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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: VII B 4/06
Rechtsgebiete: BranntwMonG, FGO


Vorschriften:

BranntwMonG § 143 Abs. 2
BranntwMonG § 143 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1
BranntwMonG § 143 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine in Spanien ansässige Brennerei, die u.a. Wodka herstellt. Im Jahr 1998 eröffnete sie u.a. 28 Steuerversandverfahren, mit denen 27 LKW-Ladungen Wodka und eine LKW-Ladung Whisky in die Ukraine und nach Litauen ausgeführt werden sollten. Die in 1-Liter Flaschen abgefüllten branntweinsteuerpflichtigen Erzeugnisse wurden in Spanien von osteuropäischen oder deutschen Transportunternehmen abgeholt und in der Regel vor Ort bar bezahlt; sie wurden sodann an der französischen Grenze zur Ausfuhr abgefertigt und sollten über Ausgangszollstellen in X, Y oder Z ausgeführt werden. Nach Feststellungen der Zollfahndung sind die streitgegenständlichen Steueraussetzungsverfahren jedoch nicht ordnungsgemäß erledigt worden. Zum einen Teil konnte eine Erledigung überhaupt nicht festgestellt werden, zum anderen Teil ergaben die Ermittlungen, dass zur Erledigung der Rückscheine gefälschte oder bereits eingezogene Stempel verwendet worden waren. Aufgrund dieser Erkenntnisse nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) die Klägerin mit Steuerbescheid vom ... nach § 143 Abs. 2 und 4 Satz 1 Nr. 1 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonG) auf Zahlung von mehreren Millionen Branntweinsteuer in Anspruch.

Den Einspruch gegen den Steuerbescheid wies das HZA als unbegründet zurück. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens und während des sich anschließenden Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) ergingen gegen mehrere Tatbeteiligte Strafurteile. Mit diesen wurden die Beteiligten wegen gewerbsmäßigen Schmuggels zu Freiheitsstrafen verurteilt. Auf Antrag der Klägerin und nach Durchführung einer Liquiditätsprüfung erließ das HZA mit Bescheid vom ... die festgesetzte Branntweinsteuer bis auf einen Betrag von 1 Mio. DM.

Der nach Maßgabe der Erlassentscheidung eingeschränkten Klage gab das FG teilweise statt. Dabei ging es davon aus, dass der Erlass insgesamt sechs Lieferungen nicht erfasse. In Bezug auf die Hälfte dieser Lieferungen urteilte das FG, dass der Tatbestand des § 143 Abs. 1 BranntwMonG erfüllt sei, so dass das HZA die Branntweinsteuer zu Recht erhoben habe. Bei diesen Fällen habe kein Rückschein vorgelegt werden können, was darauf schließen lasse, dass der Branntwein infolge der Nichtvorführung bei der Ausgangszollstelle Y der Steueraufsicht vorenthalten und damit dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden sei. Im Gegensatz zu anderen Lieferungen habe der Ort der Zuwiderhandlung hinreichend ermittelt werden können. Dass der Entzug der Ware aus dem Steueraussetzungsverfahren in Deutschland erfolgt sei, ergebe sich aus den in mehreren Strafurteilen getroffenen Feststellungen, nach denen der Wodka an zwei Orten in Deutschland gelagert und von dort weiterverkauft worden sei. Da die Klägerin diese Feststellungen nicht substantiiert bestritten habe, könne auf die strafgerichtlichen Entscheidungen zurückgegriffen werden. Unerheblich sei, ob der Wodka in Deutschland auch verbraucht worden sei. Ein Fall von höherer Gewalt durch kriminelle Machenschaften oder durch die Unterlassung von Warnhinweisen an die spanischen Zollbehörden liege nicht vor. Mit der Aushändigung der hochsteuerbaren Waren an völlig unbekannte ausländische Frachtführer sei die Klägerin bewusst ein Risiko eingegangen, das sie nicht auf die Zollverwaltungen abwälzen könne.

Hinsichtlich der anderen drei Lieferungen könne die Besteuerung nicht auf § 143 Abs. 1 BranntwMonG gestützt werden. Denn es sei nur bekannt, dass die in Spanien eröffneten Steueraussetzungsverfahren nicht erledigt worden seien. Ein im Steuergebiet erfolgter Entzug der Waren aus dem Steueraussetzungsverfahren habe hingegen nicht festgestellt werden können. Auch eine Anwendung von § 143 Abs. 2 BranntwMonG komme im Streitfall nicht in Betracht. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinem Urteil vom 30. November 2004 VII R 25/01 (BFHE 208, 334) entschieden, dass mit dieser Vorschrift das Gemeinschaftsrecht nicht korrekt umgesetzt worden sei. Denn nach Art. 20 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren --Systemrichtlinie-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 76/1) liege in Fällen, in denen die verbrauchsteuerpflichtigen Waren am Bestimmungsort nicht angekommen seien und der Ort der Zuwiderhandlung nicht festgestellt werden könne, die Erhebungskompetenz beim Abgangsmitgliedstaat. Insoweit stünde im Streitfall Spanien die Erhebungskompetenz zu.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG. Von grundsätzlicher Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sei die Frage, ob sämtliche Sendungen eines zusammenhängenden Rechtsgeschäfts nach Art. 20 Abs. 3 der Systemrichtlinie gleich zu behandeln seien. Aus dessen Wortlaut folge, dass mehrere in einem engen Zusammenhang stehende Warenlieferungen mit der Folge als Einheit behandelt werden müssten, dass bei Zuwiderhandlungen die Erhebungskompetenz nur bei einem Mitgliedstaat liegen könne. Von grundsätzlicher Bedeutung sei auch die Frage, wie die in Art. 20 Abs. 2 und 3 der Systemrichtlinie verwendeten Begriffe "festgestellt" und "nicht festgestellt" auszulegen seien und ob sich die Zollbehörde und das FG entsprechende Feststellungen in einem Strafurteil zu eigen machen könnten. Im Streitfall habe das FG rechtsfehlerhaft keine Ermittlungen über den Ort der Zuwiderhandlung angestellt, sondern diesbezügliche Angaben aus den Strafurteilen entnommen. Die BFH-Rechtsprechung zur Übernahme strafgerichtlicher Feststellungen könne jedoch dann keine Anwendung finden, wenn es um Sachverhalte gehe, die von den zuständigen Zollbehörden aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben zu ermitteln seien.

Darüber hinaus sei die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen, weil das FG verfahrensfehlerhaft keinen Beweis darüber erhoben habe, dass die Waren aus drei der im erstinstanzlichen Urteil der deutschen Branntweinsteuer unterworfenen Lieferungen tatsächlich in Lager im Steuergebiet aufgenommen und dort unterscheidbar von anderen Erzeugnissen gelagert worden seien. Schließlich sei die Steuerschuld für diese drei Lieferungen durch Zahlungen anderer Gesamtschuldner zumindest teilweise erloschen. Das HZA habe Verrechnungen hinsichtlich von Lieferungen vorgenommen, für die der Bundesrepublik Deutschland nach Rechtsauffassung des FG keine Erhebungskompetenz zustand. Von grundsätzlicher Bedeutung sei daher die Rechtsfrage, ob eine nationale Zollbehörde berechtigt sei, von anderen Gesamtschuldnern geleistete Zahlungen mit Steuerschulden zu verrechnen, die mangels deutscher Erhebungskompetenz in einem anderen Mitgliedstaat entstanden seien.

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es ist der Ansicht, dass die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen nicht klärungsbedürftig bzw. nicht hinreichend klar gestellt worden seien. Im Übrigen liege der gerügte Verfahrensmangel nicht vor.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Den aufgeworfenen Fragen kommt mangels Klärungsbedürftigkeit keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor.

1. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232; BFH-Entscheidung vom 25. Januar 2002 III B 127/01, BFH/NV 2002, 645, m.w.N.).

Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass Art. 20 Abs. 3 der Systemrichtlinie eine differenzierte steuerliche Behandlung verschiedener Steuerversandverfahren gebietet, auch wenn mehrere Lieferungen auf ein einheitliches Rechtsgeschäft zurückzuführen sind. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin lässt sich aus dem Umstand, dass in Art. 20 Abs. 3 der Systemrichtlinie allgemein "verbrauchsteuerpflichtige Waren" und nicht etwa einzelne Sendungen angesprochen werden, nicht darauf schließen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber alle Einzelsendungen, die auf die Geschäftsbeziehung zu einem bestimmten Abnehmer zurückzuführen sind, einheitlich behandelt wissen wollte. Nach Art. 18 Abs. 1 der Systemrichtlinie ist jeder verbrauchsteuerpflichtigen Ware, die im Verfahren der Steueraussetzung zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten befördert wird, ein vom Versender ausgefülltes Begleitdokument beizugeben. Dies gilt gemäß Art. 19 Abs. 4 auch im Falle der Ausfuhr von verbrauchsteuerpflichtigen Waren über das Gebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten. Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 2 der Systemrichtlinie ist dieses Verfahren erledigt, wenn die Ausgangszollstelle bescheinigt, dass die Waren die Gemeinschaft verlassen haben. Die Formulierungen "jeder verbrauchsteuerpflichtigen Ware" und "dieses Verfahren" weisen darauf hin, dass jedes Steuerversandverfahren, für das der zugelassene Lagerinhaber ein begleitendes Verwaltungsdokument erstellt, als eigenständiges Verfahren zu betrachten ist, das einer entsprechenden Erledigung bedarf. Dabei ist es unbeachtlich, ob es sich bei der Sendung lediglich um eine Teillieferung oder bereits um die vollständige Erbringung der vom Versender geschuldeten Leistung handelt. Wird ein Auftrag in mehreren Einzellieferungen abgewickelt, ist es durchaus möglich, dass die im Steuerversandverfahren durch mehrere Mitgliedstaaten beförderten Waren zu unterschiedlichen Steuersätzen besteuert werden. Denn ein Entziehen aus dem Steueraussetzungsverfahren ist sowohl im Abgangsmitgliedstaat als auch in jedem Durchfuhrmitgliedstaat möglich. In diesen Fällen ist die Anwendung von unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften systemimmanent und vom Gemeinschaftsgesetzgeber gewollt.

Auf die vorzunehmende Einzelbetrachtung weist auch die nach Art. 20 Abs. 3 der Systemrichtlinie vorzunehmende Bestimmung des anzuwendenden Steuersatzes hin. Danach hat der Abgangsmitgliedstaat die Verbrauchsteuern nach dem zum Zeitpunkt des Versands der Waren geltenden Satz zu erheben. Abzustellen ist auf ein bestimmtes Datum und nicht auf einen Zeitraum, der im Streitfall über sieben Monate beträgt. Schließlich lässt die Beschwerde unberücksichtigt, dass die Systemrichtlinie den Begriff "verbrauchsteuerpflichtige Waren" an verschiedenen Stellen (z.B. in Art. 4, 7, 10 Abs. 1, Art. 11, 15, 22 Abs. 1 der Systemrichtlinie) als Sammelbegriff verwendet, der sich lediglich auf die einer harmonisierten Verbrauchsteuer unterliegenden Erzeugnisse --nämlich Mineralöle, Alkohol und alkoholische Getränke sowie Tabakwaren-- bezieht. Dies gilt auch für Art. 20 Abs. 3 der Systemrichtlinie. Da sich die Beantwortung der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage somit eindeutig aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts ergibt, ist ein Klärungsbedarf nicht ersichtlich.

2. Eine Klärungsbedürftigkeit ist auch hinsichtlich der Frage nicht gegeben, wie die in Art. 20 Abs. 2 und 3 der Systemrichtlinie verwendeten Begriffe "festgestellt" und "nicht festgestellt" auszulegen sind und ob sich die Finanzbehörden und Finanzgerichte die in einem Strafurteil getroffenen Feststellungen zu eigen machen können.

Zu beachten ist, dass es sich bei Art. 20 der Systemrichtlinie um eine Richtlinienbestimmung handelt, die lediglich in ihren Zielen verbindlich ist und daher der Umsetzung in nationales Recht bedarf. Besondere Festlegungen über die Art und das Verfahren der geforderten Feststellungen wurden vom Gemeinschaftsgesetzgeber bewusst nicht getroffen. Vielmehr gehört die Feststellung von Zuwiderhandlungen und Unregelmäßigkeiten zum Verfahrensrecht, deren nähere Ausgestaltung den Mitgliedstaaten überlassen ist. Darauf weisen insbesondere die Erwägungsgründe zu Art. 20 der Systemrichtlinie hin, nach denen es im Rahmen einzelstaatlicher Vorschriften angebracht ist, dass die Verbrauchsteuer in den von dieser Bestimmung erfassten Fallkonstellationen erhoben wird. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des einschlägigen Gemeinschaftsrechts steht es den Mitgliedstaaten frei, welche Erkenntnisquellen sie zur Feststellung von Zuwiderhandlungen und Unregelmäßigkeiten nutzbar machen. Wie im Streitfall können sie dabei grundsätzlich auf kriminaltechnische Gutachten, Erkenntnisse der Zollfahndung und auf die in Strafurteilen wiedergegebenen Feststellungen zurückgreifen, soweit dies die nationale Rechtsordnung zulässt. Zu Recht hat das FG ausgeführt, dass es im Streitfall um Feststellungen im Rahmen einer nationalen Vorschrift --nämlich § 143 Abs. 1 BranntwMonG-- geht, und dass insoweit nationales Verfahrensrecht zur Anwendung kommt. Nach der Rechtsprechung des BFH kann sich das FG die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Entscheidungen vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198, und vom 14. November 2003 VIII B 70/02, BFH/NV 2004, 513, m.w.N.).

3. Die weitere von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die Finanzbehörden berechtigt sind, von anderen Gesamtschuldnern eingegangene Zahlungen mit Steuerschulden zu verrechnen, die gemäß Art. 20 der Systemrichtlinie mangels Erhebungskompetenz nicht in Deutschland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat entstanden sind, wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Denn das FG hat nur über die Rechtmäßigkeit der Steuererhebung hinsichtlich der vom Teilerlass nicht betroffenen Lieferungen befunden. In Bezug auf die vom Teilerlass erfassten Lieferungen hat es dagegen weder eine Erhebungskompetenz Deutschlands noch eine Erhebungskompetenz eines anderen Mitgliedstaates ausdrücklich festgestellt. Die vom HZA in der vom FG in Bezug genommenen Klageerwiderung dargelegte Verrechnung bezieht sich auf zwei in den Erlass miteinbezogene Steuerversandverfahren, die infolgedessen nicht streitgegenständlich sind, und auf ein weiteres Steuerversandverfahren, hinsichtlich dessen das FG die Klage aufgrund der Deutschland nach § 143 Abs. 1 BranntwMonG zustehenden Erhebungskompetenz für unbegründet erachtet hat. Demnach stellte sich dem FG die Frage nicht, ob das HZA Verrechnungen mit Steuerschulden vorgenommen hat, für die eine Erhebungskompetenz Deutschlands nicht besteht.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach den Feststellungen des FG bei den beiden erstgenannten Steuerversandverfahren eine Erledigung der Rückscheine --wenn auch mit gefälschten bzw. eingezogenen Stempel-- erfolgt ist. Anders liegt der Fall bei den drei als streitgegenständlich betrachteten Steuerversandverfahren, bei denen das FG eine Erhebungskompetenz Deutschlands verneint hat. Die einem anderen Mitgliedstaat zuerkannte Erhebungskompetenz hat das FG insbesondere damit begründet, dass eine Erledigung der Steuerversandverfahren überhaupt nicht erfolgt sei. Aus dem Umstand, dass die Rückscheine dem Versender erst gar nicht übersandt worden sind, hat das FG geschlossen, dass die Ware nicht am Bestimmungsort, nämlich der in Deutschland gelegenen Ausgangszollstelle, eingetroffen ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann deshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass das FG eine Erhebungskompetenz Deutschlands auch in den Fällen verneint hätte, in denen die Rückscheine mit gefälschten Stempel versehen und tatsächlich an den Versender zurückgesandt worden sind. Aus all den Gründen würde sich deshalb die von der Klägerin aufgeworfene Frage --ungeachtet ihrer Klärungsbedürftigkeit-- in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen.

4. Soweit die Klägerin rügt, dass das FG hinsichtlich der Lieferungen, für die es eine Erhebungskompetenz der deutschen Zollbehörden angenommen hat, nicht Beweis darüber erhoben habe, ob die aus diesen Lieferungen stammende Ware auch tatsächlich in Lagerstätten in Deutschland verbracht und dort von anderer Ware getrennt gelagert worden sei, ist die Verfahrensrüge nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise erhoben.

Denn zur ordnungsgemäßen Darlegung des Verfahrensfehlers mangelhafter Sachaufklärung gehört nach ständiger BFH-Rechtsprechung auch der Vortrag, dass die vermeintlich unzureichende Aufklärung des Sachverhaltes und die Nichterhebung weiterer (angebotener) Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2003 VII B 10/03, BFH/NV 2004, 529). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen Rügeverlust --z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- zur Folge. Das Übergehen eines Beweisantrages oder einer unvollständigen Zeugeneinvernahme kann deshalb im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen Verhandlung selbst anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung eines Beweisantrages oder die mangelhafte Sachaufklärung erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597).

Ausweislich des Verhandlungsprotokolls hat die Klägerin in Bezug auf die Nämlichkeit der eingelagerten Ware Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt und das Übergehen zuvor gestellter Anträge auch nicht gerügt. Zudem legt die Beschwerde nicht im Einzelnen dar, welche Beweismittel das FG hätte heranziehen müssen. Die Zulassung der Revision aufgrund § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kommt daher nicht in Betracht.



Ende der Entscheidung

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