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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.09.2000
Aktenzeichen: VII B 133/00
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 284
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) wegen rückständiger Steuern und Nebenleistungen in Höhe von ... DM mit Verfügung vom 11. August 1998 zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses nebst Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 der Abgabenordnung (AO 1977) vorgeladen worden. Der hiergegen vom Kläger eingelegte Einspruch wurde vom FA mit Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 1999 zurückgewiesen. Diese wurde dem Kläger am 16. Juli 1999 mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Mit am 23. August 1999 beim Finanzgericht (FG) eingegangenen Schreiben machte der Kläger geltend, er habe ein Klageschreiben in Bezug auf die Einspruchsentscheidung mit einfachem Brief am 7. August 1999 an das FG abgesandt und bitte um Überprüfung, ob diese Klageschrift eingegangen sei. Vorsorglich beantragte er in diesem Schreiben Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wobei er an Eides Statt versicherte, dass er die Klageschrift am 7. August 1999 nachmittags in den Postkasten beim Postamt S eingeworfen habe.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab, weil der Kläger die Klagefrist versäumt habe. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, weil der Kläger die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht glaubhaft gemacht habe. Er habe zwar vorgetragen, dass er eine Klageschrift mit Datum vom 7. August 1999 am selben Tag in den Postkasten beim Postamt S eingeworfen habe. In 10 anderen Verfahren beim FG habe der Kläger demgegenüber jeweils unter Ausnutzung der vollen Rechtsbehelfsfrist die Klageschriften per Faxgerät übermittelt. Der Kläger habe nach seinem Vortrag auch die vorliegende Klageschrift per Faxgerät übermitteln wollen, was aber wegen Verbindungsschwierigkeiten nicht möglich gewesen sei. Der Aufforderung des Gerichts, geeignete Nachweise über diesen Sachverhalt vorzulegen, sei der Kläger nicht nachgekommen. Er habe auch nichts dazu vorgetragen, warum Verbindungsschwierigkeiten am 7. August 1999 ihn zu einer Klageerhebung per Post am gleichen Tage bewogen hätten, obwohl die Klagefrist, was dem prozesserfahrenen Kläger bekannt gewesen sei, erst am 16. August 1999 ausgelaufen sei. Angesichts dieses sich aus den Akten ergebenden Sachverhalts sowie der fehlenden Mitwirkung des Klägers könne das Gericht nicht davon ausgehen, dass dieser ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die Klagefrist einzuhalten.

Gegen dieses Urteil des FG richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, die er auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob der Verlust einer Postsendung nicht stets einen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darstelle. Diese Frage betreffe sämtliche Bürger. Es könne bei der Vielzahl der von der Post beförderten Postsendungen der Verlust einer einzelnen Sendung niemals ausgeschlossen werden. Dieser Umstand könne ihm im Streitfall nicht angelastet werden, da er auf die korrekte Beförderung und Zustellung der Postsendung habe vertrauen dürfen.

Die Beschwerde ist unzulässig, denn der Kläger hat in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage nicht in einer den Anforderungen entsprechenden Weise dargelegt (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605), die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. die Hinweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Rz. 8 ff.). Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Beschwerdeschrift schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dazu ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).

Die vom Kläger aufgeworfene und für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage ist im Streitfall jedenfalls nicht klärungsfähig, denn das FG hat dazu nicht entschieden. Das FG hat nämlich nicht in Abrede gestellt, dass beim Verlust einer Postsendung auf dem Postweg Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt. Das FG hat vielmehr dem Kläger die mit eidesstattlicher Versicherung bekräftigte Behauptung nicht abgenommen, er habe am 7. August 1999 eine Klageschrift in den bezeichneten Postkasten eingeworfen. Die aufgrund des Verhaltens des Klägers in 10 anderen Fällen und aufgrund seiner konkreten Einlassung zur beabsichtigten Vorgehensweise im Streitfall vom FG an der Darstellung des Klägers erhobenen Zweifel hat der Kläger trotz Aufforderung durch das Gericht nicht ausgeräumt. Er hat sich schlicht dazu verschwiegen. Unter diesen Umständen durfte das FG davon ausgehen, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist und daher im Ergebnis nicht ausreichend glaubhaft gemacht hat, dass er ohne Verschulden an der Einhaltung der Klagefrist gehindert gewesen sei. Das angefochtene Urteil verweigert dem Kläger mithin aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage hat dies nichts zu tun. Diese ist daher in dem angestrebten Revisionsverfahren jedenfalls nicht klärungsfähig.



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