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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 03.07.2002
Aktenzeichen: VI R 9/99
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 126 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Lehrerin. Bis 1989/1990 unterrichtete sie in der damaligen DDR überwiegend im Fach Russisch.

Im Streitjahr 1994 begann die Klägerin im Rahmen des sog. FIED-Programms der Europäischen Union (EU) ein dreijähriges Teilzeitstudium an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Ziel dieses Programms, das sich an Lehrer in Thüringen richtete, war der Erwerb einer fachlichen Lehrbefähigung im Fach Französisch. Hierzu hatten sich französische und deutsche Universitäten --darunter die Friedrich-Schiller-Universität in Jena-- unter der Oberleitung der Universität Paris X zusammengeschlossen. Für die Ausgestaltung der Prüfungen war das Land Thüringen zuständig, das die Anerkennung des Zusatzstudiums für die Erlangung der Lehrbefugnis ausgesprochen hatte.

Obligatorischer Inhalt des Studienprogramms war ein dreiwöchiger Intensivsprachkurs an einer französischen Partneruniversität des FIED-Programms, den die Klägerin vom 8. August bis 27. August 1994 an der Universität in X (Frankreich) absolvierte. Der Kurs hatte folgenden Inhalt:

|Montag|Dienstag|Mittwoch|Donnerstag|Freitag 8.30 bis 10.30 Uhr 11.00 bis 12.30 Uhr|Dramaturgie Sprachkurs|Dramaturgie Sprachkurs|Sprachkurs Sprachkurs|Dramaturgie Sprachkurs|Dramaturgie Sprachkurs

Vom 8. August bis 12. August 1994 hatte das Nachmittagsprogramm folgenden Inhalt:

14.00 bis 15.00 Uhr||Sprachlabor||Sprachlabor|

Vom 16. bis 20. August hatte das Nachmittagsprogramm folgenden Inhalt:

|Montag|Dienstag|Mittwoch|Donnerstag|Freitag 14.00 bis 15.00 Uhr||Sprachlabor|Sprachlabor|Computer Arbeit|

In der Woche vom 23. bis 27. August fand kein Nachmittagsprogramm statt.

In der Einkommensteuererklärung 1994 machte die Klägerin die Kosten dieses Intensivsprachkurses als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte die Reisekosten nicht an. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin mit der Reise auch private Interessen befriedigt habe. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin weiterhin den Abzug der geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten. Der Intensivsprachkurs sei als Teil ihres Teilzeitstudiums an der Friedrich-Schiller-Universität zu betrachten. Seit der "Wende" sei der Bedarf an Russischlehrern rückläufig, die Fortbildung in einer weiteren Fremdsprache daher unumgänglich. Sie --die Klägerin-- sei außerdem für die Teilnahme am Intensivsprachkurs vom Dienst freigestellt worden.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Zwar müssten Teile einer Bildungsmaßnahme, deren Kosten grundsätzlich als Fortbildungs- und damit Werbungskosten anzuerkennen seien, steuerrechtlich nicht zwangsläufig ebenfalls abziehbar sein und das Schicksal der (Gesamt-)Ausbildungsmaßnahme teilen. Kosten einer Sprachreise hingegen, die einem Steuerpflichtigen als Teil einer Sprachausbildung entstünden, der er sich zur Erlangung der Lehrbefugnis nicht entziehen könne, seien als Werbungskosten anzuerkennen. Weder sei dem Steuerpflichtigen --wolle er die Lehrbefugnis erlangen-- die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen im Ausland freigestellt, noch habe er Einfluss auf die Ausgestaltung des Programms. Vorliegend habe die Pariser Universität in Zusammenwirken mit den Partneruniversitäten die Gestaltung und den Ablauf der Ausbildungsveranstaltungen im Hinblick auf eine Qualifizierung von Lehrern in Thüringen koordiniert. Ohne die Teilnahme an dem Sprachkurs in X hätte die Klägerin nach den geltenden Regelungen nicht den universitären Abschluss erzielen können, der es ihr ermöglicht habe, in dem Fach Französisch zu unterrichten.

Selbst wenn man --wie das FA-- es als erheblich ansehe, dass die Teilnehmer der Reise im Rahmen des Auslandsaufenthalts an einigen Tagen nicht durchgehend unterrichtet worden seien, folge daraus nicht, dass die Sprachreise ihren Charakter als Fortbildungsreise verloren habe.

Der Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 19. August 1998, es habe eine Vor- und Nachbereitung des Sprachunterrichts stattgefunden, sei glaubhaft. Er füge sich in den Ablauf der Unterrichtsgestaltung ein. Die Gewährung unterrichtsfreier Zeit --insbesondere am Wochenende-- könne zudem nicht isoliert von der Teilnehmergruppe und dem Ausbildungsziel betrachtet werden. Nach der einschlägigen Prüfungsordnung seien Gegenstand der Prüfung für das Fach Französisch sowohl im Grund- als auch im Hauptstudium die Landeskunde und die Phonetik der französischen Sprache. Unter Landeskunde verstehe die Prüfungsordnung die Kenntnis der geographischen, historischen, politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse Frankreichs und der frankophonen Länder. Dies ließe sich für die Teilnehmer des FIED-Programms lediglich in Frankreich selbst verwirklichen. Der Teilnehmerkreis habe sich ausschließlich aus Lehrern aus der ehemaligen DDR zusammengesetzt, die sich aufgrund der jahrelangen Isolation der DDR nicht die landeskundlichen und (neu-)sprachlichen Kenntnisse hätten verschaffen können.

Mit der vom FG zugelassenen Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend. Die Auslandsreise habe auch private Interessen befriedigt. X sei ein interessanter Urlaubsort; der Klägerin habe ausreichend Zeit für private Aktivitäten zur Verfügung gestanden. Die Kenntnis der geographischen und kulturellen Verhältnisse Frankreichs und der frankophonen Länder befriedige auch das allgemeine Informationsbedürfnis der Klägerin.

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin tritt der Revision im Wesentlichen mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist unbegründet; sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG hat die Aufwendungen der Klägerin für den Intensivsprachkurs in X zu Recht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beurteilt.

Die Aufwendungen der Klägerin stellen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Fortbildungs- und damit Werbungskosten dar (vgl. z.B. Urteil vom 18. April 1996 VI R 89/93, BFHE 180, 353, BStBl II 1996, 449). Das von der EU unterstützte Ergänzungsstudium diente dazu, die Lehrbefähigung der bereits als Russischlehrerin tätigen Klägerin um das Unterrichtsfach "Französisch" zu erweitern.

Der Intensivsprachkurs war --nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz-- ausschließlich beruflich veranlasst. Er war obligatorischer Teil des Studienprogramms, die Teilnahme hieran für den Erwerb der Lehrbefugnis im Fach "Französisch" und den erfolgreichen Studienabschluss erforderlich (vgl. auch BFH-Urteil vom 24. August 2001 VI R 40/94, BFH/NV 2002, 182).

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