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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.05.2006
Aktenzeichen: VII E 15/05
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 52 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Mit Beschluss vom 21. Januar 2005 VII B 219/04 hat der Bundesfinanzhof (BFH) die vom Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG), mit dem das FG die Klage des Kostenschuldners gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater abgewiesen hatte, als unzulässig verworfen und ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Ausgehend von einem Streitwert von 50 000 € hat die Kostenstelle des BFH die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens mit 912 € angesetzt.

Hiergegen wendet sich der Kostenschuldner mit seiner Erinnerung. Er beanstandet, dass die Kostenstelle soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt habe. Auf eine Aufforderung der Kostenstelle, die maßgeblichen Einkünfte des Jahres 2002 darzulegen, hat der Kostenschuldner Kontenübersichten der Jahre 2002 bis 2004 übersandt, aus denen hervorgeht, dass er im Jahre 2002 Umsätze in Höhe von insgesamt 46 749,87 € bzw. 47 008,49 € erzielt hat. Für die beiden folgenden Jahre werden Umsätze in Höhe von 10 699,76 € bzw. 8 002,63 € ausgewiesen. Den erheblichen Umsatzrückgang führt der Kostenschuldner auf die gesundheitsbedingte Aufgabe und Veräußerung der Hauptpraxis in den neuen Bundesländern zurück. Bei der Fortführung seines zweiten Büros in den alten Bundesländern habe er feststellen müssen, dass sein bisheriger Mandantenstamm infolge seines Engagements in Ostdeutschland fast vollständig weggebrochen sei. Ergänzend hat der Kostenschuldner die Kostenrechnung des erstinstanzlichen Verfahrens vorgelegt, aus der sich ein Streitwert von 25 564,59 € ergibt.

Die Erinnerung ist begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Kostenentscheidung. Die Kostenstelle hat den dem Kostenansatz zugrunde gelegten Streitwert von 50 000 € zu hoch angesetzt.

Nach § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ist in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Diese richtet sich u.a. nach den wahrscheinlichen Einkommenseinbußen, die der durch einen Widerruf der Bestellung als Steuerberater Betroffene erleidet (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Februar 2000 VII E 2/00, BFH/NV 2000, 975). Eigene Ermittlungen zu den Einkünften des Kostenschuldners muss der Senat jedoch nicht durchführen. Denn es würde den Rahmen des summarischen, vom Ermessen geprägten Verfahrens zur Bestimmung des Streitwerts sprengen, wenn hierzu genaue Feststellungen zu treffen wären. Deshalb ist insoweit eine grobe Schätzung zulässig, die sich auch daran zu orientieren hat, dass eine möglichst gleichmäßige Behandlung aller Betroffenen gewährleistet wird und auch das Kostenrisiko überschaubar bleibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30. August 1991 VII S 26/91, BFH/NV 1992, 405, und vom 7. November 1995 VII S 10/95, BFH/NV 1996, 350).

In der Vergangenheit hatte der Senat in Fällen, in denen es um den Widerruf oder um die Rücknahme der Bestellung als Steuerberater ging, den Wert der Streitsache pauschal mit 50 000 DM angesetzt (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2000, 975). Diesen Wert --nämlich 25 564,59 €-- hat die Kostenstelle des FG seiner Kostenrechnung zugrunde gelegt, auf die sich der Kostenschuldner beruft. Mit Beschlüssen vom 18. November 2003 VII B 79/02 (BFH/NV 2004, 361), vom 4. Dezember 2003 VII B 12/03 und vom 15. März 2004 VII B 66/03 (beide nicht veröffentlicht) hat der Senat jedoch entschieden, dass bei Fehlen von konkreteren und besser geeigneten Anhaltspunkten, von einem Streitwert von 50 000 € auszugehen sei. Die Anhebung des Regelstreitwerts beim Widerruf einer Bestellung als Steuerberater hat der Senat damit begründet, dass es bei dem Widerruf der Bestellung als Steuerberater über die Möglichkeit hinaus, sich die Vorteile einer wirtschaftlichen Betätigung als Steuerberater zu erschließen, in der Regel auch um den Erhalt des Wertes der für den Aufbau einer Steuerberaterpraxis getätigten Aufwendungen gehe.

An diesem --neuen-- Maßstab hält der Senat fest. Allerdings ist im Streitfall die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Kostenschuldner ein Jahr vor dem Widerruf der Bestellung als Steuerberater seine Steuerberaterpraxis in den neuen Bundesländern krankheitsbedingt aufgegeben hat. Mit dem Verkauf des Anlagevermögens und des Mandantenstamms der Hauptpraxis, mit der der Kostenschuldner den weitaus größten Teil der Einkünfte aus seiner steuerberatenden Tätigkeit erzielte, war die Tätigkeit in den neuen Bundesländern abgeschlossen. Die Frage eines Werterhalts der für den Aufbau dieser Steuerberaterpraxis getätigten Aufwendungen stellte sich im Zeitpunkt des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater folglich nicht. Gerade der Gesichtspunkt des Werterhalts war jedoch für den Senat ausschlaggebend, den bisherigen Regelstreitwert zu verdoppeln. Nachvollziehbar hat der Kostenschuldner dargelegt, dass es ihm nicht gelungen sei, mit seinem zweiten Büro in den alten Bundesländern an die mit der aufgegebenen Praxis erzielten Umsätze anzuknüpfen, denn zwischenzeitlich war der größte Teil des alten Mandantenstamms weggebrochen. Auch die geringen Umsätze der Folgejahre belegen, dass sich der Kostenschuldner um den Aufbau einer neuen Existenz bemühte und dass der Wert der für die erste Steuerberaterpraxis getätigten Aufwendungen infolge der zeitweisen Verlegung des Tätigkeitsschwerpunktes in die neuen Bundesländer drastisch gesunken war. Diese besonderen Umstände geben dem Senat hinreichende Anhaltspunkte dafür, einen vom Regelfall abweichenden Fall anzunehmen. Da im Vordergrund des Interesses des Kostenschuldners fast ausschließlich der Erhalt der aus der steuerberatenden Tätigkeit resultierenden Vorteile stand, erscheint es dem Senat gerechtfertigt, den Streitwert mit der Hälfte des Regelstreitwerts anzusetzen.

Die von der Kostenstelle des BFH angesetzten Gerichtskosten sind daher bei einem Streitwert von 25 000 € auf 622 € herabzusetzen (Anlage 1 Teil 6 Hauptabschnitt 5 Nr. 6500 zu § 3 Abs. 2 GKG).

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