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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 28.01.2003
Aktenzeichen: VI R 43/99
Rechtsgebiete: AO 1977, EStG


Vorschriften:

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte als Geschäftsführer der Fa. X-GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Beim Arbeitgeber des Klägers fand eine Außenprüfung statt. Dabei stellte der Prüfer fest, dass der Arbeitgeber anlässlich des 70. Geburtstags des Klägers für Kunden, Geschäftsfreunde und Arbeitnehmer der GmbH einen Empfang veranstaltet und dafür Aufwendungen in Höhe von 3 862 DM getätigt hatte. Aufgrund einer Kontrollmitteilung änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Einkommensteuerbescheid der Kläger für 1993 vom 8. Februar 1995 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und erhöhte die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um 3 862 DM.

Das Finanzgericht (FG) wies die gegen den Änderungsbescheid vom 4. November 1996 nach erfolglosem Einspruchsverfahren gerichtete Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 473 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zur Begründung tragen sie vor: Der Arbeitgeber habe die Feier ausschließlich im eigenbetrieblichen Interesse veranstaltet. Maßgebend sei, ob ein objektiver Betrachter aus der Sicht des Arbeitnehmers bei diesem einen vermögenswerten Vorteil als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft bejahen würde. Ein geldwerter Vorteil liege zwar auch in der Ersparnis von Aufwendungen. Der Kläger sei jedoch aus der Sicht eines objektiven Betrachters nicht dazu verpflichtet gewesen, aus Anlass seines 70. Geburtstags eine entsprechende Feier mit Kunden, Geschäftsfreunden und weiteren Arbeitnehmern durchzuführen. Veranstaltungen dieser Art und selbst Betriebsveranstaltungen hätten in dem Unternehmen bisher nicht stattgefunden. Der Kläger selbst hätte eine entsprechende Veranstaltung nicht durchgeführt. So habe er sich auch einer großen Abschiedsfeier anlässlich seines späteren Ausscheidens aus dem Unternehmen entzogen. Aus der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung des Klägers habe sich keine Repräsentationspflicht ergeben, zum Anlass seines 70. Geburtstags Partner und Geschäftsfreunde des Arbeitgebers einzuladen. Zudem habe der Kläger seinen Geburtstag gesondert am Abend mit Freunden, Bekannten und ihm nahe stehenden Personen gefeiert. Die hierdurch entstehenden Kosten habe er selbstverständlich als privat veranlasste Kosten getragen. Der vom Arbeitgeber veranstalteten Feier habe sich der Kläger als Geschäftsführer der GmbH nicht entziehen können.

Die Einladung der Geschäftsfreunde habe die Auffrischung und Vertiefung bestehender Geschäftsverbindungen bezweckt. In diese Geschäftsverbindungen seien diejenigen Mitarbeiter eingeführt worden, die die Aufgaben des Klägers nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer übernommen hätten. Als "Aufhänger" für die Veranstaltung habe sich der 70. Geburtstag des Klägers angeboten. Die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. November 1991 I R 34-35/90 (BFH/NV 1992, 560) und vom 27. Februar 1997 IV R 60/96 (BFH/NV 1997, 560) seien nicht unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Stellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bzw. der eines Gesellschafters einer Personengesellschaft anwendbar. Diesen Personenkreis treffe eine weiter gehende Repräsentationsverpflichtung.

Im Verlaufe des Revisionsverfahrens ist ein aus anderen Gründen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geänderter Einkommensteuerbescheid für 1993 vom 26. August 2002 ergangen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid 1993 vom 26. August 2002 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 3 862 DM gemindert werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung führt das FA aus: Nur solche dem Arbeitgeber zugewendeten Vorteile seien kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erwiesen, d.h. im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt würden (BFH-Urteil vom 5. Mai 1994 VI R 55-56/92, BFHE 174, 425, BStBl II 1994, 771). Aus den Begleitumständen, wie z.B. Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl des Begünstigten und der besonderen Eignung der Zuwendung für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck müsse sich ergeben, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund stehe und ein damit einhergehendes Eigeninteresse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, zu vernachlässigen sei. Ob Aufwendungen für die Geburtstagsfeier eines Geschäftsführers Arbeitslohn darstellten oder im nahezu ausschließlich eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers getätigt würden, sei nach den vom BFH in den Urteilen vom 28. November 1991 I R 13/90 (BFHE 166, 251, BStBl II 1992, 359) und vom 24. September 1980 I R 88/77 (BFHE 131, 494, BStBl II 1981, 108) aufgestellten Grundsätzen zu entscheiden. Diese fänden unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Geschäftsführers auf jedwede Feierlichkeiten aus persönlichem Anlass Anwendung. Eine fehlende gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Geschäftsführers könne die private Veranlassung des Festes nicht beseitigen. Lade ein Arbeitgeber zur Feier des 70. Geburtstages seines Geschäftsführers ein, so ziele diese Feier nicht auf die Selbstdarstellung des Arbeitgebers, sondern in erster Linie auf die Ehrung des Jubilars ab, der im Mittelpunkt der Veranstaltung stehe. Die Feier des Geburtstages überlagere die Werbewirkung zugunsten des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber des Klägers habe an der im Jahre 1993 stattgefundenen Feier auch deshalb kein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse gehabt, weil der Kläger erst im Jahre 1999 aus seinem Angestelltenverhältnis ausgeschieden sei. Die Feier könne deshalb nicht der Einführung der neuen Geschäftsführung gedient haben.

1. Die Revision der Kläger ist begründet. Das vorinstanzliche Urteil war aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Wie der erkennende Senat in dem Urteil vom 28.1.2003 VI R 48/99, BFH/NV 2003, 712 entschieden hat, ist in den Fällen, in denen der Arbeitgeber anlässlich eines Geburtstages seines Arbeitnehmers eine Feier ausrichtet, anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob es sich um eine Veranstaltung des Arbeitgebers oder um ein Fest des Arbeitnehmers gehandelt hat. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war das vorinstanzliche Urteil aufzuheben.

2. Die Sache ist nicht spruchreif. Der erkennende Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob es sich bei der Feier um eine Veranstaltung des Arbeitgebers oder um ein Fest des Klägers handelt.

Ende der Entscheidung

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