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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 06.10.2003
Aktenzeichen: VII B 130/03
Rechtsgebiete: MinöStV, FGO


Vorschriften:

MinöStV § 31 Abs. 3 Nr. 4
MinöStV § 53
MinöStV § 53 Abs. 1 Nr. 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 a.F.
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der als Einzelunternehmer eine Spedition betreibt, gab über seine Eigenversorgungsanlage, an der seine Fahrzeuge betankt wurden, regelmäßig versteuerten Dieselkraftstoff an die benachbarte Spedition H ab. Die Abgabe erfolgte unter Eigentumsvorbehalt; für die Begleichung der entsprechenden Rechnungen war der Spedition H ein Zahlungsziel von 30 Tagen eingeräumt worden. Als die Spedition H zahlungsunfähig geworden und ein Insolvenzantrag im Dezember 1999 mangels Masse abgewiesen worden war, waren fünf Rechnungen vom 1. und 16. September sowie vom 1., 18. und 22. Oktober 1999 über insgesamt ... DM, welche Dieselkraftstoffabgaben in dem Zeitraum von Mitte August bis Ende Oktober 1999 betrafen, unbezahlt geblieben. Im Oktober 2000 beantragte der Kläger beim Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) unter Beifügung der Rechnungen vom 16. September sowie vom 1., 18. und 22. Oktober 1999 die Vergütung des in den offen gebliebenen Forderungen enthaltenen Mineralölsteueranteils. Das HZA lehnte den Antrag ab; der Einspruch blieb erfolglos.

Die hiergegen erhobene Klage, welche vom Kläger einerseits in Höhe des Selbstbehalts von seinerzeit 10 000 DM zurückgenommen, andererseits um den in der unbezahlten Rechnung vom 1. September 1999 enthaltenen Mineralölsteueranteil erweitert wurde, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG hielt die Klage hinsichtlich der beanspruchten Vergütung des Mineralölsteueranteils aus der Rechnung vom 1. September 1999 für unzulässig, da es insoweit an dem erforderlichen Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf fehle. Im Übrigen sei die Klage zulässig, jedoch seien die Vergütungsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung --MinöStV--) vom 15. September 1993 (BGBl I, 1602) nicht erfüllt, da zum einen § 53 MinöStV der Vermeidung der wirtschaftlichen Belastung des Mineralölhandels bei Forderungsausfällen diene, der Kläger jedoch kein Mineralölhändler sei, und da zum anderen der Zahlungsausfall jedenfalls vermeidbar gewesen sei, weil durch das vom Kläger praktizierte Mahnsystem eine ausreichende Überwachung seiner Außenstände nicht sicher gestellt gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er allein auf den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.

Zu Unrecht habe das FG ihn nicht als Mineralölhändler angesehen. Wenn auch seine Haupttätigkeit allein das Speditionsunternehmen betreffe, so habe er gleichwohl im Nebengewerbe Dieselkraftstoff in großen Mengen an die Spedition H verkauft. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe sich in seinen bisherigen Entscheidungen zur Vergütung der Mineralölsteuer bei Forderungsausfällen gemäß § 53 MinöStV ausschließlich mit klassischen Mineralölhändlern zu befassen gehabt. Der Fall des Verkaufs von Mineralöl im "Nebenberuf" sei hingegen vom BFH bisher nicht geklärt worden.

Seine Auffassung, dass keine ausreichende Überwachung der Außenstände stattgefunden habe, habe das FG auf die nicht streitgegenständliche Rechnung vom 1. September 1999 gestützt. Die Art und Weise, wie die Begleichung dieser Rechnung angemahnt worden sei, habe jedoch den Grundsätzen entsprochen, wie sie vom Senat mit Beschluss vom 2. Februar 1999 VII B 247/98 (BFHE 188, 217) aufgestellt worden seien. Dass es nicht zu einer dritten und letzten Mahnung mit Androhung gerichtlicher Geltendmachung der Forderung gekommen sei, habe allein daran gelegen, dass die Spedition H zu diesem Zeitpunkt schon den Insolvenzantrag gestellt habe. Aus diesem Grund hätte auch die gerichtliche Verfolgung der übrigen offenen Forderungen aus den späteren Rechnungen keinen Sinn mehr ergeben.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift der vom Kläger geltend gemachte Grund für die Zulassung der Revision, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordere (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO), nicht schlüssig dargelegt ist, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.

Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen; insoweit gelten die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. höchstrichterlich entwickelten Anforderungen fort (BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2001 III B 103/01, BFH/NV 2002, 652). Auch zur Darlegung des Zulassungsgrundes des § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO sind somit substantiierte und konkrete Angaben dazu erforderlich, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu einer bestimmten Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2002 I B 147/01, BFH/NV 2003, 197).

An der entsprechenden Darlegung fehlt es hier. Aus der Beschwerdebegründung wird nicht deutlich, inwieweit eine erneute, revisionsgerichtliche Entscheidung erforderlich ist. Die Beschwerde bezeichnet keine bestimmte Rechtsfrage, deren Beantwortung durch den BFH im allgemeinen Interesse liegt. Vielmehr wendet sich der Kläger letztlich gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung, indem er --ebenso wie das FG-- meint, dass in Anbetracht der Ermächtigungsnorm des § 31 Abs. 3 Nr. 4 des Mineralölsteuergesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2185) der Verkäufer des versteuerten Mineralöls, der die Vergütung der Mineralölsteuer bei Forderungsausfällen gemäß § 53 MinöStV beanspruche, Mineralölhändler sein müsse, dass aber das FG zu Unrecht ihm diese Eigenschaft abgesprochen und ihn als Endabnehmer angesehen habe. Mit der bloßen Behauptung, dass die Vorentscheidung fehlerhaft sei, wird aber der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO nicht in ausreichender Weise dargelegt.

Falls sich dem Beschwerdevorbringen insgesamt --soweit es sich gegen die Ansicht des FG wendet, dass der Kläger nicht als Mineralölhändler anzusehen sei-- die Ansicht des Klägers entnehmen ließe, dass in einem Revisionsverfahren zu klären sei, welche Voraussetzungen an den Begriff des Mineralölhändlers, der eine Steuervergütung bei Forderungsausfällen beanspruchen kann, zu stellen sind, und dass die Klärung dieser Frage im allgemeinen Interesse liege, kann der Senat offen lassen, ob hiermit der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO schlüssig dargelegt ist. Hat nämlich das FG --wie im Streitfall-- seine Entscheidung kumulativ auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, muss der Beschwerdeführer einen Zulassungsgrund bezüglich jeder dieser Begründungen darlegen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Anm. 28).

Hieran fehlt es aber im Streitfall. Soweit das FG seine Entscheidung damit begründet hat, dass das Mahnsystem des Klägers grundsätzlich nicht den Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV gerecht geworden sei, weil damit die ausreichende Überwachung der Außenstände nicht sicher gestellt gewesen sei, trägt die Beschwerde im Wesentlichen lediglich vor, dass diese Würdigung unzutreffend sei, weil das Mahnsystem des Klägers den Anforderungen, wie sie in dem Senatsbeschluss in BFHE 188, 217 bezeichnet worden seien, durchaus entsprochen habe. Die Behauptung, die Vorentscheidung habe Urteile des BFH unzutreffend angewendet, reicht aber für eine ordnungsgemäße Begründung einer Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO nicht aus. Im Übrigen hat das FG die in Bezug genommenen Senatsentscheidungen (Senatsbeschlüsse in BFHE 188, 217, und vom 1. Juni 2001 VII B 232/00, BFH/NV 2001, 1609) zutreffend im Streitfall angewendet. Nach den Feststellungen des FG ist die Begleichung der Rechnung vom 1. September 1999 trotz der eingeräumten langen Zahlungsfrist von 30 Tagen nach dem Ablauf dieser Frist nicht unter Androhung der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung angemahnt worden und es wurde auch weder eine gerichtliche Verfolgung des Anspruchs eingeleitet noch eine Liefersperre verhängt. Wenn das FG auf Grund dieser Feststellungen zu dem Ergebnis gekommen ist, dass sich anhand dieses Beispiels der Rechnung vom 1. September 1999 ein Systemfehler offenbarte, demzufolge das Rechnungs- und Mahnwesen des Klägers nicht den Anforderungen des § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV genügte, und dass dieser Systemfehler auch die übrigen streitgegenständlichen Rechnungen betraf, so steht diese Würdigung mit den Grundsätzen, wie sie den o.g. Senatsbeschlüssen zu entnehmen sind, im Einklang. Anders als der Kläger meint, waren Mahnungen mit Fristsetzung unter Androhung gerichtlicher Geltendmachung auch noch möglich und erforderlich, nachdem die Spedition H den Insolvenzantrag gestellt hatte. Auf eine Kausalitätsbetrachtung ex post, ob Mahnungen mit Fristsetzung und eine anschließende gerichtliche Verfolgung der Ansprüche erfolgreich gewesen wären, kommt es nicht an (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 2003 VII R 7/02, BFHE 200, 475).

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