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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.07.2004
Aktenzeichen: VII B 328/03
Rechtsgebiete: UStG, UStDV, FGO


Vorschriften:

UStG § 18 Abs. 6
UStDV §§ 46 ff.
UStDV § 48 Abs. 4
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) war alleiniger Geschäftsführer der Komplementär-GmbH (GmbH) einer GmbH & Co. KG (KG). Einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der KG lehnte das Amtsgericht im April 1997 mangels einer die Kosten des Konkursverfahrens deckenden Masse ab. Wegen rückständiger Umsatzsteuerschulden nebst Säumniszuschlägen nahm der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) den Kläger mit Haftungsbescheid vom 4. Februar 1998 als Haftungsschuldner in Anspruch. Die den Haftungszeitraum abdeckenden Umsatzsteuer-Jahresbescheide für 1996 und 1997 sind inzwischen bestandskräftig geworden.

Die nach erfolglosem Einspruch gegen den Haftungsbescheid erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Zwar urteilte das Finanzgericht (FG), dass das FA den Kläger aufgrund dessen schuldhafter Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten zu Recht als Haftungsschuldner in Anspruch genommen habe, doch setzte es die Haftungssumme von insgesamt 127 340,98 DM auf 88 275,73 DM herab. Die Reduzierung der Haftungssumme begründete das FG damit, dass die gegenüber der KG für das Jahr 1997 festgesetzte Sondervorauszahlung nach § 18 Abs. 6 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. § 46 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) auf die Umsatzsteuer-Voranmeldung für April 1997 anzurechnen sei, nachdem die KG im April 1997 Konkursantrag gestellt habe und damit die gewährte Verlängerung der Frist zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und zur Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen hinfällig geworden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom FA wegen der Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde, die es im Wesentlichen auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- (grundsätzliche Bedeutung) und § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO (Divergenz) stützt.

Zur Begründung trägt das FA vor, von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob allein die Konkurs- bzw. Insolvenzeröffnung zur Folge habe, dass eine (konkludent) gewährte Fristverlängerung automatisch hinfällig werde. Nach herrschender Meinung handle es sich bei der Fristverlängerung nach § 18 Abs. 6 UStG um eine Dauerfristverlängerung, für deren Bewilligung die Entrichtung der Sondervorauszahlung nicht Voraussetzung sei. Die Anrechnung der Sondervorauszahlung erfolge in der Voranmeldung oder Festsetzung der Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums; dies sei in der Regel der Monat Dezember. Eine Abweichung könne sich nur dann ergeben, wenn die unternehmerische Tätigkeit im Laufe des Kalenderjahres eingestellt werde oder der Unternehmer von der Fristverlängerung keinen Gebrauch mehr machen wolle. Die Klärung der Rechtssache liege wegen der Vielzahl solcher sich aus Insolvenzen ergebenden Lebenssachverhalte und den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen im allgemeinen Interesse.

Darüber hinaus weiche das erstinstanzliche Erkenntnis von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab. In seinen Entscheidungen vom 6. November 2002 V R 21/02 (BFHE 200, 156, BStBl II 2003, 39) und vom 18. Juli 2002 V R 56/01 (BFHE 199, 71, BStBl II 2002, 705) habe der BFH entschieden, dass die Sondervorauszahlung gemäß § 48 Abs. 4 UStDV bei der Festsetzung der Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums (Kalenderjahr) anzurechnen sei. Dies gelte auch im Fall der Insolvenz bzw. des Konkurses.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe teilweise nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, und weil die behauptete Divergenz nicht vorliegt.

Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine Rechtsfrage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des FA nicht gerecht.

a) Im Stil einer Revisionsbegründung führt das FA aus, warum das FG die aufgeworfene Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll --ob nämlich bei einem Antrag auf Eröffnung des Konkurses eine vom FA konkludent gewährte Fristverlängerung automatisch hinfällig wird--, unzutreffend beantwortet hat. Die Ausführungen zur Bewilligung der Dauerfristverlängerung und zur Anrechnung der Sondervorauszahlungen belegen indes nicht, warum die Beantwortung dieser Frage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung von allgemeinem Interesse ist. Auch der bloße Hinweis auf eine angebliche Vielzahl solcher Fälle und auf die daraus folgenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen vermag die zu fordernde Breitenwirkung der angestrebten Revisionsentscheidung und die sich daraus ergebende Bedeutung für die Allgemeinheit nicht hinreichend darzulegen. Soweit die Beschwerde die vom FG vorgenommene Anrechnung der nicht entrichteten Sondervorauszahlung auf die Voranmeldung für April 1997 für rechtsfehlerhaft hält, vermag der Senat Zweifel an dem vom FG gefundenen Ergebnis zwar zu teilen; jedoch lässt sich dem Vortrag des FA keine hinreichend formulierte Rechtsfrage zu dieser Problemstellung entnehmen, der eine grundsätzliche Bedeutung zukäme.

b) Entgegen der Auffassung des FA weicht das erstinstanzliche Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des BFH ab. Die behauptete Divergenz liegt nicht vor. Denn im Gegensatz zum Streitfall hatte die Gemeinschuldnerin in den vom FA zitierten Entscheidungen in BFHE 199, 71, BStBl II 2002, 705 und BFHE 200, 156, BStBl II 2003, 39 die für die Dauerfristverlängerung erforderlichen Sondervorauszahlungen im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits geleistet. Der BFH hatte über die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rückerstattung von Umsatzsteuervorauszahlungen bzw. über die Anrechnung einer bereits beglichenen Sondervorauszahlung zu entscheiden. Indes hat das FG im Streitfall eine Aussage über das rechtliche Schicksal von bereits geleisteten Sondervorauszahlungen nicht getroffen und konnte sich insoweit nicht in Widerspruch zu den vorgenannten BFH-Entscheidungen setzen.

c) Soweit das FA rügt, das FG habe trotz eines entsprechenden Hinweises im finanzgerichtlichen Verhandlungstermin die Überprüfung der Einbeziehung der Umsatzsteuervoranmeldung Februar 1997 in den Haftungsbescheid unterlassen, ist die Rüge des vermeintlichen Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) erst nach Ablauf der Begründungsfrist erhoben worden und kann daher im Beschwerdeverfahren keine Berücksichtigung mehr finden.

Ende der Entscheidung

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