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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.11.2001
Aktenzeichen: VII B 67/01
Rechtsgebiete: ZPO, FGO


Vorschriften:

ZPO § 42
FGO § 128 Abs. 2
FGO § 51 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) führte und führt eine Vielzahl von Verfahren (über 50) vor dem 2. Senat des Finanzgerichts (FG). In dem mit Urteil vom 12. Dezember 2000 entschiedenen Rechtsstreit 2 K 2245/99 gegen Pfändungsmaßnahmen wegen ausstehender Steuerrückstände lehnte der Antragsteller den dem 2. Senat angehörenden Richter S wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung verwies er auf die negativen Erfahrungen, die er mit dem Richter S in vorangegangenen Verfahren gemacht habe. Die Entscheidungen, an denen der Richter S mitgewirkt habe, enthielten schwerwiegende materielle Rechts- sowie grobe Verfahrensfehler. Er sei dadurch wegen ungerechtfertigter Steuerfestsetzungen in Höhe von rund ... DM geschädigt worden. Die Fehlerhaftigkeit der Entscheidungen beruhe auf der unsachlichen Einstellung des Richters S gegenüber seiner Person sowie auf Willkür.

In seiner dienstlichen Stellungnahme führte Richter S aus, dass er sich nicht für befangen halte.

Das FG lehnte das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 8. Dezember 2000, welcher dem Antragsteller am 12. Dezember 2000 persönlich ausgehändigt wurde, ab. Der Antragsteller habe in seinem Ablehnungsgesuch Befangenheitsgründe geltend gemacht, die bereits Gegenstand eines früheren (Ablehnungs-)Verfahrens gewesen seien. Die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung sei vom Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 27. August 1998 VII B 8/98 (BFH/NV 1999, 480) als unbegründet zurückgewiesen worden.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Die Behauptung, er mache dieselben Befangenheitsgründe wie in dem Verfahren VII B 8/98 geltend, sei falsch. Richter S habe sich nämlich in zwei späteren Verfahren erneut offensichtliche Willkürheiten zu Schulden kommen lassen. Zusammen mit den vorhergehenden Willkürheiten sei nunmehr das Maß der Zulässigkeit von Rechtsfehlern überschritten. Es lägen daher "nunmehr" genügend objektive Gründe vor, die einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass gäben, von der Befangenheit des Richters S überzeugt zu sein. Das FG könne sich auch nicht auf den BFH-Beschluss vom 27. August 1998 VII B 8/98 berufen, da dieser einen eklatanten Tatsachen- und Rechtsfehler enthalte.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Richter S wegen Besorgnis der Befangenheit von dem weiteren Verfahren auszuschließen.

II. 1. Die Beschwerde ist zulässig.

Zwar können nach § 128 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht (mehr) mit der Beschwerde angefochten werden. Die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine --wie hier-- vor dem 1. Januar 2001 verkündete oder stattdessen zugestellte Entscheidung richtet sich gemäß Art. 4 2.FGOÄndG aber noch nach den bis Ende 2000 geltenden Vorschriften, wonach die Beschwerde gegen einen Beschluss über die Ablehnung eines Richters statthaft war.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Nach der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Gesetzesauslegung kommen als Gründe, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nur solche in Betracht, die nach Maßgabe einer vernünftigen objektiven Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 12. Dezember 1996 VII B 137/96, BFH/NV 1997, 369, und BFH-Beschluss vom 30. Mai 1997 I B 17/97, BFH/NV 1998, 34, m.w.N.). Verfahrensverstöße oder sonstige Rechtsfehler eines Richters bilden --selbst wenn sie vorliegen-- grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund. Das Ablehnungsverfahren dient grundsätzlich nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (BFH-Beschluss vom 25. Juli 1997 VI B 68/97, BFH/NV 1998, 61); hierfür steht dem Antragsteller das Rechtsmittelverfahren zur Verfügung (BFH-Beschluss vom 24. August 1989 IV B 59/89, BFH/NV 1990, 308). Tatsächlich oder vermeintlich unrichtige Entscheidungen begründen eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nur dann, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen, voreingenommenen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten beruht oder wenn der Grad der Fehlerhaftigkeit so groß ist, dass der Schluss auf Willkür gerechtfertigt erscheint (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. November 1991 VII B 53-54/91, BFH/NV 1992, 526; vom 29. März 1995 II B 36/94, BFH/NV 1996, 45; vom 27. März 1997 XI B 190/96, BFH/NV 1997, 780, und in BFH/NV 1998, 61). Die Rechtsprechung hat dies bei gravierenden Verfahrensfehlern oder einer Häufung von Rechtsverstößen angenommen, die auf unsachliche Erwägungen schließen lassen (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 480, m.w.N.).

Dergleichen kann der beschließende Senat aus den Darlegungen des Antragstellers nicht entnehmen. Er stützt sein Ablehnungsgesuch, wovon das FG zutreffend ausgegangen ist, überwiegend auf Befangenheitsgründe, die bereits Gegenstand der Entscheidung des beschließenden Senats in BFH/NV 1999, 480 waren. In dieser Entscheidung hat der Senat das Vorliegen eines Befangenheitsgrundes verneint. Das erneute Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt auch nach wiederholter Prüfung keine andere Entscheidung, weshalb der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen in dem Beschluss in BFH/NV 1999, 480 Bezug nimmt. Soweit der Antragsteller daneben sein Ablehnungsgesuch auf weitere angebliche Verfahrens- und Rechtsfehler des Richters S in zwei späteren, dem zuvor beschiedenen Ablehnungsgesuch nicht zugrunde liegenden Verfahren stützt, ist dieses Vorbringen ebenso wenig geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters S zu rechtfertigen. Denn Anhaltspunkte für eine unsachliche Einstellung des Richters S oder Willkür in diesem Zusammenhang sind weder vorgetragen noch ersichtlich.



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