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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.07.1998
Aktenzeichen: VII B 98/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 56 Abs. 1
FGO § 56 Abs. 2 Satz 1 und 2 und 4
FGO § 62 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 115 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat gegen einen Haftungsbescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) durch einen Prozeßbevollmächtigten Klage erheben lassen. Durch am 15. Oktober 1996 zugestellte Verfügung des Berichterstatters ist dieser u.a. gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgefordert worden, seine Bevollmächtigung binnen eines Monats nach Zustellung nachzuweisen. Zugleich ist er durch Verfügung des Vorsitzenden aufgefordert worden, eine Prozeßvollmacht bis zum 30. November 1996 einzureichen. Auf Nachfrage, welche dieser Fristen maßgeblich sei, ist ihm durch Verfügung des Berichterstatters mitgeteilt worden, es gelte die längere.

Am Montag, dem 2. Dezember 1996, hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers dem Finanzgericht (FG) durch sein Büro mitteilen lassen, er sei im Anschluß an einen Gerichtstermin am Freitag, dem 29. November 1996, erkrankt und bitte um kurzfristige Fristverlängerung. Dieses Ersuchen hat das FG abgelehnt. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin mit am 17. Dezember 1996 beim Gericht eingegangenen Schreiben vom 16. Dezember 1996 die auf den 25. Oktober 1996 datierte Prozeßvollmacht des Klägers vorgelegt und später folgende eidesstattliche Versicherung eingereicht:

"Im Zeitraum vom späten Nachmittag des 29. 11. 1996 bis zum Vormittag des 3. 12. 1996 war ich erkrankt und zwar in einer Form, die es nicht zuließ, am 2. 12. 1996 die Dienstgeschäfte im Büro überhaupt aufzunehmen. Aus diesem Grunde wurde das Büro telefonisch angewiesen, den Sachverhalt mitzuteilen und um Fristverlängerung zu bitten. Es wurde pauschal um Fristverlängerung gebeten, da aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit keine Frist bearbeitet werden konnte ..."

Das FG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Wegen Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde erhoben, zu deren Begründung er vorträgt, das FG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das FG habe das Vorbringen, der Prozeßbevollmächtigte sei durch Krankheit an der fristgemäßen Einreichung der Prozeßvollmacht gehindert gewesen, ignoriert. Es habe Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren müssen.

Die Beschwerde ist --unbeschadet der Bedenken gegen ihre Zulässigkeit, d.h. gegen die ausreichende Darlegung eines Grundes für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 3 FGO)-- jedenfalls unbegründet. Der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, der allenfalls wegen der Versagung von Wiedereinsetzung, die der Kläger sinngemäß rügt, in Betracht kommt, liegt nicht vor.

Die Frist für die Vorlage der Vollmacht nach § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO endete --nach der Mitteilung, es gelte die von dem Vorsitzenden gesetzte, nicht mit Ausschlußwirkung versehene Frist auch für die vom Berichterstatter verfügte wesensverschiedene Ausschlußfrist nach § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO-- am Montag, dem 2. Dezember 1996. Diese Frist ist nicht eingehalten worden.

Das FG hat Verfahrensrecht nicht dadurch verletzt, daß es dem Kläger keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Vorlagefrist nach § 56 FGO gewährt hat.

Wiedereinsetzung wird nach § 56 Abs. 1 FGO --und zwar grundsätzlich nur auf Antrag-- gewährt, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Gewährung voraus, daß die für die Feststellung eines solchen Hindernisses erheblichen Tatsachen spätestens zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses substantiiert, vollständig und in ausreichender Form dargetan werden (vgl. u.a. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Februar 1997 X B 297/95, BFH/NV 1997, 592). Dies ist insbesondere auch dann notwendig, wenn die Wiedereinsetzung nach § 56 Abs. 2 Satz 4 FGO ausnahmsweise ohne einen diesbezüglichen Antrag gewährt werden soll (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1988 III R 13/85, BFHE 155, 282, BStBl II 1989, 328). Da also in jedem Fall die Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der durch § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichneten Frist, die hier frühestens am 17. Dezember 1996 endete, in der eben bezeichneten Weise vorgetragen werden müssen, kann dahinstehen, ob der Kläger fristgerecht einen Antrag auf Wiedereinsetzung nach § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO gestellt hat, also aus dem Sinnzusammenhang seines Schriftsatzes vom 16. Dezember 1996, mit dem die Vollmacht --ohne nähere Ausführungen zu dem Grund ihrer späten Übersendung-- vorgelegt worden ist, und der Mitteilung des Büros über die Erkrankung des Prozeßbevollmächtigten vom 2. Dezember 1996 ein solcher Antrag abzuleiten ist. Es kann ferner dahinstehen, ob das Vorbringen des Klägers den vorgenannten Anforderungen an die substantiierte Darlegung eines Wiedereinsetzungsgrundes entspricht, obwohl es sich, soweit fristgerecht vorgetragen worden ist, in einer sinngemäßen Bezugnahme auf den Fristverlängerungsantrag vom 2. Dezember 1996 und die darin enthaltene Mitteilung erschöpft, der Prozeßbevollmächtigte sei über das fragliche Wochenende krank gewesen.

Selbst wenn jedoch davon ausgegangen wird, scheitert die Wiedereinsetzung daran, daß der Prozeßbevollmächtigte des Klägers die Wiedereinsetzungsgründe nicht ausreichend glaubhaft gemacht hat. Nach § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen, und zwar unaufgefordert. Die Glaubhaftigkeit der Wiedereinsetzungsgründe ist auch bei einer Wiedereinsetzung von Amts wegen Voraussetzung für die Gewährung von Nachsicht. An einer den Anforderungen der Vorschrift genügenden Glaubhaftmachung der krankheitsbedingten Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers fehlt es hier. Als einziges Mittel der Glaubhaftmachung hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers seine eigene eidesstattliche Versicherung beigebracht. Dies genügt indes zumindest dann nicht zur Glaubhaftmachung, wenn weitere Mittel der Glaubhaftmachung zur Verfügung stehen (BFH-Beschlüsse vom 25. November 1996 III R 8/96, BFH/NV 1997, 366, und vom 25. April 1995 VIII R 86/94, BFH/NV 1995, 1002). Solche weiteren Mittel der Glaubhaftmachung hätten im Streitfall etwa sein können eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiter des Prozeßbevollmächtigten, seiner Hausgenossen oder ein ärztliches Attest bzw. eine eidesstattliche Versicherung eines Arztes, den der Prozeßbevollmächtigte wegen seiner angeblichen Erkrankung aufgesucht hat. Selbst wenn aber unterstellt wird, daß solche Mittel der Glaubhaftmachung dem Prozeßbevollmächtigten nicht zur Verfügung standen --z.B. weil er allein lebt und einen Arzt wegen seiner nur kurzen und möglicherweise nicht schwerwiegenden Erkrankung nicht aufgesucht hat und weil eine allemal zur Verfügung stehende eidesstattliche Versicherung der Büromitarbeiterin über die krankheitsbedingte Verhinderung keinen Beweiswert hätte haben können--, könnte dem Kläger Wiedereinsetzung nicht gewährt werden, weil in diesem Falle jedenfalls hätte dargelegt werden müssen, daß und aus welchen Gründen solche Beweismittel nicht vorgelegt werden können (BFH-Beschluß in BFH/NV 1995, 1002; vgl. auch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Februar 1976 2 BvR 849/75, BVerfGE 41, 332, 339).



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