Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 11.12.2001
Aktenzeichen: VI R 5/00
Rechtsgebiete: EStG 1996


Vorschriften:

EStG 1996 § 32 Abs. 4 Satz 2
EStG 1996 § 32 Abs. 4 Satz 5
1. Bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge werden Zu- und Abflüsse grundsätzlich nur berücksichtigt, wenn sie in dem zu beurteilenden Kalenderjahr anfallen. Das gilt auch für später teilweise zurückgeforderte BAföG-Zuschüsse und bei Überschussrechnung für Umsatzsteuerzahlungen auf Umsätze des Beurteilungsjahres.

2. Zu- und Abflüsse des Beurteilungsjahres können um solche Beträge bereinigt werden, die auf Monate entfallen, für die kein Kindergeld zusteht (Kürzungsmonate).


Gründe:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezog für seinen 1971 geborenen Sohn (S), der als gelernter Bauzeichner ab 1992 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb für die Fertigung von Bauzeichnungen erzielte, ab Februar 1996 Kindergeld, weil S ab diesem Monat eine Fachschule für Bautechnik in A besuchte. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. März 1998 hob der Beklagte und Revisionsbeklagte (die Familienkasse des Arbeitsamts X --Familienkasse--) die Kindergeldfestsetzung für Februar bis Dezember 1996 auf, nachdem er von folgenden Einkünften und Bezügen des S Kenntnis genommen hatte:

Im Februar 1996 hatte das Landratsamt K dem S ab diesem Monat unter Rückforderungsvorbehalt Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von monatlich 391 DM als Zuschuss bewilligt und gezahlt. Im März 1997 lehnte das Landsratsamt Leistungen nach dem BAföG für Februar bis September 1996 endgültig ab, bewilligte aber ab Oktober 1996 einen monatlichen Zuschuss vom 556 DM und forderte überzahlte Leistungen zurück.

Ausweislich des im November 1997 ergangenen Einkommensteuerbescheids 1996 des S hat dieser im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 2 095 DM (Bruttoarbeitslohn 4 095 ./. 2 000 DM Arbeitnehmer-Pauschbetrag) und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12 986 DM erzielt bei Betriebseinnahmen in Höhe von 18 095 DM und anerkannten Betriebsausgaben von 5 109 DM, wobei die Betriebseinnahmen zu 5 400 DM auf Rechnungen des Monats Januar 1996 beruhten; in den übrigen in den Monaten Februar bis August 1996 in Rechnung gestellten Beträgen von 12 695 DM ist ausgewiesene Umsatzsteuer enthalten. Im März 1998 erging ein Umsatzsteuerbescheid mit einer Zahllast von 1 170 DM, die teilweise verrechnet wurde.

Der Kläger machte noch geltend, dass Mietaufwendungen des S für ein Zimmer in A in Höhe von (11 x 380 DM =) 4 180 DM zu berücksichtigen seien. Die Familienkasse ging bei dem Aufhebungsbescheid davon aus, dass der anteilige Jahresgrenzbetrag von 11 000 DM überschritten sei, da die Einkünfte laut Einkommensteuerbescheid in Höhe von 15 081 DM (12 986 DM + 2 095 DM) anzusetzen seien.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 690 veröffentlichten Gründen ab.

Berücksichtigungszeitraum seien nur die Monate Februar bis Dezember 1996, weshalb von einem anteiligen Jahresgrenzbetrag von 11 000 DM auszugehen sei. Der Januar 1996 sei nicht schon wegen der Anmeldung bei der Fachschule nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c des Einkommensteuergesetzes 1996 (EStG) einzubeziehen, weil S vor Aufnahme seiner Ausbildung einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen sei.

Von den gewerblichen Einkünften laut Steuerbescheid (12 986 DM) entfielen auf den Kürzungsmonat Januar nicht lediglich 1/12 (= 1 082 DM), sondern 4 974 DM. Wie schlüssig dargelegt worden sei, seien dem Monat Januar Betriebseinnahmen in Höhe von 5 400 DM zuzuordnen, die im Januar zugeflossen und für Bauzeichnungen bezahlt worden seien, welche im Dezember 1995 und im Januar 1996 gefertigt worden seien. Die Betriebseinnahmen seien um geschätzte zeitanteilige Betriebsausgaben in Höhe von (1/12 von 5 109 DM =) 426 DM auf 4 974 DM zu kürzen, so dass für den Zeitraum Februar bis Dezember 1996 gewerbliche Einkünfte in Höhe von (12 986 DM ./. 4 974 DM =) 8 012 DM verblieben. Eine Kürzung um die 1998 festgesetzte Umsatzsteuer sei nicht möglich, weil nach der insofern maßgebenden steuerrechtlichen Einkünfteermittlung nur tatsächlich verausgabte Umsatzsteuer Betriebsausgaben darstelle, während vereinnahmte Umsatzsteuer als Betriebseinnahme zu erfassen sei.

Die im Streitjahr zugeflossenen BAföG-Leistungen (4 301 DM) seien ungeachtet späterer Rückforderungen bei den Bezügen anzusetzen und lediglich um die Kostenpauschale (360 DM) zu kürzen, so dass 3 941 DM verblieben. Bei Einkünften und Bezügen in Höhe von (8 012 DM + 3 941 DM =) 11 953 DM sei der anteilige Jahresgrenzbetrag von 11 000 DM überschritten.

Mit der Revision macht der Kläger ergänzend zu seinem Vortrag im Klageverfahren geltend, dass die Bezüge des S um die Reisekosten zu mindern seien, die durch die täglichen Fahrten mit dem Kfz zur Ausbildungsstätte entstünden. Außerdem beziehe sich die Grenzbetragsregelung auf das zu versteuernde Einkommen.

Der Kläger beantragt, den angefochtenen Bescheid und das Urteil der Vorinstanz aufzuheben.

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Januar 1996 wegen der Vollzeiterwerbstätigkeit des S kein Begünstigungsmonat ist, so dass von einem anteiligen Jahresgrenzbetrag von 11 000 DM auszugehen ist. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des erkennenden Senats vom 19. Oktober 2001 VI R 39/00 verwiesen.

2. Auch der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge durch das FG ist zu folgen.

a) Da in den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nur Einkünfte und Bezüge eingehen, die das Kind im Kalenderjahr hat, bleiben Zu- und Abflüsse anderer Jahre als des zu beurteilenden außer Betracht. Daher war in Übereinstimmung mit den für die Überschussrechnung des § 4 Abs. 3 EStG geltenden Regeln vereinnahmte gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer bei den Betriebseinnahmen zu erfassen, nicht jedoch eine erst in einem späteren Jahr beglichene Umsatzsteuerschuld. Entsprechendes gilt für die Rückzahlung von BAföG-Leistungen, die zwar unter Vorbehalt, aber nicht darlehensweise, sondern als Zuschuss gewährt worden waren.

b) Einkünfte und Bezüge, die auf Kürzungsmonate --hier: den Januar 1996-- entfallen, bleiben nach § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG 1996 außer Ansatz. Auf welche Monate Einkünfte und Bezüge "entfallen", ist innerhalb des Kalenderjahres nicht nach dem Zuflusszeitpunkt, sondern nach der wirtschaftlichen Zurechnung zu bestimmen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. März 2000 VI R 162/98, BFHE 191, 55, BStBl II 2000, 459). Das FG ist in vertretbarer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, die für den BFH grundsätzlich bindend ist (vgl. BFH-Urteile vom 7. Dezember 1994 I R 24/93, BFHE 176, 382, BStBl II 1995, 507, 510; vom 31. Juli 1991 VIII R 23/89, BFHE 165, 398, BStBl II 1992, 375, 377, und vom 19. März 1982 VI R 25/80, BFHE 135, 479, BStBl II 1982, 442, 443) zu der Überzeugung gekommen, dass die von S im Januar 1996 erzielten Einkünfte nicht für Leistungen in den Begünstigungsmonaten ab Februar 1996 erwirtschaftet worden sind; dementsprechend entfallen sie auch nicht auf diese.

c) Schließlich ist dem FG auch darin zu folgen, dass in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG die "Einkünfte" des S zu Grunde zu legen sind und nicht dessen Einkommen bzw. zu versteuerndes Einkommen (BFH-Urteil vom 21. Juli 2000 VI R 153/99, BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566).

3. Der erkennende Senat hat nach Ergehen des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Summe aus Einkünften und Bezügen gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG um ausbildungsbedingte Mehraufwendungen zu kürzen ist (BFH-Urteile vom 14. November 2000 VI R 62/97, BFHE 193, 444, BStBl II 2001, 491; VI R 52/98, BFHE 193, 453, BStBl II 2001, 489, und VI R 128/00, BFHE 193, 457, BStBl II 2001, 495, sowie vom 25. Juli 2001 VI R 78/00, BFH/NV 2001, 1558). Das FG wird nunmehr Feststellungen zu treffen haben, in welcher Höhe anzuerkennende Abzugsbeträge entstanden sind.

Ende der Entscheidung

Zurück