Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.02.2007
Aktenzeichen: VII B 253/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 74
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wendet sich mit seiner beim Finanzgericht (FG) anhängigen Klage gegen einen Abrechnungsbescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--), mit dem das Erlöschen von Steuererstattungsansprüchen durch Aufrechnung mit Regressansprüchen aus Rückbürgschaften des Landes X und des Bundes festgestellt wird. Das finanzgerichtliche Verfahren war zunächst im Hinblick auf ein zivilrechtliches Klageverfahren bei dem Landgericht (LG) A ausgesetzt worden in der Annahme, dass in jenem Verfahren über das Bestehen des zivilrechtlichen Regressanspruchs des Landes gestritten werde. Nachdem jenes Klageverfahren abgeschlossen und das finanzgerichtliche Verfahren wieder aufgenommen worden war, machte das FA jedoch geltend, dass vor dem LG A nicht über die Ansprüche des Landes aus der Rückbürgschaft, sondern über die Ansprüche des Hauptbürgen gestritten worden sei. Das FG gab dem FA daraufhin auf nachzuweisen, dass vor dem zuständigen Zivilgericht Klage auf Feststellung des Bestehens der zur Aufrechnung gestellten Forderung der Rückbürgen erhoben worden sei. Dementsprechend wurde eine solche Klage bei dem LG B eingereicht. Mit dem im Streitfall angefochtenen Beschluss setzte das FG daraufhin das finanzgerichtliche Verfahren bis zur Rechtskraft einer Entscheidung des bei dem LG B anhängigen Rechtsstreits aus.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers. Er macht weiterhin geltend, dass mit dem damaligen zivilrechtlichen Klageverfahren vor dem LG A das Nichtbestehen der gesamten Ansprüche der Bürgen rechtskräftig festgestellt worden sei und dass das FG das unsubstantiierte Bestreiten des FA, dass Ansprüche des Landes aus der Rückbürgschaft Gegenstand jenes Verfahrens gewesen seien, nicht habe zum Anlass nehmen dürfen, das finanzgerichtliche Verfahren erneut auszusetzen. Das Urteil, welches den auf die Ausfallbürgschaft gestützten Anspruch abgewiesen habe, wirke sowohl gegen den Ausfallbürgen als auch gegen den Rückbürgen.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Aussetzung des finanzgerichtlichen Klageverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des zuständigen Zivilgerichts über die bei diesem anhängige Klage wegen der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, kann das Gericht nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, steht es grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, die Verfahrensaussetzung anzuordnen. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats, an der auch im Streitfall festzuhalten ist, ist dieses Ermessen allerdings auf Null reduziert, wenn dem Gericht die Kompetenz zur Entscheidung der Vorfrage fehlt. Das FG muss daher das finanzgerichtliche Klageverfahren gemäß § 74 FGO aussetzen, wenn Gegenstand des Verfahrens die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden, bestrittenen und noch nicht rechtskräftig festgestellten Gegenforderung ist (Senatsurteil vom 31. Mai 2005 VII R 56/04, BFH/NV 2005, 1759).

So verhält es sich im Streitfall, weshalb das FG das finanzgerichtliche Verfahren zu Recht ausgesetzt hat. Streitig ist, ob Steuererstattungsansprüche des Klägers durch Aufrechnung mit Regressansprüchen aus Rückbürgschaften des Landes X und des Bundes erloschen sind. Bei diesen Gegenforderungen handelt es sich um rechtswegfremde, nämlich zivilrechtliche Forderungen, deren Bestehen der Kläger bestreitet und deren Bestehen im maßgeblichen Zeitpunkt auch noch nicht rechtskräftig festgestellt war, denn über die zivilrechtliche Klage des Landes Hessen, die beim LG B anhängig war und die auf Feststellung des Bestehens der Regressansprüche aus den Rückbürgschaften gerichtet war, war im Zeitpunkt des Aussetzungsbeschlusses des FG noch nicht entschieden.

Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, dass bereits im Rahmen des damaligen zivilrechtlichen Klageverfahrens vor dem LG A das Nichtbestehen der Gesamtansprüche der Bürgen rechtskräftig festgestellt worden sei, verkennt sie, dass auch über diese Frage, ob mit jenem Urteil zugleich über die Ansprüche der Rückbürgen entschieden worden ist, mangels Rechtswegzuständigkeit nicht das FG, sondern nur das zuständige Zivilgericht entscheiden kann.

Ob das FG die Verfahrensaussetzung ggf. dann nicht hätte anordnen müssen, wenn es offensichtlich gewesen wäre, dass die beim LG B anhängige Klage unzulässig war, weil ihr die Rechtskraft der früheren Entscheidung des LG A entgegensteht, bedarf keiner Entscheidung, weil es sich nicht so verhält. Kläger in dem Verfahren vor dem LG A war der Hauptbürge und nicht das Land X. Die Rechtskraftwirkung jenes Urteils kann sich somit grundsätzlich nicht auch auf die Ansprüche des bzw. der Rückbürgen erstrecken (vgl. dazu Senatsurteil in BFH/NV 2005, 1759). Ob und ggf. welche rechtlichen Folgerungen aus dem damaligen die Klage abweisenden Urteil des LG A auch für die gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche der Rückbürgen gezogen werden können, ist --wie ausgeführt-- der Entscheidung der zuständigen Zivilgerichte vorbehalten.

Solange nicht rechtskräftig entschieden war, ob die zivilrechtliche Gegenforderung besteht oder nicht, konnte das FG im Streitfall keine Entscheidung treffen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass --wie die Beschwerde behauptet-- das FA seinerzeit selbst vorgetragen hatte, dass das Klageverfahren vor dem LG A die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung betreffe, oder dass --sollte die nunmehr geänderte Auffassung des FA zutreffen-- die frühere Verfahrensaussetzung sich nachträglich als unnötig erwiese.

Ende der Entscheidung

Zurück