch die Erläuterungen des Klägers gegenüber dem FA, die mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmten. Der Grund und Boden und die Lagerhalle dienten seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht. Sie unterstützten und förderten die Tätigkeit auch nicht; denn sie leisteten keinen Beitrag zur pflanzlichen und tierischen Erzeugung in der Landwirtschaft (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 15. Oktober 1992 V 179/92, Entscheidungen der Finanzgerichte 1993, 352 - Umbau eines landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäudes und Vermietung als Café; Oberfinanzdirektion Hannover, Verfügung vom 22. Dezember 1992, Umsatzsteuer-Rundschau 1993, 266 zu Tz. 1.5.3. - Stellplatzvermietung durch Landwirt; Schöll in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, 5. Aufl., § 24 Bem. 53). Insofern liegen weder die Voraussetzungen für eine landwirtschaftliche Hilfstätigkeit (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Oktober 1994 V R 24/92, BFH/NV 1995, 928) noch für eine Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebes i.S. von § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG (vgl. dazu BFH-Urteil vom 27. November 1997 V R 78/93, BFHE 185, 75, BStBl II 1998, 359) vor.

Der Senat weicht nicht von Grundsätzen in dem Urteil vom 11. Mai 1995 V R 4/92 (BFHE 177, 559, BStBl II 1995, 610) ab, wonach die Verpachtung einzelner land- und forstwirtschaftlicher Flächen im Rahmen des pauschal besteuerten land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Durchschnittsatzbesteuerung unterliegt. Anders als im Streitfall waren nach dem Sachverhalt in dem erwähnten Urteil Flächen verpachtet worden, die vor und nach der Verpachtung forstwirtschaftlich bewirtschaftet wurden.

Die Abgrenzung des Senats stimmt mit der "Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger" in Art. 25 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) überein. Die darin vorgesehene Pauschalregelung (Art. 25 Abs. 1, 3 der Richtlinie 77/388/EWG) ist u.a. auf den Preis der in Art. 25 Abs. 5 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG bezeichneten "landwirtschaftlichen Dienstleistungen" anzuwenden. Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten (Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG) die in Anhang B bezeichneten Dienstleistungen, "die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden". Das sind nach Anhang B solche Dienstleistungen, "die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, insbesondere" die "Vermietung normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken". Da die Vermietung der Lagerhalle nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), an einen außerlandwirtschaftlichen Unternehmer zur Lagerung von Maschinen erfolgte, fehlt es jedenfalls an dem Merkmal "zu landwirtschaftlichen Zwecken" für das Vorliegen einer landwirtschaftlichen Dienstleistung im Sinne des Gemeinschaftsrechts.

2. Der Vorsteuerabzug ist auch nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG deswegen ausgeschlossen, weil der Kläger die Bauleistungen zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet hat. Der Umsatz des Klägers durch Vermietung der Lagerhalle war steuerpflichtig, weil er wirksam auf die Steuerbefreiung für eine Grundstücksvermietung verzichtet hatte (§ 9 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung). Die Anwendung von § 9 Abs. 1, 2 UStG wurde nicht durch § 24 Abs. 1 Satz 2 UStG ausgeschlossen, weil die Vermietung kein Grundstück im pauschal besteuerten landwirtschaftlichen Betrieb betraf.

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