Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.05.2009
Aktenzeichen: VII B 231/08
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 35
AO § 69
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war bei einem in Deutschland tätigen rumänischen Unternehmen --X-- u.a. als Bauleiter beschäftigt. Wegen rückständiger Umsatz- und Lohnsteuerschulden sowie steuerlicher Nebenleistungen der X wurde er vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) neben dem eingetragenen Geschäftsführer und dessen Stellvertreter mit zwei Haftungsbescheiden gemäß § 69 i.V.m. § 35 der Abgabenordnung (AO) als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Dabei ging das FA davon aus, dass der Kläger als Generaldirektor und damit als faktischer Geschäftsführer nach außen tätig geworden ist. Die Einsprüche wies das FA als unbegründet zurück.

Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Kläger aufgrund einer vom Geschäftsführer der Gesellschaft unterschriebenen Vollmacht, mit der dem Kläger die Abwicklung von Bauverträgen in Deutschland übertragen worden sei, und eines Auftrages, der den Kläger bevollmächtigt habe, Bankunterlagen zu unterschreiben, als faktischer Betriebsleiter anzusehen sei. In dieser Eigenschaft sei er für die Einhaltung des Budgets sowie für die Einnahmen und Ausgaben des Unternehmens in Deutschland verantwortlich gewesen. Spätestens seit Ende des Jahres 1999 sei er als faktischer Geschäftsführer und damit als Verfügungsberechtigter i.S. von § 35 AO aufgetreten. Die ihm obliegenden steuerlichen Pflichten habe er schuldhaft unerfüllt gelassen, weshalb seine haftungsrechtliche Inanspruchnahme sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nicht zu beanstanden sei.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu klären sei die Rechtsfrage, ob auch derjenige als Verfügungsberechtigter i.S. von § 35 AO anzusehen sei, der zwar grundsätzlich über Mittel einer Gesellschaft verfügen könne, jedoch aufgrund der internen arbeits- und aufgabenteiligen Geschäftsverteilung für steuerliche Belange der Gesellschaft nicht zuständig sei und nicht auftrete, obwohl die steuerlichen Belange der Gesellschaft in der Vergangenheit ausschließlich von dem gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft tatsächlich wahrgenommen worden seien. Des weiteren sei die Rechtsfrage klärungsbedürftig, ob einem Verfügungsberechtigten i.S. von § 35 AO auch dann grobe Fahrlässigkeit i.S. von § 69 AO vorgeworfen werden könne, wenn er intern mit steuerlichen Angelegenheiten nicht betraut gewesen sei und darauf vertraut habe, dass die steuerlichen Belange der Gesellschaft vom gesetzlichen Vertreter bzw. von einer beauftragten Steuerkanzlei ordnungsgemäß erfüllt würden. Entgegen der Auffassung des FG sei ihm keine Generalvollmacht erteilt worden. Das FG habe unberücksichtigt gelassen, dass Steuererklärungen vom Geschäftsführer unterzeichnet und eingereicht worden seien. Dieser habe auch Besprechungen mit dem FA durchgeführt und eine persönliche Bürgschaft gestellt. Er, der Kläger, sei vorwiegend im technischen Bereich tätig gewesen. Es habe langjähriger Übung entsprochen, dass für die steuerlichen Angelegenheiten ausschließlich der Geschäftsführer zuständig gewesen sei.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn die vom Kläger aufgeworfenen Fragen wären in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.

Mit der auf den Streitfall zugeschnittenen Fragestellung wird unterstellt, dass zwischen bestimmten Personen, die für eine Gesellschaft tätig geworden sind, eine eindeutige und ausdrückliche Vereinbarung hinsichtlich der Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden steuerlichen Pflichten getroffen worden ist. Das Vorliegen einer solchen internen Geschäftsverteilung hat das FG jedoch nicht festgestellt. Vielmehr hat es die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger faktischer Leiter des Unternehmens in Deutschland gewesen ist und dass er die ihm zugewiesene Stellung auch ausgefüllt hat. In seiner Urteilsbegründung hat das FG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger durch die Eröffnung eines Kontos mit Einzelzeichnungsbefugnis gegenüber einer Bank im Außenverhältnis rechtsgeschäftlich tätig geworden ist. Den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des FG kann nicht entnommen werden, dass im Haftungszeitraum die Entrichtung fälliger Umsatz- oder Lohnsteuern einer anderen Person als dem Kläger oblag. Dass das FG von einer solchen Übertragung nicht ausgegangen ist, belegen seine Ausführungen, nach denen der Kläger allein über das Geschäftskonto der Gesellschaft verfügt habe und allein in der Lage gewesen sei, die fälligen Steuern zu entrichten. Darüber hinaus hat das FG keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Kläger tatsächlich auf die Erfüllung der steuerlichen Aufgaben durch eine andere Person vertraut hat oder darauf hätte vertrauen dürfen. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen würden sich somit in einem Revisionsverfahren nicht stellen, so dass eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht in Betracht kommt.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Fragen hinsichtlich der haftungsrechtlichen Auswirkungen einer internen Aufgabenverteilung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt sind. Um eine haftungsbegrenzende Wirkung zu entfalten, muss die interne Aufgabenverteilung grundsätzlich vor Aufnahme der Tätigkeit des Haftungsschuldners klar und eindeutig, d.h. in schriftlicher Form, festgelegt worden sein (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 4. März 1986 VII S 33/85, BFHE 146, 23, BStBl II 1986, 384, und vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776). Auch hierüber hat das FG im Streitfall keine Feststellungen getroffen.

Ende der Entscheidung

Zurück