Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 11.12.2001
Aktenzeichen: VI R 113/99
Rechtsgebiete: EStG, VermBG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4 Satz 2
EStG § 62 Abs. 1
EStG § 63 Abs. 1
VermBG 5 § 2 Abs. 6 Satz 1

Entscheidung wurde am 05.09.2002 korrigiert: die Entscheidung ist nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt worden
1. Sonderzuwendungen, die im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses geleistet werden und dem Kind nach Erreichen der Volljährigkeit zufließen, sind den Monaten anteilig zuzuordnen, in denen die Berufsausbildung stattgefunden hat.

2. Vermögenswirksame Leistungen gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 VermBG 5 gehören zu den Einkünften eines Kindes i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.


Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist der Vater eines am 1. September 1979 geborenen Sohnes (S), der sich während der Jahre 1997 und 1998 in einer Berufsausbildung befand. Aus dem Ausbildungsverhältnis erzielte er nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) folgende Einkünfte:

 Ausbildungsvergütung bis 08/978 088,00 DM
Ausbildungsvergütung + tarifliche Sonderzahlung in 09/972 187,50 DM
Ausbildungsvergütung 10-12/97, 3 x 1 086,50 DM3 259,50 DM
Gesamt13 535,00 DM
Ausbildungsvergütung 199814 614,00 DM

In der Ausbildungsvergütung sind jeweils vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 26 DM monatlich enthalten.

Mit Datum vom 21. November 1997 beantragte der Kläger Kindergeld für S. Daraufhin setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Arbeitsamt --Familienkasse--) mit Bescheid vom 4. Februar 1998 das Kindergeld wegen Überschreitens des anteiligen Jahresgrenzbetrages des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Zeit von September bis Dezember 1997 (im Streitjahr 1997 4/12 von 12 000 DM) auf 0 DM fest.

Das FG gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage auf Zahlung von Kindergeld ab September 1997 mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 983 veröffentlichten Gründen statt und setzte Kindergeld ab September 1997 auf 220 DM monatlich fest.

Mit ihrer Revision rügt die Familienkasse eine Verletzung des § 63 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 32 Abs. 3, 4 Satz 2, 6 und 7 EStG. § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG sehe eine zeitanteilige Reduzierung des Jahresgrenzbetrages gerade auch für die Fälle vor, in denen das Kind im Laufe eines Kalenderjahres volljährig werde. Damit werde sichergestellt, dass ein Kind bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres unabhängig von der Höhe der Einkünfte und Bezüge für das Kindergeld berücksichtigt werde. Die Einkünfte des S überschritten auch bei nur zeitanteiligem Ansatz der tariflichen Sonderzahlung den anteiligen Jahresgrenzbetrag.

Die Familienkasse beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Sonderzahlung nur zeitanteilig anzusetzen sei. Der Ermittlung der Einkünfte des S, wie sie die Familienkasse im Revisionsverfahren vorgenommen hat, hält er entgegen, dass die in der Ausbildungsvergütung enthaltenen vermögenswirksamen Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Zudem sei der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht gleichmäßig nach Monaten, sondern im Verhältnis der jeweils erzielten Einnahmen aufzuteilen. In der Zeit von September bis Dezember 1997 habe S 34,6730 v.H. der Gesamteinnahmen des Jahres 1997 erzielt. Bei Ansatz eines entsprechenden Prozentsatzes des Arbeitnehmer-Pauschbetrages ergäben sich Einkünfte des S in Höhe von 3 999,54 DM.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Der Kindergeldanspruch des Klägers ist nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG zu beurteilen. Danach besteht ein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

2. Der Kindergeldanspruch für die Zeit von September bis Dezember 1997 ist jedoch wegen der Höhe der Einkünfte des S zu versagen.

Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der im Jahr 1997 geltenden Fassung wird ein über 18 Jahre altes Kind in Berufsausbildung nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 12 000 DM im Kalenderjahr hat (Jahresgrenzbetrag).

Nach dem Senatsurteil vom 1. März 2000 VI R 162/98 (BFHE 191, 55, BStBl II 2000, 459) ist der Jahresgrenzbetrag für alle Monate um 1/12 zu mindern, zu deren Beginn das Kind sein 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Für die Berechnung der Einkünfte des Kindes gilt Folgendes: Die vermögenswirksamen Leistungen gehören gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes zu den steuerpflichtigen Einnahmen und sind daher bei der Ermittlung der Einkünfte des Kindes mitzurechnen. Die im Laufe des Jahres aus dem Berufsausbildungsverhältnis gezahlten Sonderzuwendungen sind den Monaten anteilig zuzuordnen, in denen Berufsausbildung stattgefunden hat (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2000 VI R 34/99, BFHE 191, 59, BStBl II 2000, 464). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Sonderzuwendung, wie im Streitfall, im Zeitraum der Volljährigkeit zugeflossen ist (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2000 VI R 135/99, BFHE 191, 74, BStBl II 2000, 466). Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ist nach den Senatsentscheidungen in BFHE 191, 59, BStBl II 2000, 464 und vom 9. August 2000 VI R 32/98 (BFH/NV 2001, 37) nicht im Verhältnis der jeweils erzielten Einnahmen zueinander, sondern zeitanteilig aufzuteilen.

Die Anwendung dieser Grundsätze führt zu folgendem Ergebnis: Maßgebender Beurteilungszeitraum sind nach Volljährigkeit des S die Monate September bis Dezember 1997, so dass der Jahresgrenzbetrag von 12 000 DM auf 4 000 DM zu ermäßigen ist. Als auf diesen Zeitraum entfallende Einkünfte und Bezüge sind anzusetzen die laufenden Lohnzahlungen (4 316 DM) sowie die zeitanteiligen sonstigen Bezüge (4/12 von 1 131 DM = 377 DM), also insgesamt 4 693 DM abzüglich des zeitanteiligen Arbeitnehmer-Pauschbetrages von (4/12 von 2 000 DM =) 667 DM. Da die Einkünfte von (4 693 DM ./. 667 DM =) 4 026 DM den anteiligen Jahresgrenzbetrag von 4 000 DM übersteigen, hat die Familienkasse das Kindergeld zu Recht versagt.



Ende der Entscheidung

Zurück