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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.11.2004
Aktenzeichen: VII B 103/04
Rechtsgebiete: FGO, StBerG, BRAO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 62 Abs. 2 Satz 2
FGO § 62a
FGO § 128 Abs. 1
FGO § 155
StBerG § 3 Nr. 3
BRAO § 12 Abs. 1
BRAO §§ 59c ff.
BRAO § 59c Abs. 1
BRAO § 59g
BRAO § 59g Abs. 5
ZPO § 87 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Finanzgericht (FG) die Beschwerdeführerin zu 2., eine Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform der AG (AG), als Prozessbevollmächtigte des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) zurückgewiesen. Als tragende Begründung führte das FG aus, die AG sei nicht, wie erforderlich, von der zuständigen Rechtsanwaltskammer als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen worden. Daher sei sie nicht befugt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten, und zwingend als Prozessbevollmächtigte zurückzuweisen. Die Notwendigkeit einer eigenen Zulassung als Rechtsanwalts-AG entfalle nicht im Hinblick darauf, dass die AG unter Identitätswahrung als Rechtsnachfolgerin einer Rechtsanwalts-GmbH geschaffen worden sei, denn bei einer durch Umwandlung entstandenen Rechtsanwalts-AG sei insbesondere eine erneute Prüfung der Gesellschafter, der Geschäftsführungsregelung sowie zusätzlich der Zusammensetzung des Aufsichtsrats als Kontrollorgan für den Vorstand durch die Zulassungsbehörde erforderlich.

Gegen diese Entscheidung des FG hat die AG sowohl im eigenen Namen als auch namens des Klägers "sofortige Beschwerde" eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Zurückweisung als Bevollmächtigte widerspreche den eindeutigen gesetzlichen Regelungen, der vorangegangenen Rechtsprechung des beschließenden FG-Senats, dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. März 2004 VII R 15/03 (BFHE 205, 22, BStBl II 2004, 566) sowie einer ausdrücklichen Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD).

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) ist der Beschwerde entgegengetreten.

Das als Beschwerde nach § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) anzusehende Rechtsmittel ist unbegründet. Das FG hat die AG zu Recht gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 FGO als Prozessbevollmächtigte zurückgewiesen.

1. Nach § 62 Abs. 2 Satz 2 FGO sind Bevollmächtigte, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) befugt zu sein, zurückzuweisen. Nach § 3 Nr. 3 StBerG sind u.a. Rechtsanwaltsgesellschaften zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Dazu gehören grundsätzlich auch Rechtsanwaltsgesellschaften in der Rechtsform der AG (vgl. BFH in BFHE 205, 22, BStBl II 2004, 566, zu der vergleichbaren Problematik, die sich bei § 62a Abs. 2 FGO hinsichtlich der Vertretungsbefugnis von Rechtsanwaltsgesellschaften vor dem BFH ergibt).

Die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen steht einer Rechtsanwaltsgesellschaft indes nur zu, wenn die Gesellschaft nach deutschem Recht als solche zugelassen ist und die Zulassung im Zeitpunkt der Vornahme der betreffenden Prozesshandlung vorliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Juni 2004 IX B 71/04, BFH/NV 2004, 1290). Über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird von der Landesjustizverwaltung eine Urkunde ausgefertigt. Für Rechtsanwaltsgesellschaften ergibt sich dies aus den §§ 59c ff. der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), insbesondere aus § 59c Abs. 1 und § 59g Abs. 5 i.V.m. § 12 Abs. 1 BRAO. Zwar regeln die §§ 59c ff. BRAO lediglich die Zulassung von Rechtsanwaltsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH. Wie jedoch bereits das FG zutreffend ausgeführt hat, folgt notwendigerweise daraus, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen auch einer Rechtsanwalts-AG ebenso wie einer Rechtsanwalts-GmbH grundsätzlich die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen zustehen muss, dass auch die bestehenden Vorschriften über die Zulassung einer Rechtsanwalts-GmbH analog auf die Rechtsanwalts-AG anzuwenden sind. Dies bedeutet, dass das Zulassungsverfahren gemäß § 59g BRAO entsprechend auch für die Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform der AG gilt. Ohne Zulassung durch die Landesjustizverwaltung, d.h. in Nordrhein-Westfalen durch die örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer, der die Aufgaben und Befugnisse der Landesjustizverwaltung nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Teils der BRAO (also auch diejenigen der §§ 59c ff. BRAO) übertragen worden sind (§ 224a Abs. 1 BRAO, § 1 der Verordnung zur Übertragung von Befugnissen nach der Bundesrechtsanwaltsordnung vom 26. Januar 1999, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1999, 40), ist eine Rechtsanwalts-AG nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen i.S. des § 62 Abs. 2 Satz 2 FGO i.V.m. § 3 Nr. 3 StBerG befugt (so bereits BFH in BFH/NV 2004, 1290). Auch der I. Senat des BFH geht in seinem Beschluss vom 22. Oktober 2003 I B 168/03 (BFH/NV 2004, 224) hiervon aus.

Im Streitfall besitzt die AG unstreitig eine solche Zulassung nicht. Ihre Berufung auf das Senatsurteil in BFHE 205, 22, BStBl II 2004, 566 geht fehl. Der Senat ist in diesem Urteil ausdrücklich davon ausgegangen (S. 6 letzter Absatz), dass eine Zulassung durch die zuständige Rechtsanwaltskammer erteilt war, weil er aufgrund der Sachlage keinerlei Anhaltspunkte dafür hatte, dass dies etwa nicht der Fall sein könnte. Unerheblich ist auch, dass sowohl das FG als auch die OFD in Bezug auf die AG früher eine andere Rechtsauffassung vertreten hatten, denn maßgeblich ist allein die objektive Rechtslage nach den einschlägigen Vorschriften des Gesetzes.

2. Richtig ist auch, dass sich die AG nicht mit Erfolg auf eine ehemals der "X-Rechtsanwalts-GmbH" erteilte Zulassung berufen kann. Der Senat folgt auch hier den Ausführungen der Vorinstanz, die der IX. Senat in seinem Beschluss in BFH/NV 2004, 1290 bestätigt hat und auf die hier der Einfachheit halber verwiesen wird. Unmaßgeblich ist ferner, dass die AG im Handelsregister eingetragen ist, da der Eintragung in das Handelsregister eine ganz andere Funktion zukommt als der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer.

3. Die Niederlegung des Mandats durch die Vorstandsvorsitzende der AG X mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 hat keinen Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens, denn Prozessbevollmächtigte ist die AG und nicht die bis dahin als Vorstandsvorsitzende agierende Rechtsanwältin X. Selbst wenn man das Schreiben als Niederlegung des Mandats durch die AG werten wollte, wäre nicht anders zu entscheiden. Denn gemäß § 62a, § 155 FGO i.V.m. § 87 Abs. 1 der Zivilprozessordnung erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags in Anwaltsprozessen erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten, der gemäß § 62a FGO postulationsfähig sein muss, rechtliche Wirksamkeit (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juni 1996 XI B 73/96, BFH/NV 1996, 816, m.w.N.). Eine solche Anzeige liegt im Streitfall nicht vor. Daher ist auch die vorliegende Entscheidung der bisherigen Prozessbevollmächtigten zuzustellen (BFH in BFH/NV 1996, 816).

Ende der Entscheidung

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