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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.02.2003
Aktenzeichen: VII B 173/02
Rechtsgebiete: StBerG, FGO


Vorschriften:

StBerG § 36 Abs. 3
StBerG § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3
FGO § 126 Abs. 4
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) möchte als Steuerberater bestellt werden. Er war rund .. Jahre in der Finanzverwaltung tätig und ist deshalb von der Steuerberaterprüfung befreit worden. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (die Steuerberaterkammer) hat jedoch Zweifel, ob er nicht aus gesundheitlichen Gründen unfähig ist, den Beruf eines Steuerberaters ordnungsgemäß auszuüben. Dazu hat der Kläger, der ... aus gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden ist, mit seinem Antrag auf Bestellung als Steuerberater ein fachärztliches Attest vorgelegt, wonach sein Gesundheitszustand aus orthopädischer Sicht eine berufliche Tätigkeit im Umfang von 16 Wochenstunden erlaube. Einsicht in das im Rahmen seiner vorzeitigen Pensionierung erstellte amtsärztliche Gutachten verweigerte der Kläger der Steuerberaterkammer. Diese holte daraufhin ein neues amtsärztliches Gutachten ein, in dem es heißt, der Kläger sei wegen Funktionsbeeinträchtigungen des Bewegungsapparates und wegen einer krankheitswertigen Störung auf psychiatrischem Fachgebiet in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden; der nach der gegenwärtigen Untersuchung festgestellte Gesundheitszustand des Klägers bestätige diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen, zu denen eine Störung des Herz-Kreislaufsystems hinzutrete. Die Belastbarkeit erscheine nach wie vor in einem Maße eingeschränkt, dass auch eine Halbtagstätigkeit dem Kläger nicht zugemutet werden könnte. Jedoch könne der Kläger "unter deutlich reduzierten und flexiblen Arbeitsbedingungen" trotz dieser Beeinträchtigungen und einem bisher vom Versorgungsamt zuerkannten Grad der Behinderung von 30 % den Beruf des Steuerberaters ordnungsgemäß ausüben.

Die Steuerberaterkammer hat dieses Gutachten einem Facharzt für Neurologie mit der Bitte um Stellungnahme zu der Frage vorgelegt, ob aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens plausibel und nachvollziehbar der Schluss gezogen werden könne, dass der Kläger für den Beruf des Steuerberaters geeignet sei. In der daraufhin ergangenen fachärztlichen Stellungnahme heißt es, das Gesundheitszeugnis sei für die von der Steuerberaterkammer erbetene Beurteilung unzureichend; ohne genauere Kenntnisse, um welche Störung auf psychiatrischem Gebiet es sich im Falle des Klägers handele, könne seine Eignung für die Bestellung als Steuerberater nicht beurteilt werden. Es sei nicht erkennbar, warum der Kläger bei einem Grad der (orthopädischen) Behinderung von 30 % in den Ruhestand versetzt werde; dies sei nur vorstellbar, wenn die Störung auf psychiatrischem Fachgebiet so schwer sei, dass diese der eigentliche Grund für die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand sei und die psychiatrische Erkrankung in den Grad der Behinderung nicht mit eingeflossen sei.

Die Steuerberaterkammer hat auf Grund dieser ärztlichen Stellungnahme die Bestellung des Klägers zum Steuerberater abgelehnt, nachdem dieser eine ergänzende medizinische Untersuchung abgelehnt hatte. Die deswegen erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben.

Das Finanzgericht (FG) urteilte, die ordnungsgemäße Ausübung des Berufes des Steuerberaters setze voraus, dass der Bestellungsbewerber etwa halbtags als Steuerberater tätig sein könne (Hinweis auf das Urteil des beschließenden Senats vom 21. Juli 1964 VII 279/63, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1965, 82). Aus dem Umstand, dass der Kläger wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden ist, sei jedoch zu schließen, dass an seiner Fähigkeit zu einer halbtäglichen Tätigkeit ganz erhebliche Zweifel bestünden, weil eine Frühpensionierung bei Möglichkeit einer Halbtagstätigkeit grundsätzlich nicht in Betracht komme. Aufgrund des von der Steuerberaterkammer eingeholten amtsärztlichen Gutachtens stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger nicht in etwa halbtags einer Berufstätigkeit nachgehen könne. Weitere Ermittlungen seien im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung erklärte Weigerung des Klägers, sich erneut untersuchen zu lassen, nicht veranlasst.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers mit der im Wesentlichen geltend gemacht wird, es bedürfe rechtsgrundsätzlicher Klärung, ob die Fähigkeit zu einer halbtägigen Berufstätigkeit noch als Voraussetzung für die Bestellung als Steuerberater angesehen werden könne, nachdem in Folge des Siebten Änderungsgesetzes zum Steuerberatungsgesetz in § 36 Abs. 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) nur noch eine berufspraktische Tätigkeit im Umfang von mindestens 16 Wochenstunden gefordert werde.

Die Steuerberaterkammer hält die Beschwerde für unzulässig; jedenfalls sei die von ihr aufgeworfene angebliche Grundsatzfrage weder in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig noch klärungsbedürftig. § 36 Abs. 3 StBerG sei für die Auslegung des hier strittigen § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StBerG ohne Bedeutung.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Revision ist nicht zuzulassen.

Der beschließende Senat lässt offen, ob die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), weil klärungsbedürftig ist, ob die Rechtsansicht des FG, als Steuerberater dürfe aufgrund des § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StBerG nur bestellt werden, wer den Beruf des Steuerberaters mindestens halbtägig ausüben könne, zutrifft und sich auf das vorgenannte Urteil des Senats in HFR 1965, 82 stützen kann, in dem der Senat zwar beiläufig der Auffassung beigepflichtet hat, wer nur gelegentlich ein bis zwei Stunden am Tag eine steuerberatende Tätigkeit ausüben könne, sei im Sinne des StBerG zur Berufsausübung unfähig, jedoch andererseits darauf hingewiesen hat, die vom Gesetz verlangte Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Ausübung des Berufes sei nicht stets ausgeschlossen, wenn der Betreffende den Anforderungen an ein bestimmtes Amt im öffentlichen Dienst nicht genügen könne und eine freiberufliche Tätigkeit nur in einer dem Umfange nach beschränkten Weise auszuüben in der Lage sei. Denn selbst wenn einem Bewerber, der auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nur weniger als halbtägig tätig sein kann, die Bestellung als Steuerberater nicht ohne weiteres nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StBerG sollte versagt werden können, bzw. dies zumindest in einer die Zulassung der Revision rechtfertigenden Weise klärungsbedürftig sein sollte, könnte die Revision nicht zugelassen werden, weil das FG die Klage zumindest im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat und daher die Revision nach § 126 Abs. 4 FGO, der in dem Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision entsprechend anzuwenden ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 26. Februar 1997 IV B 105/96, BFH/NV 1997, 679, ständige Rechtsprechung), nicht zuzulassen ist.

Nach der für das angestrebte Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts ist davon auszugehen, dass der Kläger über seine orthopädischen Beschwerden und seine Herz-Kreislauferkrankung hinaus an einer --nach Art und Umfang unaufgeklärten-- psychischen Erkrankung leidet. Dies ergibt sich aus dem von der Steuerberaterkammer eingeholten amtsärztlichen Gutachten, dessen Richtigkeit insoweit nicht bestritten worden ist und gegen das auch in dem Urteil des FG keine Bedenken erhoben werden. Nach dem Gesamtzusammenhang des Verfahrens ist ferner davon auszugehen, dass sich das FG im Rahmen der ihm vorbehaltenen tatrichterlichen Würdigung des vorliegenden Sachverhalts auch das von der Steuerberaterkammer eingeholte Urteil des neurologischen Facharztes zu Eigen gemacht hat, diese psychische Erkrankung sei möglicherweise von einigem Gewicht und schließe die Fähigkeit des Klägers zur ordnungsgemäßen Berufsausübung möglicherweise aus, da anderenfalls nicht verständlich sei, dass er von der Finanzverwaltung in den Ruhestand versetzt worden ist.

Angesichts dieser Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Klägers für den Beruf des Steuerberaters und dessen Weigerung, eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zu ermöglichen, hätte das FG ohne Verletzung des Bundesrechts (§ 118 Abs. 1 FGO) der Klage selbst dann nicht stattgeben dürfen, wenn es sich daran nicht bereits aufgrund der unstreitigen Beschränkung des Klägers auf eine weniger als halbtägige Berufstätigkeit gehindert gesehen hätte. Denn nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StBerG darf als Steuerberater nicht bestellt werden, wer aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf des Steuerberaters ordnungsgemäß auszuüben. Diese Vorschrift normiert zwar einen Versagungstatbestand, bürdet also grundsätzlich dem Bestellungsbewerber nicht die Feststellungslast dafür auf, dass er frei von gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist, die ihn an der ordnungsgemäßen Berufsausübung hindern würden. Die an sich die Steuerberaterkammer treffende Last, ggf. nachzuweisen, dass der Bewerber hierzu nicht nur vorübergehend unfähig ist, kehrt sich jedoch gegen jenen, wenn er ohne triftigen und angesichts der im Bestellungsverfahren auf dem Spiel stehenden öffentlichen Interessen hinreichend gewichtigen Grund seine Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts verweigert. So liegt es hier. Es bestehen, wie ausgeführt, gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf des Steuerberaters ordnungsgemäß auszuüben. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ließe sich nur durch die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens oder Einsichtnahme in die ärztlichen Gutachten klären, die der Entscheidung über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand zu Grunde gelegen haben. Beides hat der Kläger verweigert. Andere, schonendere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts stehen nicht zur Verfügung. Deshalb musste die Steuerberaterkammer den Bestellungsantrag ablehnen und das FG die deswegen erhobene Klage abweisen.

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