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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.04.2005
Aktenzeichen: VII B 282/04
Rechtsgebiete: FGO, StBerG, DVStB


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
StBerG § 35
StBerG § 35 Abs. 1
StBerG § 35 Abs. 4
StBerG § 37a Abs. 1
DVStB § 20 Abs. 4
DVStB § 22 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde mit Bescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzministerium) mitgeteilt, dass er die Steuerberaterprüfung 2002, bei der es sich für den Kläger um die zweite Wiederholungsprüfung gehandelt hatte, aufgrund der Noten der schriftlichen Aufsichtsarbeiten nicht bestanden habe. Mit der hiergegen erhobenen Klage rügte der Kläger zum einen unzulängliche Arbeitsbedingungen während der Aufsichtsarbeit im Fach steuerliches Verfahrensrecht, nämlich zu kleine Arbeitstische, schlechte Beleuchtung sowie störenden Lärm; entsprechende Rügen habe er während der schriftlichen Prüfung rechtzeitig zu Protokoll gegeben. Zum anderen machte er geltend, dass die Art und Weise der in Deutschland durchgeführten Steuerberaterprüfung mit Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar sei.

Nach Beweisaufnahme über die seinerzeit herrschenden Prüfungsbedingungen durch Vernehmung mehrerer Zeugen wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab und urteilte, dass sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erhebliche Störungen des Prüfungsablaufs durch Lärm, zu kleine Arbeitstische oder schlechte Lichtverhältnisse nicht hätten feststellen lassen. Es könne deshalb offen bleiben, ob der Kläger die seiner Ansicht nach eingetretenen Störungen des Prüfungsablaufs rechtzeitig gerügt habe. Eine Unvereinbarkeit des Verfahrens der deutschen Steuerberaterprüfung mit Art. 12 des Grundgesetzes (GG) oder mit Gemeinschaftsrecht bestehe nicht.

Mit seiner hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, dass Einwendungen von Bewerbern wegen Störung des Prüfungsablaufs nach § 22 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) zu protokollieren seien; dies sei jedoch im Streitfall nicht geschehen. Es stelle sich daher die klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage, zu welchen Rechtsfolgen dieser Verstoß führe, so dass die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) gegeben seien. Da insoweit nur die Rechtswidrigkeit und Aufhebung des negativen Prüfungsbescheids in Betracht komme, das FG den Verstoß jedoch nicht beanstandet habe, sei die Entscheidung des FG objektiv willkürlich und unter keinem Gesichtspunkt vertretbar, weshalb auch der Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO vorliege. Grundsätzlich klärungsbedürftig sei zudem die Frage, ob die Beschränkungen der Berufs- und Niederlassungsfreiheit gemäß §§ 35 und 37a des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) mit dem Grundgesetz und dem Gemeinschaftsrecht vereinbar seien. Er (der Kläger) habe das Wirtschaftsprüferexamen bestanden und dürfe somit steuerberatend tätig sein, jedoch dürfe er nicht die Berufsbezeichnung "Steuerberater" führen und sei nunmehr nach der zweiten fehlgeschlagenen Wiederholung der Steuerberaterprüfung von einer weiteren Prüfung ausgeschlossen. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 35 und 37a Abs. 1 StBerG gebiete es in seinem Fall, entweder auf das Erfordernis der Steuerberaterprüfung zu verzichten oder die Möglichkeit, Wiederholungsprüfungen abzulegen, nicht zu beschränken. Auch werde er insoweit gegenüber Steuerberatern aus anderen EU-Mitgliedstaaten, in denen es eine vergleichbare Berufszugangsbeschränkung nicht gebe, diskriminiert.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Mängel in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision liegen die von der Beschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe jedenfalls nicht vor.

1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist einer Rechtsfrage beizumessen, wenn ihre Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. April 2002 IV B 29/01, BFHE 198, 316, BStBl II 2002, 581, m.w.N.). Das Vorliegen dieser Zulassungsvoraussetzungen muss der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist schlüssig und substantiiert darlegen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO). Dazu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 14. Juni 1995 II B 5/95, BFH/NV 1996, 141, m.w.N.; vom 14. März 2000 V B 23/00, BFH/NV 2000, 1148; Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2002 VII B 178/02, BFH/NV 2003, 214).

Ob die Beschwerde diesen Darlegungserfordernissen genügt, kann offen bleiben, da die bezeichneten Rechtsfragen im Streitfall jedenfalls nicht klärungsfähig sind.

a) Welche Rechtsfolgen sich für die Prüfungsentscheidung aus einem Verstoß gegen § 22 Nr. 4 DVStB ergeben, könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil das FG im Streitfall keine Feststellungen getroffen hat, aus denen sich ein solcher Verstoß ergibt. Das FG hat es vielmehr offen gelassen, ob der Kläger seine Einwendungen gegen den Ablauf der Prüfung rechtzeitig i.S. des § 20 Abs. 4 DVStB geltend gemacht hat, die Aufsichtskraft es jedoch unterließ, diese Einwendungen zu protokollieren. Dass das FG diese Frage nicht geklärt hat, stellt auch nicht etwa einen Verfahrensmangel dar. Mit der nach § 22 Nr. 4 DVStB bestehenden Verpflichtung des Aufsichtsführenden, etwaige Einwendungen wegen Störung des Prüfungsablaufs in einer Niederschrift zu vermerken, soll ein später ggf. erforderlicher Nachweis ermöglicht werden, dass die Einwendungen vom Bewerber rechtzeitig i.S. des § 20 Abs. 4 DVStB geltend gemacht worden sind. Auf diese Frage kam es im Streitfall nach der --insoweit maßgeblichen-- Rechtsauffassung des FG jedoch nicht an, da das FG nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine erheblichen Störungen des Prüfungsverfahrens durch äußere Einwirkungen zu erkennen vermochte. Für die seitens der Beschwerde vertretene Ansicht, dass damit die volle gerichtliche Überprüfung des Prüfungsablaufs unterlaufen werde, weil im Wesentlichen nur durch den Vermerk des Aufsichtsführenden über die vorgebrachte Einwendung und dessen Stellungnahme hierzu das Prüfungsgeschehen nachträglich aufgeklärt werden könne, findet sich in den maßgebenden Vorschriften keine Stütze. Es ist Sache des FG als Tatsacheninstanz, durch Erhebung der zur Verfügung stehenden Beweise zu klären, ob und in welchem Umfang es zu den behaupteten Störungen des Prüfungsablaufs gekommen ist; auf die nach § 22 Nr. 4 DVStB gefertigte Niederschrift ist das FG insoweit nicht beschränkt.

b) Nicht klärungsfähig ist auch die weitere von der Beschwerde bezeichnete Rechtsfrage, ob die Beschränkungen der Berufs- und Niederlassungsfreiheit gemäß §§ 35 und 37a StBerG mit dem GG und dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. Ob dem Kläger, obwohl er das Wirtschaftsprüferexamen bestanden hat, die Bestellung als Steuerberater gleichwohl versagt werden darf, weil er die Steuerberaterprüfung nicht bestanden hat, oder ob er nicht wenigstens zu weiteren Wiederholungen der Steuerberaterprüfung zugelassen werden muss, sind Fragen der evtl. Befreiung von dem nach § 35 Abs. 1 StBerG vorgesehenen Erfordernis des Bestehens der Steuerberaterprüfung bzw. der nach § 35 Abs. 4 StBerG vorgeschriebenen Beschränkung der Anzahl von Wiederholungsprüfungen, mithin Fragen, die sich im Streitfall nicht stellen. Zu entscheiden war hier vom FG allein, ob die gegenüber dem Kläger ergangene Entscheidung des Finanzministeriums über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung 2002 rechtmäßig war.

2. Aus den genannten Gründen folgt zugleich, dass auch die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht vorliegen. Insoweit wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO von einer weiteren Begründung abgesehen.

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