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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.11.2004
Aktenzeichen: VII B 106/04
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 37 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist als Erbengemeinschaft die Rechtsnachfolgerin des K (Erblasser), zu dessen Nachlass zwei Einzelunternehmen sowie mehrere Grundstücke gehörten, für die der Erblasser --soweit diese vermietet waren-- teilweise zur Umsatzsteuer optiert hatte. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung wurde eines der Einzelunternehmen aufgespalten in eine Betriebsgesellschaft (GmbH & Co. KG) und eine in Form einer GbR mbH betriebene Besitzgesellschaft, das andere Einzelunternehmen wurde als OHG fortgeführt; ein Grundstück wurde zwei Mitgliedern der Klägerin übertragen, während die übrigen Grundstücke, darunter ein steuerpflichtig vermietetes Grundstück, der Klägerin verblieben. In der Folgezeit gab die GmbH & Co. KG Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen unter ihrer Steuernummer ab, in denen sie die Umsatzsteuern und Vorsteuern sowohl der OHG als auch der steuerpflichtig vermieteten Grundstücke zusammen mit ihren eigenen Umsätzen erklärte. Die sich daraus ergebenden Beträge wurden von einem Konto der GmbH & Co. KG eingezogen bzw. diesem Konto gutgeschrieben.

Aufgrund durchgeführter Prüfungen anlässlich der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co. KG vertrat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Ansicht, dass zwischen den Unternehmen keine Organschaft bestanden habe, ermittelte die auf die einzelnen Unternehmen entfallende Umsatzsteuer und erließ gegen die Klägerin Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 1998 sowie einen Bescheid über Umsatzsteuer-Vorauszahlung Juni 1999, wobei im Abrechnungsteil die zuvor von der GmbH & Co. KG gezahlten Beträge nicht angerechnet wurden. Nachdem die Klägerin insoweit Einwände erhoben hatte, erließ das FA einen Abrechnungsbescheid, mit dem die Anrechnung der seitens der GmbH & Co. KG entrichteten Umsatzsteuer auf die gegen die Klägerin festgesetzte Umsatzsteuer abgelehnt wurde.

Einspruch und Klage der Klägerin blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass hinsichtlich der Frage, bei wem eine geleistete Zahlung auf die Steuerschuld anzurechnen sei, nach denselben Grundsätzen zu entscheiden sei, nach denen gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) im Fall einer rechtsgrundlosen Zahlung der Erstattungsgläubiger bestimmt werde. Insoweit sei entscheidend, wessen --evtl. nur vermeintliche-- Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten sei, habe getilgt werden sollen. So habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Umsatzsteuerzahlungen, die auf die Steuernummer und den Namen eines nur vermeintlichen Organträgers geleistet worden seien, als auf dessen Rechnung bewirkt gälten, auch wenn sie ggf. von einem Konto der Organgesellschaft abgeflossen seien. Ob im Streitfall die Beteiligten von einer umsatzsteuerlichen Organschaft ausgegangen seien, sei zwar unklar; jedoch habe die GmbH & Co. KG jedenfalls unter ihrem Namen und ihrer Steuernummer ihre eigenen Umsätze zusammen mit denen der Klägerin angemeldet und diese damit zu ihrer eigenen Schuld gemacht. Aufgrund dieser Anmeldungen habe die GmbH & Co. KG die jeweiligen Beträge als eigene Steuerschuld geschuldet und mit der Abbuchung der Beträge von ihrem Konto auf ihre eigene und nicht auf eine fremde Schuld geleistet. Die Einbeziehung "fremder" Umsätze sei für das FA auch nicht erkennbar gewesen, weil diese nur in den Anlagen zu den Jahressteuererklärungen 1996 und 1997 kenntlich gemacht worden, sämtliche Zahlungen seitens der GmbH & Co. KG jedoch auf Umsatzsteuer-Voranmeldungen erfolgt seien.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die von der Beschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe --ungeachtet der Mängel bei der gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Darlegung der Zulassungsvoraussetzungen-- jedenfalls nicht vorliegen.

1. Die im Streitfall maßgeblichen Rechtsfragen sind nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, weil sie durch die Rechtsprechung des Senats bereits geklärt sind.

Steuerzahlungen, die zur Tilgung von Umsatzsteuerschulden erbracht worden sind, sind auf die Umsatzsteuerschulden desjenigen anzurechnen, auf dessen Rechnung die geleisteten Zahlungen bewirkt worden sind. Dabei kommt es allein darauf an, wessen --möglicherweise nur vermeintliche-- Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte. Werden daher Umsatzsteuer-Voranmeldungen von einem Unternehmer unter dessen Steuernummer abgegeben, wird er auch dann Schuldner der sich aus den Voranmeldungen ergebenden Steuer, wenn den Voranmeldungen die Umsätze eines anderen Unternehmens zugrunde lagen. Tilgt er anschließend diese ihm gegenüber festgesetzten und zum Soll gestellten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen durch Zahlungen unter Angabe seiner Steuernummer und seines Namens als Steuerschuldner, wird mit dieser Tilgungsbestimmung gegenüber dem FA zweifelsfrei erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er mit den Zahlungen seine eigenen Steuerschulden begleichen wollte (Senatsurteil vom 26. November 1996 VII R 49/96, BFH/NV 1997, 537).

Von dieser Rechtsprechung ist das FG im Streitfall ausgegangen und hat entschieden, dass nach dem Willen der zahlenden GmbH & Co. KG, wie er gegenüber dem FA im Zeitpunkt der Zahlung der sich aus den Voranmeldungen ergebenden Beträge erkennbar hervorgetreten sei, auf eine Schuld der GmbH & Co. KG und nicht auf eine fremde Schuld habe geleistet werden sollen, da die GmbH & Co. KG unter ihrem Namen und ihrer Steuernummer ihre eigenen Umsätze zusammen mit denen der Klägerin angemeldet und diese damit zu ihrer eigenen Schuld gemacht habe.

Wenn demgegenüber die Beschwerde es als grundsätzlich klärungsbedürftig ansieht, ob allein die Anmeldung einer Steuer unter einer eigenen Steuernummer und im eigenen Namen ausreicht, um den Erklärenden zum Erstattungsberechtigten zu machen, auch wenn das FA wusste oder erkennen musste, dass ein Dritter der wirtschaftlich Leistende ist, so bezeichnet sie keine abstrakte klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern wendet sich lediglich --gekleidet in eine allgemein gehaltene Frage-- gegen die materielle Richtigkeit der FG-Entscheidung, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.). Darüber hinaus ist die von der Beschwerde formulierte Frage auch nicht klärungsfähig, da das FG nicht davon ausgegangen ist, dass das FA im Zeitpunkt der Zahlungen wusste oder erkennen musste, dass die GmbH & Co. KG Umsätze der Klägerin in ihre Steueranmeldungen einbezogen hatte. Vielmehr ist das FG aufgrund seiner Würdigung der festgestellten Tatsachen zu der Auffassung gelangt, dass im Zeitpunkt der Zahlungen seitens der GmbH & Co. KG, die sämtlich aufgrund von Umsatzsteuer-Voranmeldungen der GmbH & Co. KG erfolgt seien, das FA habe annehmen müssen, dass die GmbH & Co. KG ausschließlich eigene Steuerschulden bezahlt habe, weil die Einbeziehung von Umsätzen der Klägerin allein aus den Jahreserklärungen erkennbar gewesen sei, nicht aber aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Wenn die Beschwerde dies für unzutreffend hält und meint, dass der Wille der GmbH & Co. KG, für die Klägerin Steuern zahlen zu wollen, deutlich zum Ausdruck gekommen sei, so wendet sie sich gegen die vom FG vorgenommene Tatsachenwürdigung, was ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen kann. Anders als die Beschwerde meint, kann dem angefochtenen Urteil des FG jedenfalls nicht der Rechtssatz entnommen werden, dass es unerheblich sei, wenn das FA wisse oder wissen müsse, dass ein Steuerpflichtiger seine Steuer über die Steuernummer und das Konto eines anderen Steuerpflichtigen zahle. Auch hat das FG entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht angenommen, dass die Klägerin von einer bestehenden Organschaft ausgegangen sei; das FG hat diese Frage offen gelassen.

Auch die weitere insoweit von der Beschwerde formulierte Frage, ob hinsichtlich der Erkennbarkeit für das FA maßgeblich auf den Inhalt der Voranmeldungen oder auch auf den Inhalt der Jahreserklärungen abzustellen ist, ist nicht klärungsbedürftig. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt es auf den Zeitpunkt der Zahlung an (Senatsurteil in BFH/NV 1997, 537).

2. Da mit der Beschwerde keine klärungsbedürftige Rechtsfrage formuliert wird, ist auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) nicht ausreichend dargelegt (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2001 III B 103/01, BFH/NV 2002, 652; Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 VII B 263/02, BFH/NV 2003, 835).

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