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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.03.2007
Aktenzeichen: VII B 172/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) verbrachte im Januar 2003 zusammen mit seinem Mitreisenden D einen in der Tschechischen Republik zugelassenen defekten Bus, der in die Niederlande abgeschleppt und dort repariert werden sollte, über das Zollamt (ZA) aus der Tschechischen Republik in das Zollgebiet der Gemeinschaft. Der Bus wurde dem ZA gestellt, anschließend verließen jedoch der Kläger und D mit dem Bus den Amtsplatz des Zollamtes, ohne dass der Bus eine zollrechtliche Bestimmung erhalten hatte. Das Hauptzollamt, dessen Zuständigkeit auf den Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt) übergegangen ist, setzte daraufhin die auf den Bus entfallenden Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) gegen den Kläger --als Gesamtschuldner neben D-- fest.

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Das FG urteilte, dass die Einfuhrabgaben gemäß Art. 203 des Zollkodex (ZK) zu Recht gegen den Kläger festgesetzt worden seien, weil er mit der Entfernung des Busses vom Amtsplatz eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen habe. Ein Zollverfahren der aktiven Veredelung hätte schriftlich oder mittels Datenverarbeitung beantragt und von der Zollbehörde bewilligt werden müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Mit dem Vorbringen des Klägers, dem ZA mündlich mitgeteilt zu haben, dass der Bus in die Niederlande zur Reparatur geschleppt werden solle, sei eine ordnungsgemäße Zollanmeldung und die erforderliche Bewilligung des Zollverfahrens nicht dargelegt. Das Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tschechischen Republik andererseits (Europa-Abkommen) vom 4. Oktober 1993 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1994 Nr. L 360/1) stehe der Abgabenfestsetzung im Streitfall nicht entgegen, da nicht dargelegt worden sei, dass es sich bei dem Bus um eine Ursprungsware der Tschechischen Republik gehandelt habe.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er im Wesentlichen auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zweifelhaft ist bereits, ob die Gründe für die Zulassung der Revision schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, da die Beschwerde keinen abstrakten Rechtssatz bezeichnet, geschweige denn Ausführungen zu dessen Klärungsbedürftigkeit macht, sondern im Stil einer Revisionsbegründung geltend macht, dass das FG-Urteil rechtsfehlerhaft sei. Jedenfalls liegt aber kein Grund für die Zulassung der Revision vor.

Die sinngemäß formulierte Frage, ob der Zollanspruch "nur an den unmittelbaren Eingang einer Ware in den Wirtschaftskreislauf anknüpfen" dürfe, ist nicht klärungsbedürftig. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat bereits entschieden, dass der wirtschaftliche Charakter der Einfuhrabgaben nicht dagegen spricht, dass eine Zollschuld auf der Grundlage von Art. 203 ZK entsteht, auch wenn die Ware nicht im Zollgebiet der Gemeinschaft verbleibt (Urteil vom 12. Februar 2004 Rs. C-337/01, EuGHE 2004, I-1809).

Die Frage, ob Einfuhrabgaben auch im Fall einer bloßen Verletzung von Anmeldeformvorschriften erhoben werden dürfen, stellt sich im Streitfall ohnehin nicht, weil nach den Feststellungen des FG nicht lediglich "Anmeldeformvorschriften" nicht beachtet worden sind, sondern eine gestellte Ware vom Amtsplatz des ZA entfernt worden ist, ohne dass ein Nichterhebungsverfahren in Form des Zollverfahrens der aktiven Veredelung von der Zollbehörde bewilligt (Art. 85 ZK) worden war. Weshalb --wie die Beschwerde meint-- das FG insoweit "die Beweislast fehlerhaft zum Nachteil des Klägers gewertet" hat, erschließt sich nicht. Es liegt auf der Hand, dass --wie vom FG ausgeführt-- die angebliche mündliche Mitteilung gegenüber dem ZA, dass der Bus in die Niederlande zur Reparatur geschleppt werden sollte, die ordnungsgemäße Zollanmeldung und die nach Art. 85 ZK erforderliche Bewilligung des Zollverfahrens nicht ersetzen konnte. Dass es darüber hinaus von Seiten des ZA gestattet worden sein soll, "ohne weiteres mit dem Bus zur Reparatur in die Niederlande" weiterzufahren, hat das FG nicht feststellen können.

Auch der Begriff der "Entziehung" aus der zollamtlichen Überwachung ist nicht klärungsbedürftig. Darunter ist jede Handlung oder Unterlassung zu verstehen, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und der Durchführung der in Art. 37 Abs. 1 ZK vorgesehenen Prüfungen gehindert wird (EuGH-Urteil in EuGHE 2004, I-1809). Hiervon ist das FG im Streitfall ausgegangen und hat zutreffend angenommen, dass der Bus mit seiner Entfernung vom Amtsplatz der zollamtlichen Überwachung entzogen worden ist. Da somit ein Fall der Zollschuldentstehung gemäß Art. 203 ZK vorliegt, ist --anders als die Beschwerde meint-- Art. 204 ZK nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht anwendbar.

Auch hinsichtlich Art. 11 Abs. 1 Europa-Abkommen wirft der Streitfall keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf und es trifft auch nicht zu, dass --wie die Beschwerde behauptet-- das FG diese Vorschrift nicht berücksichtigt hat. Vielmehr hat das FG es als nicht nachgewiesen angesehen, dass es sich bei dem Bus um eine Ursprungsware der Tschechischen Republik gehandelt hat. Der insoweit --jedenfalls sinngemäß-- geltend gemachte Verfahrensmangel einer Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist nicht schlüssig dargelegt. Die Beschwerde gibt nicht an, welche für die Ursprungseigenschaft erheblichen Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen. Die von der Beschwerde erwähnten Fahrzeugpapiere des Busses waren jedenfalls zweifellos nicht geeignet, seinen Ursprung nachzuweisen. Die Beschwerde verkennt, dass nach Art. 11 des Protokolls Nr. 4 zum Europa-Abkommen, der Nachweis, dass Erzeugnisse die erforderliche Ursprungseigenschaft besaßen, grundsätzlich nur durch eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 erbracht werden konnte.

Ende der Entscheidung

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