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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: VII B 3/08
Rechtsgebiete: FGO, MinöStG 1993


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 76 Abs. 1
MinöStG 1993 § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
MinöStG 1993 § 25 Abs. 3b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichten bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Landwirt und betreibt auf seinem Hof eine Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK-Anlage). Antragsgemäß erteilte ihm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) die Erlaubnis zur Verwendung von steuerbegünstigtem leichtem Heizöl. Anlässlich einer Neufassung der Erlaubnis am 7. Juli 2004 gab das HZA dem Kläger auf, zur Feststellung des durchschnittlichen Jahresnutzungsgrades der KWK-Anlage den Stand vorhandener Zähler und den Bestand an Heizöl zum 1. Tag eines jeden Monats durch Anschreibungen aufzuzeichnen. Eine Ende August 2004 durchgeführte Prüfung des Betriebs durch einen Prüfer des HZA führte zu dem Ergebnis, dass der Kläger keine schriftlichen Aufzeichnungen geführt hatte. Der Heizölzähler verfügte nur über ein mechanisches Zählwerk, das beim Erreichen des Endzählerstandes wieder auf Null sprang.

Im Februar 2005 beantragte der Kläger für das Kalenderjahr 2004 eine Mineralölsteuervergütung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) in Höhe von insgesamt ... €. Für die Zeiträume vor Juli 2004 enthielten die dabei vorgelegten Anschreibungen keine Angaben zum erzeugten Strom. Anschreibungen zur produzierten Wärmemenge fehlten für das Jahr 2004 vollständig. Weiter gab der Kläger an, dass die KWK-Anlage nach Angaben des Herstellers pro Stunde 80 kW Wärme und 50 kW Strom erzeuge. Seinen Berechnungen zufolge erreichte die Anlage einen Jahresnutzungsgrad von 87,96 %.

Die begehrte Mineralölsteuervergütung lehnte das HZA mit Bescheid vom 6. Juni 2006 mit der Begründung ab, dass der Jahresnutzungsrad lediglich 51,09 % betragen habe. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Kläger den geforderten Nachweis eines Jahresnutzungsgrades von mindestens 60 % nicht geführt habe. Alle für die Ermittlung des Jahresnutzungsgrades bedeutsamen Messgrößen seien infolge der unvollständigen Aufzeichnungen unbekannt geblieben und vom Kläger weder im Verwaltungsverfahren noch im Klageverfahren präzise benannt worden. Weder die Menge der genutzten erzeugten mechanischen Energie, noch die Menge der erzeugten thermischen Energie, noch die Summe der zugeführten Energie aus Mineralöl stünden fest. Allein anhand der Herstellerangaben lasse sich der im Jahr 2004 tatsächlich erreichte Jahresnutzungsgrad nicht ermitteln.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (§ 76 Abs. 1 FGO). Verfahrensfehlerhaft habe das FG den Beweisantrag über die Einholung eines Sachverständigengutachtens übergangen. Für den Nachweis des Jahresnutzungsgrades genüge es, dass es sich bei der KWK-Anlage um eine in sich geschlossene Anlage ohne Notkühler handle und sämtliche im Betrieb erzeugte Energie entweder zur Stromerzeugung oder zu Heizzwecken tatsächlich genutzt werde. Durch eine Besichtigung der Anlage und Berücksichtigung der Angaben des Herstellers hätte ein Sachverständiger einen Jahresnutzungsgrad von über 70 % feststellen können, der bei dieser Anlage allein aus technischen Gründen nicht unterschritten werden könne. Eines konkreten Nachweises der Mengen der jeweils erzeugten und genutzten Energien bedürfe es deshalb nicht.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob das Vorbringen des Klägers den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, jedenfalls liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor.

1. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das FG durch die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens nicht gegen die ihm obliegende Pflicht zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts verstoßen. Zwar hat das Gericht nach § 76 Abs. 1 FGO den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, doch hängt der zumutbare Inhalt und die gebotene Intensität der richterlichen Ermittlungen vom Vorbringen der Beteiligten ab. Eine gesteigerte Mitwirkungspflicht trifft einen Steuerpflichtigen, der wie im Streitfall eine Steuerbegünstigung begehrt, die an bestimmte, von ihm geltend zu machende und von ihm darzulegende Umstände oder Tatsachen anknüpft (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juli 1976 IV A 1.75, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1977, 298).

Im Streitfall setzt die Anwendung des vom Kläger begehrten Vergütungssatzes nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 MinöStG 1993 den Betrieb einer KWK-Anlage voraus, die einen Jahresnutzungsgrad von mindestens 60 % aufweist. Nach § 25 Abs. 3b MinöStG 1993 bestimmt sich der Jahresnutzungsgrad nach dem Quotienten aus der Summe der genutzten erzeugten mechanischen und thermischen Energie in einem Kalenderjahr und der Summe der zugeführten Energie aus Mineralöl in derselben Berichtszeitspanne. In seinem Antrag hat der Vergütungsberechtigte den Vergütungsbetrag selbst zu berechnen und darüber hinaus alle Angaben zu machen, die für die Bemessung der Vergütung erforderlich sind (§ 47 Abs. 2 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung). Hierzu gehören auch Angaben zur Berechnung des Nutzungsgrades. Die Daten hat der Vergütungsberechtigte der Finanzbehörde in einer Weise zur Verfügung zu stellen, die eine zuverlässige Überprüfung der Vergütungsvoraussetzungen ermöglicht. Dabei erstreckt sich die Mitwirkungspflicht des Vergütungsberechtigten nicht nur auf das Verwaltungsverfahren, sondern auch auf das Klageverfahren, mit dem er seinen Anspruch nach dem erfolglos angestrengten Einspruchsverfahren weiterverfolgt (Beschluss des Bundesfinanzhof vom 2. Februar 2008 VII B 123/07, BFH/NV 2008, 993).

Aus der maßgeblichen Sicht des FG kam es für die Berechnung des Jahresnutzungsgrades entscheidend auf die Menge der von der KWK-Anlage tatsächlich erzeugten mechanischen und thermischen Energie an. Ausdrücklich hat das FG darauf hingewiesen, dass sich der Jahresnutzungsgrad einer KWK-Anlage nicht durch abstrakte Berechnungen und Versuchsreihen des Herstellers nachweisen lässt und dass es nicht auf das technische Potential, sondern auf die tatsächliche --und vom Begünstigten nachzuweisende-- Effizienz ankommt. Aus der Sicht des FG hätte die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur beim Vorliegen von gesicherten und ausreichenden Daten einen Sinn ergeben. In Anbetracht der unzureichenden Angaben über die erforderlichen Messgrößen, auf denen ein Sachverständiger nach Ansicht des FG sein Gutachten hätte stützen müssen, begegnet die mit der Entscheidung konkludent zum Ausdruck gebrachte Ablehnung des Beweisantrages keinen rechtlichen Bedenken.

2. Sofern die Beschwerde vorbringt, dass es im Streitfall überhaupt keines Nachweises über die Mengen der erzeugten und genutzten Energie bedürfe, wendet sie sich gegen die materiell-rechtliche Auffassung des FG, das eine solche Berechnung zur Überprüfung der Vergütungsvoraussetzungen für notwendig erachtet und aufgrund dieser Annahme die angefochtene Entscheidung des HZA bestätigt hat. Einen Verfahrensmangel vermag der Kläger mit diesem Vorbringen jedenfalls nicht schlüssig darzulegen.



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