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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.08.2001
Aktenzeichen: VII B 34/01
Rechtsgebiete: StBerG, AO 1977, FGO


Vorschriften:

StBerG § 157 Abs. 6
StBerG § 164a Abs. 1 a.F.
StBerG § 46 Abs. 1 Satz 2 a.F.
StBerG § 46 Abs. 1 Satz 1 a.F.
AO 1977 § 130 Abs. 3 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 3
FGO § 100 Abs. 1 Satz 4
FGO § 115 Abs. 3 Satz 1 a.F
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Rat der Stadt ... erteilte dem vom Finanzgericht (FG) beigeladenen Steuerberater (Beigeladenen) am 23. Mai 1990 die Erlaubnis, als Helfer in Steuersachen tätig zu sein. Der Beigeladene gab damals an, er habe seinen Wohnsitz an einem bestimmten Ort in der damaligen DDR. Am 21. Dezember 1990 bestellte ihn das Finanzamt (FA) ... (vorläufig) als Steuerbevollmächtigten. Nachdem der Beigeladene jeweils die in § 40a Abs. 4 des Steuerberatungsgesetzes i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater (7.StBÄndG) vom 24. Juni 2000 (BGBl I, 874, berichtigt S. 1389) --StBerG a.F.-- vorgesehenen Prüfungen bestanden hatte, wurde er am 25. Februar 1993 durch die Oberfinanzdirektion (OFD) ... endgültig als Steuerbevollmächtigter und am 30. März 1994 (Aushändigung der Urkunde) durch das Staatsministerium der Finanzen des Landes A (neue Bundesländer) endgültig als Steuerberater bestellt (§ 40a Abs. 1 Sätze 3 und 4 StBerG a.F.). Per 14. Juli 1994 verlegte der Beigeladene seine berufliche Niederlassung aus dem Bundesland A nach dem Bundesland B (alte Bundesländer).

Die Steuerberaterkammer des Bundeslandes B (Klägerin und Beschwerdeführerin --Klägerin--) bat den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzministerium des Bundeslandes B --FinMin--) um Prüfung, ob die Bestellung des Beigeladenen als Steuerberater zurückzunehmen sei. Sie machte u.a. geltend, der Beigeladene habe im Bundesland B in den Jahren 1988 und 1989 vergeblich versucht, das Steuerberaterexamen zu machen. Danach habe er die Erleichterungen der Übergangsregelungen in den neuen Bundesländern wahrgenommen. Dazu habe er seinen Wohnsitz zum Schein in die damalige DDR bzw. die neuen Bundesländer verlegt. Das FinMin teilte der Klägerin am 6. März 1996 mit, dass es keine Möglichkeit zur Rücknahme der Bestellung des Beigeladenen als Steuerberater sehe. Auf Täuschungshandlungen bei der Bestellung zum Helfer in Steuersachen und bei der vorläufigen Bestellung als Steuerbevollmächtigter könne nicht abgestellt werden. Diese Bestellungen bestünden nicht mehr. Beide Bestellungen seien zwar rechtswidrig, gleichwohl sei der Beigeladene endgültig als Steuerbevollmächtigter bestellt worden. Bei dieser Bestellung sei der Sachverhalt bekannt gewesen. Damals habe das Staatsministerium der Finanzen des Bundeslandes A keine Möglichkeit zur Rücknahme der Bestellung als Steuerbevollmächtigter nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG a.F. gesehen.

Die Klage, mit der die Klägerin vom FinMin verlangte, die Bestellung des Beigeladenen als Steuerberater zurückzunehmen, hatte keinen Erfolg. Das FG führte im Einzelnen aus, dass die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 1 StBerG a.F. für eine Rücknahme der Bestellung als Steuerberater nicht erfüllt seien, weil zwischen den Handlungen des Beigeladenen und dessen (endgültiger) Bestellung als Steuerberater nicht das erforderliche Kausalverhältnis bestehe. Die Klage sei auch deswegen unbegründet, weil die Klägerin eine Verurteilung des FinMin zur Rücknahme der Bestellung des Beigeladenen als Steuerberater wegen Ablaufs der in § 164a Abs. 1 StBerG a.F. i.V.m. § 130 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) festgelegten Jahresfrist für die Rücknahme nicht mehr verlangen könne.

Mit ihrer Beschwerde, die die Klägerin auf die Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), Verstoß gegen den Inhalt der Akten und eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht sowie auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache stützt, wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision.

II. 1. Gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ist die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde noch nach § 115 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der vor In-Kraft-Treten des 2.FGOÄndG geltenden Fassung (FGO a.F.) zu beurteilen, weil das angefochtene Urteil vor dem 1. Januar 2001 zugestellt worden ist.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil die Klägerin keinen der von ihr benannten Zulassungsgründe ausreichend dargelegt bzw. bezeichnet hat (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.).

a) Wie das FinMin mit Recht ausgeführt hat, hat sich die Hauptsache insoweit erledigt als die Zuständigkeit für die Rücknahme der Bestellung des Beigeladenen als Steuerberater gemäß §§ 40, 46 i.V.m. § 157 Abs. 6 StBerG i.d.F. des 7.StBÄndG mit Wirkung vom 1. Januar 2001 auf die Klägerin übergegangen ist und damit das FinMin den von ihm verlangten Verwaltungsakt nicht mehr erlassen kann. Die Klägerin ist zwar mit Schriftsatz vom 21. Mai 2001 zur Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) übergegangen, indem sie nunmehr begehrt, festzustellen, dass das FinMin (bis Ende des Jahres 2000) verpflichtet gewesen sei, die Bestellung des Beigeladenen als Steuerberater zurückzunehmen. Eine solche Klageänderung ist grundsätzlich auch im Falle der Verpflichtungsklage (Senatsurteil vom 23. März 1976 VII R 106/73, BFHE 118, 503, BStBl II 1976, 459) und, wenn das erledigende Ereignis wie hier vor Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde eingetreten ist, noch im Stadium der Nichtzulassungsbeschwerde möglich (vgl. Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Beschluss vom 21. August 1995 8 B 43.95, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report --NVwZ-RR-- 1996, 122). Die Klägerin hätte aber innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist von einem Monat (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO a.F.) darlegen müssen, aus welchen Gründen sie ungeachtet der eingetretenen Erledigung ein schutzwürdiges Interesse an der Durchführung des Beschwerdeverfahrens mit dem Ziel einer Entscheidung im Revisionsverfahren hat (BVerwG in NVwZ-RR 1996, 122). Denn nur, wenn über die Sache trotz Erledigung des Verpflichtungsbegehrens noch gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO materiell im Revisionsverfahren entschieden werden könnte, wären die Zulassungsgründe für die im Revisionsverfahren angestrebte Sachentscheidung erheblich. An dieser Voraussetzung würde es aber fehlen, wenn ein berechtigtes Interesse der Klägerin an einer Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Ablehnung ihres Verpflichtungsbegehrens durch das FinMin nicht bestünde.

Da der Klägerin das angefochtene Urteil bereits am 27. Dezember 2000 zugestellt worden ist, sie aber ihr Feststellungsinteresse erst in ihrem Schriftsatz vom 21. Mai 2001 geltend gemacht hat, fehlt es insoweit an der fristgerechten Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von einem Monat (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO a.F.). In Bezug auf ihr behauptetes Feststellungsinteresse wäre der Klägerin die rechtzeitige Begründung auch zuzumuten gewesen, weil der Eintritt der Erledigung offenkundig ist (vgl. BVerwG in NVwZ-RR 1996, 122).

b) An der notwendigen Darlegung der Klägerin, dass die Entscheidung auf den geltend gemachten Zulassungsgründen beruht, fehlt es auch deshalb, weil sich die geltend gemachten Zulassungsgründe allein auf den ersten der beiden das Urteil jeweils selbständig tragenden Gründe beziehen. Ist aber das Urteil kumulativ auf mehrere dieses jeweils selbständig tragende Gründe gestützt, so ist die Erheblichkeit der Zulassungsgründe für die Entscheidung nur dann hinreichend dargelegt, wenn hinsichtlich jedes Entscheidungsgrundes ein Zulassungsgrund schlüssig dargelegt bzw. bezeichnet wird (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Dezember 1996 VIII B 15/96, BFH/NV 1997, 500). Denn in dem angestrebten Revisionsverfahren wären die nur auf einen der Entscheidungsgründe bezogenen Zulassungsgründe ohne Bedeutung, weil das Urteil, selbst wenn dieser Entscheidungsgrund im Revisionsverfahren nicht zu halten wäre, noch von dem anderen Entscheidungsgrund getragen würde, hinsichtlich dessen keine Zulassungsgründe geltend gemacht worden sind.

Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe, nämlich sowohl die angebliche Abweichung des angefochtenen Urteils von den genannten Entscheidungen des Senats (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.) als auch die behaupteten Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F. (Verstoß gegen den Inhalt der Akten --§ 96 FGO--, Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht --§ 76 FGO--) ebenso wie die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.) der Frage, "ob ein begünstigender Verwaltungsakt, dem Täuschungshandlungen des Antragstellers zu Grunde liegen, dann nicht zurückgenommen werden kann, wenn die Behörde diesen Verwaltungsakt --bewusst rechtswidrig-- ohnehin erlassen hätte ..." beziehen sich sämtlich nur auf den ersten Entscheidungsgrund, dass die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 1 StBerG a.F. für eine Rücknahme der Bestellung des Beigeladenen als Steuerberater nicht vorliegen. Hinsichtlich des weiteren die Entscheidung selbständig tragenden Grundes, dass eine Rücknahme der Bestellung wegen Ablaufs der Jahresfrist nach § 164a Abs. 1 StBerG a.F. i.V.m. § 130 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 nicht mehr möglich sei, hat die Klägerin indes keine Zulassungsgründe geltend gemacht.



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