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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.07.2003
Aktenzeichen: VII R 10/02
Rechtsgebiete: EG, VO Nr. 3665/87, Richtlinie 64/433/EWG


Vorschriften:

EG Art. 234
VO Nr. 3665/87 Art. 13
Richtlinie 64/433/EWG Art. 6 Abs. 1 Buchst. e
1. Verlangt Art. 13 VO Nr. 3665/87 mit dem Begriff der handelsüblichen Qualität, dass Herstellung und Vertrieb der betreffenden Waren lediglich allgemein gültigen rechtlichen Maßgaben unterliegen, wie sie für jedwede Ware dieser Art gelten, und schließt er folglich Waren von der Gewährung von Ausfuhrerstattung aus, für welche besondere Einschränkungen insbesondere für ihre Gewinnung, Behandlung oder ihren Vertrieb gelten, wie zum Beispiel die Anordnung einer speziellen Untersuchung der Genusstauglichkeit oder eine Beschränkung auf bestimmte Vertriebswege?

2. Verlangt Art. 13 VO Nr. 3665/87 mit dem Begriff der handelsüblichen Qualität eine durchschnittliche Qualität der Ausfuhrware und schließt er damit Ware minderer Qualität, die jedoch unter der im Erstattungsantrag gegebenen Bezeichnung Gegenstand des Handels zu sein pflegt, von der Gewährung von Ausfuhrerstattung aus? Ist das auch dann der Fall, wenn die Minderqualität auf die Durchführung des Handelsgeschäftes keinerlei Einfluss gehabt hat?


Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat im November 1997 eine Ausfuhranmeldung über eine Sendung gefrorenes Rindfleisch (MO-Warenlistennummer 0202 3090 9400) abgegeben. Diese Sendung enthielt u.a. 222 Kartons Fleisch, das in einem sog. Isolierschlachtbetrieb erschlachtet worden war. Die Einrichtung solcher Betriebe beruht auf § 13 Abs. 1 des Fleischhygienegesetzes (BGBl I 1993, 1189), insoweit mit Wirkung vom 1. Januar 1996 neu gefasst durch Gesetz vom 18. Dezember 1992 (BGBl I, 2022). Diese Bestimmung sieht vor, dass Tiere, die aus besonderem Anlass geschlachtet werden sollen oder Krankheitserreger ausscheiden, grundsätzlich nur in besonderen Schlachtbetrieben (nämlich den sog. Isolierschlachtbetrieben) geschlachtet werden dürfen. Fleisch aus derartigen Krankschlachtungen darf als Lebensmittel nur durch hierfür von der zuständigen Behörde besonders zugelassene und überwachte Abgabestellen der vorgenannten Schlachtbetriebe in Verkehr gebracht werden und ist besonders kenntlich zu machen. Die aufgrund der Vorschrift erlassene Fleischhygieneverordnung (BGBl I 1986, 1678 mit zahlr. späteren Änderungen, neu bekannt gemacht BGBl I 1997, 1138) regelt die Einzelheiten. Die Verordnung trifft besondere Bestimmungen, wie solches Fleisch zu gewinnen und zu behandeln ist. Sie schreibt u.a. vor, dass Fleisch aus Isolierschlachtbetrieben --wie jedes Fleisch-- nur in Verkehr gebracht werden darf, wenn es von einem Tier stammt, das der Schlachttieruntersuchung unterzogen worden ist und als tauglich beurteilt wurde (vgl. im Einzelnen § 10 Abs. 1 der Fleischhygieneverordnung in der seit 31. Dezember 1996 geltenden Fassung der Verordnung BGBl I 1996, 2120). Fleisch aus Isolierschlachtbetrieben darf jedoch nach § 10 Abs. 4 der Fleischhygieneverordnung nur an Endverbraucher (Verbraucher i.S. des § 6 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen --Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz--, BGBl I 1974, 1945, 1946, BGBl I 1975, 2652) abgegeben werden.

Ein ausdrückliches Verbot, aus Krankschlachtungen gewonnenes Fleisch in Drittländer zu exportieren, enthalten die vorgenannten deutschen Rechtsvorschriften, die der Umsetzung u.a. der Richtlinie 64/433/EWG (Richtlinie 64/433/EWG) des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch (neugefasst durch die Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 268/69) dienen sollen, nicht; ein solcher Export wird von den deutschen Behörden offenbar auch zugelassen. Auch die Richtlinie 64/433/EWG selbst will nach den Begründungserwägungen eben bezeichneter Neufassung, welche den im Titel bezeichneten Bezug auf den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr verdeutlichen, durch ihre Vorgaben für die Erzeugung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch offenbar lediglich zur Verwirklichung des Binnenmarktes beitragen und insbesondere der Abschaffung der veterinärrechtlichen Kontrollen an den Binnengrenzen zwischen den Mitgliedstaaten Rechnung tragen.

Das von der Klägerin zur Ausfuhr angemeldete Fleisch ist von dem zuständigen Veterinärarzt als genusstauglich beurteilt worden. Es erfüllte auch sonst die Voraussetzungen der vorgenannten Rechtsvorschriften. Dennoch lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Ausfuhrerstattung ab. Die dagegen erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Voraussetzungen des Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (VO Nr. 3665/87) über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABlEG Nr. L 351/1) seien nicht erfüllt. Denn die Ausfuhrware sei nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität gewesen. Diese Voraussetzung müsse neben der in Art. 13 VO Nr. 3665/87 für Erzeugnisse, die zur menschlichen Ernährung bestimmt sind, aufgestellten Voraussetzung bestehen, dass die Verwendung der Erzeugnisse zu dem vorgenannten Zweck aufgrund ihrer Eigenschaften und ihres Zustandes nicht ausgeschlossen oder wesentlich eingeschränkt ist. Das von der Klägerin exportierte Fleisch weise keine handelsübliche Qualität auf, weil es nach den deutschen fleischhygienerechtlichen Vorschriften besonderen Beschränkungen unterliege. Diese Vorschriften seien anzuwenden, weil der Begriff der handelsüblichen Qualität gemeinschaftsrechtlich nicht definiert sei. Sie stünden mit der Richtlinie 64/433/EWG in Einklang. Sie führten dazu, dass das Fleisch im Gemeinschaftsgebiet nicht unter normalen Verhältnissen, sondern nur in Deutschland und dort auch nur unter Beachtung zahlreicher Einschränkungen und folglich regelmäßig nur mit Preisnachlässen vermarktet werden könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin.

II.

Das Revisionsverfahren ist auszusetzen (§ 74 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Denn der beschließende Senat hält es gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für geboten, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die im Entscheidungsausspruch bezeichneten Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, weil die Auslegung der für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts Zweifelsfragen aufwirft.

Art. 13 VO Nr. 3665/87, dessen Regelung von Art. 21 Abs. 1 der jetzt geltenden Verordnung (EG) Nr. 800/1999 (VO Nr. 800/1999) der Kommission vom 15. April 1999 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABlEG Nr. L 102/11) übernommen worden ist, macht die Gewährung von Ausfuhrerstattung davon abhängig, dass die ausgeführten Erzeugnisse "von gesunder und handelsüblicher Qualität sind"; sind die Erzeugnisse zur menschlichen Ernährung bestimmt, so darf ihre Verwendung zu diesem Zweck aufgrund ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes nicht ausgeschlossen oder wesentlich eingeschränkt sein; sie müssen also kurz gesagt genusstauglich sein.

Die Anwendung dieser Bestimmung auf den Streitfall setzt eine Auslegung voraus, zu deren richtigem Ergebnis der beschließende Senat folgende Überlegungen angestellt hat:

1. Der Senat hält für zweifelsfrei, dass bei Lebensmitteln bzw. sonstigen zur menschlichen Ernährung bestimmten Erzeugnissen, außer dass ihre Verwendung zur menschlichen Ernährung nicht ausgeschlossen oder wesentlich eingeschränkt sein darf, eine "gesunde und handelsübliche Qualität" gegeben sein muss. Denn es fehlt an jedem vernünftigen Grund dafür, sich bei Lebensmitteln mit Genusstauglichkeit zu begnügen (worin allerdings das Erfordernis "gesunder Qualität" aufgehen dürfte), während bei anderen durch Ausfuhrerstattungen gestützten Waren der landwirtschaftlichen Marktordnungen "handelsübliche Qualität" verlangt wird. Dies stellt nämlich eine Verschärfung der Anforderungen dar oder kann sich zumindest --je nach den Usancen des betreffenden Handels-- als eine solche auswirken. Art. 21 VO Nr. 800/1999 verdeutlicht im Übrigen das Verhältnis der beiden eben erörterten Anforderungen an Erstattungswaren ebenso wie die Vorgänger-Verordnung (EWG) Nr. 1041/67 (ABlEG Nr. 314/9) schon durch die Sprachfassung: Genusstauglichkeit wird kumulativ neben "gesunder und handelsüblicher Qualität" verlangt, was in der VO Nr. 800/1999 durch das Wort "und" klarer als in der VO Nr. 3665/87 zum Ausdruck kommt, wo an dessen Stelle ein Semikolon steht.

2. Zu dem danach ausschlaggebenden Begriff der handelsüblichen Qualität hat der EuGH die --von der neunten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 3665/87 und jetzt von Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 800/1999 aufgegriffene-- Formel geprägt, das Erzeugnis müsse im Gebiet der Gemeinschaft unter normalen Bedingungen und der im Erstattungsantrag aufgeführten Bezeichnung vermarktet werden können (EuGH-Urteile vom 9. Oktober 1973 Rs. 12/73, EuGHE 1973, 963, und vom 19. November 1998 Rs. C-235/97, EuGHE 1998, I-7555). Deshalb ist keine Erstattung zu gewähren für ein Erzeugnis, das nicht die Eigenschaften aufweist, die es für die in seiner Bezeichnung zum Ausdruck kommende Verwendung allererst geeignet machen (EuGH-Urteil vom 21. Januar 1999 Rs. C-54/95, EuGHE 1999, I-35).

a) Fraglich erscheint, ob der Begriff der handelsüblichen Qualität darüber hinaus verlangt, dass Herstellung und Vertrieb der betreffenden Waren lediglich gleichsam allgemein gültigen rechtlichen Maßgaben unterliegen, wie sie für jedwede Ware dieser Art (d.h. für Waren, die unter der betreffenden Bezeichnung gehandelt werden) gelten, nicht jedoch besonderen veterinär- oder lebensmittelrechtlichen Einschränkungen, die z.B. aufgrund des Verdachtes einer minderwertigen Beschaffenheit der Ware zum präventiven Verbraucherschutz angeordnet worden sind, wie etwa die Anordnung einer speziellen Untersuchung der Genusstauglichkeit, um nachteilige Auswirkungen der Erkrankung des Schlachttieres auf die Genusstauglichkeit des aus ihm erschlachteten Fleisches auszuschließen, oder eine Beschränkung auf bestimmte Vertriebswege, um die Einhaltung für Schlachtung, Lagerung, Verkauf und dgl. geltender besonderer Bestimmungen leichter kontrollieren zu können und dem Bedürfnis des Verbrauchers zu entsprechen, auf die Herkunft des Schlachterzeugnisses von einem aus besonderem Anlass geschlachteten, insbesondere einem erkrankten Tier unmissverständlich hingewiesen zu werden.

Die Gemeinschaftsvorschriften ebenso wie die deutschen Fleischhygienevorschriften über Fleisch aus Schlachtungen bei besonderem Anlass dienen offenbar lediglich solchen Zwecken; sie verbieten den Handel mit solchem Fleisch --sofern es als genusstauglich beurteilt wird-- nicht. Dementsprechend vermag der beschließende Senat diesen Bestimmungen auch kein Verbot zu entnehmen, in Isolierschlachtbetrieben erschlachtetes, für genusstauglich befundenes Fleisch in Drittländer zu exportieren. Zu einem solchen Verbot bestünde auch kein Anlass, selbst wenn die für den nationalen Bereich offenbar beabsichtigte Warnfunktion der Begrenzung des Absatzes auf bestimmte, besondere Vertriebswege in Drittländern möglicherweise fehlt und dort keine (verbraucherschützende) Wirkung entfalten kann.

Ebenso wenig kann nach Auffassung des Senats aus der Richtlinie 64/433/EWG ein solches Verbot abgeleitet werden. Nach deren Art. 6 haben die Mitgliedstaaten allerdings dafür Sorge zu tragen, dass Fleisch von Tieren, die aus besonderem Anlass geschlachtet wurden, nur "zum Verzehr für den lokalen Markt" freigegeben wird, und zwar unter bestimmten dort aufgeführten Bedingungen (Art. 6 Abs. 1 Buchst. e). Die Richtlinie will indes den innergemeinschaftlichen Handel im Rahmen eines Binnenmarktes ermöglichen, den Außenhandel der Gemeinschaft also nicht reglementieren bzw. verlangen, dass dieser in entsprechender Weise durch nationale Vorschriften eingeschränkt wird. Es ist auch ebenso wenig wie bei den vorgenannten nationalen Vorschriften ersichtlich, welchen Anlass der Gemeinschaftsgesetzgeber hätte, die von ihm für den innergemeinschaftlichen Bereich vorgesehene Beschränkung des Vertriebes von als genusstauglich beurteiltem Fleisch auf Drittländer auszudehnen.

Gegen eine Auslegung des Begriffes der handelsüblichen Qualität in dem vorgenannten weiten Sinne, die jenen fleischhygienerechtlichen Vorschriften unterworfenes Fleisch von Ausfuhrerstattung ausschließen würde und die das FG und das HZA zu befürworten scheinen, spricht, dass der EuGH für die erstattungsrechtlichen Qualitätsanforderungen, wie durch den Begriff der Handelsüblichkeit nahe gelegt, auf die Möglichkeit der Vermarktung der Ware und damit auf die Gepflogenheiten des Handels abgestellt hat, der sich auf öffentlich-rechtliche Bestimmungen der eben erörterten Art einzustellen pflegt und normalerweise nicht ihretwegen von der Vermarktung der betreffenden Waren absieht oder sie einer von den "normalen" Handelsgeschäften klar unterscheidbaren, besonderen wirtschaftlichen Bedingungen unterworfenen Verwertung überlässt. Die vom EuGH dem Erfordernis der Marktfähigkeit der Ausfuhrware hinzugefügte Einschränkung, die Vermarktung müsse "unter normalen Bedingungen" möglich sein, mag aber dahin verstanden werden wollen, dass sie über die Bedingungen hinaus, zu denen das eigentliche Handelsgeschäft --der Verkauf der Ware an einen Abnehmer-- abgeschlossen wird, umfassend auf alle beim handelsmäßigen Umgang mit der Ware zu beachtenden Bestimmungen abstellen und Waren von der Gewährung von Ausfuhrerstattung ausschließen will, die insofern besonderen Vorschriften unterworfen sind, namentlich solchen, die wegen besonderer Gefahren, die von der Ware ausgehen können, erlassen worden sind. Das Interesse der Gemeinschaft daran, Waren von der Gewährung von Ausfuhrerstattung --und damit faktisch oftmals von der Ausfuhr-- allein wegen der Existenz solcher Bestimmungen auszuschließen, auch wenn die Waren deren Anforderungen im Ergebnis genügen, erschiene dem beschließenden Senat freilich zweifelhaft. Auch solche Waren werden im innergemeinschaftlichen Handel vertrieben und belasten damit den Gemeinschaftsmarkt, wenn sie auch mitunter zu Waren, die solchen besonderen Bestimmungen nicht unterliegen --hier: "normalem" Fleisch--, nur in einem begrenzten Wettbewerb stehen mögen.

b) Fraglich erscheint dem Senat ferner, ob der Begriff der handelsüblichen Qualität auf eine bestimmte, gleichsam durchschnittliche Qualität zielt und damit Ware minderer Qualität, die jedoch unter der im Erstattungsantrag gegebenen Bezeichnung Gegenstand des Handels zu sein pflegt, von der Gewährung von Ausfuhrerstattung ausschließen will.

Die Klägerin hat nämlich mit Recht hervorgehoben, dass das Erstattungsrecht grundsätzlich einheitliche Erstattungssätze für die lediglich nach den Positionen und Unterpositionen der aus dem Gemeinsamen Zolltarif entwickelten Erstattungsnomenklatur beschriebenen Waren festlegt und damit in Kauf nimmt, dass die Erstattung für Waren minderer und für solche bester Qualität in gleicher Höhe gewährt werden muss, obgleich zumindest vermutet werden muss, dass sich infolgedessen die Ausfuhrerstattungen auf den Export von Ware minderer Qualität stärker förderlich auswirkt als auf solche hoher Qualität. Dass mit mitunter beträchtlichen Qualitätsunterschieden auch bei nahezu allen von den landwirtschaftlichen Marktordnungen erfassten Waren gerechnet werden muss, liegt auf der Hand. Sie pflegen sich im Preis der Ware niederzuschlagen, ohne dass ein gesicherter Zusammenhang zwischen den bei einer Ware festgestellten Preisdifferenzen und dem Ausmaß der Qualitätsunterschiede bestehen bzw. dieser auf allen regionalen Märkten innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft in gleicher Weise wirksam sein muss. Auch dies nimmt das Ausfuhrerstattungsrecht hin, ohne darauf durch eine rechtliche Differenzierung zu reagieren.

Vor diesem Hintergrund liegt es zumindest nicht nahe, Art. 13 VO Nr. 3665/87 bestimmte Qualitätsanforderungen zu entnehmen, welche darüber hinausgehen, dass die betreffende Ware unter der im Erstattungsantrag angegebenen Bezeichnung überhaupt normalerweise Gegenstand des Handels ist (und es damit überhaupt einen Anlass gibt, ihren Export zur Entlastung des Gemeinschaftsmarktes von einer etwaigen Überproduktion zu fördern). Bei einer anderen Auslegung müsste wohl auch ein zusätzliches Kriterium für wegen minderer Qualität nicht erstattungsfähige Ware gefunden werden, welches den Usancen des einschlägigen Handels nicht unmittelbar entnommen werden könnte, auf die indes die vorgenannte Vorschrift zu verweisen scheint.

Der EuGH hat allerdings einer Ware, die mit einem verdeckten Mangel behaftet war (EuGH-Urteil in EuGHE 1998, I-7555), keine handelsübliche Qualität zuerkannt, obwohl offenbar nicht festgestellt war, dass die Ware wegen ihrer minderen Qualität (nämlich im Vergleich zu den üblichen Standards des Erzeugnisses zu weicher Textur der Käsemasse) nicht handelsfähig war; die Herstellerfirma hatte sie vielmehr ausweislich des vorgenannten Urteils nur deshalb schließlich vernichtet, um "das Markenimage des Erzeugnisses zu erhalten". Dieser Fall war aber --anders als der von dem beschließenden Senat zu beurteilende-- dadurch gekennzeichnet, dass infolge der Beschaffenheit der Ausfuhrware die Vertragspflicht des Herstellers nicht erfüllt worden war, ein "ordnungsgemäßes", d.h. den im Vertrag vorausgesetzten Qualitätsanforderungen entsprechendes Erzeugnis zu liefern, und dass dies zur Folge hatte, dass das durch die Ausfuhrerstattung subventionierte Ausfuhrgeschäft letztlich nicht ausgeführt wurde, das eigentliche Ziel der Gewährung von Ausfuhrerstattung also nicht erreicht worden war. Wenn es auch Sinn und Zweck des Ausfuhrerstattungsrechts entspricht, in einem solchen Fall ungeachtet dessen einen Erstattungsanspruch zu versagen, dass die Ware tatsächlich Gegenstand eines ("normalen") Handelsgeschäfts gewesen ist, das geografische Gebiet der Gemeinschaft verlassen hat und --was im vorgenannten Entscheidungsfall nicht auszuschließen war-- in ein Drittland eingeführt worden ist, fragt sich doch, ob das Gleiche dann gelten kann, wenn die Minderqualität auf die Durchführung des Handelsgeschäftes keinerlei Einfluss gehabt hat.

Auf Grund dieser Erwägungen ersucht der Senat den EuGH um Beantwortung folgender Fragen:

1. Verlangt Art. 13 VO Nr. 3665/87 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit dem Begriff der handelsüblichen Qualität, dass Herstellung und Vertrieb der betreffenden Waren lediglich allgemein gültigen rechtlichen Maßgaben unterliegen, wie sie für jedwede Ware dieser Art gelten, und schließt er folglich Waren von der Gewährung von Ausfuhrerstattung aus, für welche besondere Einschränkungen insbesondere für ihre Gewinnung, Behandlung oder ihren Vertrieb gelten, wie zum Beispiel die Anordnung einer speziellen Untersuchung der Genusstauglichkeit oder eine Beschränkung auf bestimmte Vertriebswege?

2. Verlangt Art. 13 VO Nr. 3665/87 mit dem Begriff der handelsüblichen Qualität eine durchschnittliche Qualität der Ausfuhrware und schließt er damit Ware minderer Qualität, die jedoch unter der im Erstattungsantrag gegebenen Bezeichnung Gegenstand des Handels zu sein pflegt, von der Gewährung von Ausfuhrerstattung aus? Ist das auch dann der Fall, wenn die Minderqualität auf die Durchführung des Handelsgeschäftes keinerlei Einfluss gehabt hat?

Ende der Entscheidung

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